Gas

Vier Industriestandorte eignen sich für eine europäische Wasserstoffinfrastruktur

Der Wasserstoffbedarf von Stahl-, Ammoniak-, und Chemiewerken steigt unweigerlich auf dem Weg zu einer klimaneutralen EU bis 2050. Das prädestiniert diese Industriestandorte schon heute als Ankerpunkte für den Aufbau einer europäischen Wasserstoffinfrastruktur.
11.02.2021

Der Wasserstoffbedarf von Stahl-, Ammoniak-, und Chemiewerken steigt unweigerlich auf dem Weg zu einer klimaneutralen EU bis 2050. Das prädestiniert diese Industriestandorte schon heute als Ankerpunkte für den Aufbau einer europäischen Wasserstoffinfrastruktur.

Europäische Industriezentren sind ideale Ausgangspunkte, um den Aufbau einer europäischen Wasserstoffinfrastruktur am unausweichlichen Bedarf entlang zu planen – und Investitionsruinen zu vermeiden. Der Grund: Einige energieintensive Prozesse, wie etwa die Stahl- oder Ammoniakherstellung, werden in absehbarer Zeit auf klimafreundliche Wasserstofftechnologien umstellen müssen, damit sie entsprechend dem Europäischen Green Deal CO₂-frei werden können.
 

Die Agora Studie, die in Zusammenarbeit mit dem Beratungsunternehmen AFRY Management Consulting entstanden ist, weist auf einer Europakarte vier Korridore aus, die als Ausgangspunkte für den Aufbau einer Wasserinfrastruktur besonders geeignet sind, teilt der Think Tank mit. Ausschlaggebend für die Eignung sind im Wesentlichen der günstige Zugang zu Erneuerbaren Energien, wie etwa Solarstrom oder Offshore-Windanlagen sowie die unabdingbare Wasserstoffnachfrage aus Industriewerken im Jahr 2030 und 2050. Daraus leiten sich Ausgangspunkte ab, die sich einerseits im sonnenreichen Spanien und Südosteuropa und andererseits in Küstennähe zwischen Frankreich, Niederlande und Deutschland sowie in Osteuropa befinden.

Wasserstoffnachfrage wird auf rund 270 Terawattstunden ansteigen

Auf dem Weg zu einer klimaneutralen EU steht die Umrüstung von europäischen Gaspipelines auf den Transport von Wasserstoff bevor. Die Wasserstoffnachfrage aus Industriewerken der 27 EU-Mitgliedstaaten wird bis zum Jahr 2050 rund 270 Terawattstunden betragen. Etwa die Hälfte davon fällt in der Stahlproduktion an, heißt es in der Pressemitteilung weiter. "Die Umrüstung des europäischen Gasnetzes auf Wasserstoff sollte sich entlang des unabdingbaren Bedarfs orientieren. Das heißt, eine kluge Planung geht von den Bereichen aus, in denen Wasserstoff sich heute schon als Technologie abzeichnet", sagt Frank Peter, Leiter Industrie bei Agora Energiewende. "Dazu gehören Stahl-, Ammoniak- und Chemiewerke." Andernfalls bestehe die Gefahr ein überdimensioniertes Wasserstoffnetz zu schaffen, das die Kosten in die Höhe treibt.

Das Henne-Ei-Problem

"Wasserstoff steht in Europa aktuell vor dem Henne-Ei-Problem: Bislang verhindern vergleichsweise hohe Technologiekosten den Einsatz von klimaneutralem Wasserstoff bei industriellen Prozessen. Ohne diese Nachfrage stockt wiederum der Ausbau des Wasserstoffnetzes", sagt Peter. Gleichzeitig sei auch klar, dass der künftige Wasserstoffeinsatz insgesamt weitaus kleiner als der heutige Gasbedarf ausfalle. Im Jahr 2050 könnte der gesamte Wasserstoffverbrauch zwischen 1000 und 2000 Terawattstunden pro Jahr liegen, verglichen mit etwa 4600 Terawattstunden Erdgasbedarf im Jahr 2017.

Die Studie "No-regret hydrogen: Charting early steps for H₂ infrastructure in Europe" ist in englischer Sprache erschienen. Darin enthalten ist eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse, inklusive einer Kartierung der Ankerpunkte für den Aufbau einer europäischen Wasserstoffinfrastruktur.  (gun)