Wasserstoffbranche warnt vor Verzögerung: "Uns läuft die Zeit weg"

Grau, blau, grün - die EU überarbeitet Vorgaben für Wasserstoff.
Von Daniel Zugehör
Die Gasbranche drängt weiter auf eine Lockerung der Vorgaben für sogenannten kohlenstoffarmen Wasserstoff. "Wir haben weder den Spatz in der Hand, noch die Taube auf dem Dach", sagte Thomas Gößmann, Vorsitzender der Geschäftsführung Thyssengas, anlässlich einer Diskussionsrunde auf dem "BDEW-Kongress 2025".
Damit gemeint sind insbesondere Überlegungen der Europäischen Union (EU), die Kriterien für CO2-armen Wasserstoff im Rahmen eines delegierten Rechtsakts zu ändern. Aus Sicht der Branche seien "die diskutierten Vorgaben für kohlenstoffarmen Wasserstoff zu streng und nicht praktikabel umsetzbar", wie der BDEW bereits Ende 2024 festhielt.
Gößmann äußerte die Sorge, dass sich Investitionen in Wasserstoff-Infrastruktur nicht auszahlen könnten. "Die Geduld ist da, das Commitment ist da, aber wir warten jetzt auf Entscheidungen, dass unsere Leitungen auch gefüllt werden“, so der Chef des Fernleitungsnetzbetreibers weiter.
EU-Parlamentarierin verbreitet Zuversicht
Etwas Hoffnung machte Andrea Wechsler, Mitglied des Europäischen Parlaments (EVP Fraktion). Im Wasserstoff-Hochlauf werde es kein "von Gas zu grünem Wasserstoff" geben. "Es gibt einen Schritt dazwischen", machte Wechsler deutlich. Sie sei dazu im Austausch mit der zuständigen EU-Kommission und äußerte sich zuversichtlich, dass dies auch berücksichtigt wird.
Bei sogenanntem blauen, aus fossilem Erdgas gewonnenen Wasserstoff wird zum Beispiel das entstehende CO₂ abgeschieden und gespeichert – anders als beim konventionellen grauen Wasserstoff. Je nach Herstellungsweise und Klimafreundlichkeit kursieren aktuell mindestens acht farbliche Kennzeichnungen.
Die Kommission überarbeitet derzeit die Definition von kohlenstoffarmem Wasserstoff und daraus gewonnenen Kraftstoffen. Die Ergebnisse fließen in den delegierten Rechtsakt "Dekarbonisierte Gase und Wasserstoff". Europäisches Parlament und Europäischer Rat können einen solchen nur annehmen oder ablehnen.
Zeit als Faktor
Letzteres hätte zur Folge, dass der Prozess nochmal vor vorne starten müsste. "Wir brauchen Pragmatismus uns läuft die Zeit weg", appelliert Thyssengas-Chef Gößmann in Richtung Brüssel und verweist auf die Klimaziele. Auch Uniper-COO Holger Kreetz mahnt die politischen Entscheidungsträgerinnen und -träger zur Eile: "Wir dürfen uns nicht verzetteln oder im Detail verlieren." Laut Kreetz ist der Wasserstoff-Hochlauf in Deutschland und europaweit durch den Krieg in der Ukraine "ins Stocken geraten". Die Transformation müsse aber weitergehen.
Die letztliche Definition durch die EU hat – etwa über die nationalen Fördersysteme – vor allem finanzielle Folgen für die Unternehmen. Denn die Wasserstoffproduktion wird absehbar förderabhängig sein. Das EVP-Fraktionsmitglied Wechsler rechnet "bis Sommer" mit der Vorlage des delegierten Rechtsakts durch die EU-Kommission.