Konstanzer kämpft um Balkonkraftwerk

Noch gibt es zahlreiche Hemmnisse für Balkon-Solaranlagen. (Symbolbild)
Bild: © N-Ergie
Am Bodensee kämpft Michael Breuninger seit Jahren für ein kleines Solarkraftwerk auf seinem Südbalkon. Zwei Module hat der Wohnungseigentümer angeschafft. Nach dem Ausbruch des Ukrainekriegs und den gestiegenen Energiekosten ließ der 62-Jährige die Anlage schließlich von einem Fachmann befestigen.
Er habe sich ordentlich vor der Anschaffung informiert, sagt der Hotelkaufmann. Eine Genehmigung von der Bundesnetzagentur habe er sich im April 2020 geholt. Mit einer Registrierungsnummer sei er dann zu seinem Stromanbieter gegangen, der das Balkon-Kraftwerk innerhalb eines Tages genehmigt habe. "Die haben das Vorhaben direkt unterstützt", so Breuninger.
Nichts ohne Zustimmung
Weniger Unterstützung dagegen gab es von seiner Eigentümergemeinschaft im Haus. Wegen der Optik hatte sich eine kleine Mehrheit der Eigentümer in zwei Versammlungen gegen die von außen sichtbaren Solarmodule entschieden, wie Breuninger berichtet. Nun will die Eigentümergemeinschaft vor Gericht erzwingen, dass Breuninger seine Anlage wieder abmontieren muss.
In erster Instanz bekamen die Eigentümer vor dem Konstanzer Amtsgericht auch Recht (Az. 4 C 425/22 WEG). Im Gesetz ist aktuell eindeutig geklärt, dass Eigentümergemeinschaften bei den Mini-Solaranlagen für den Balkon das letzte Wort haben. Ohne die Zustimmung der Hausbewohner geht nichts. (Die ZfK berichtete)
Anspruch auf Zustimmung
Eine gesetzliche Hürde für die Anlagen, die Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in einer kürzlich vorgestellten Photovoltaik-Strategie aus dem Weg räumen will. (Die ZfK berichtete) Demnach sollen Eigentümer und Mieter einen Anspruch auf die Zustimmung für ein Balkonkraftwerk bekommen - ähnlich wie schon bei E-Auto-Ladestationen. Damit würden die Mini-Solaranlagen in den Katalog der sogenannten privilegierten Maßnahmen aufgenommen.
Auf Bewegung in der Rechtslage hofft auch Breuningers Anwalt Sascha Händle. Für seinen Mandanten habe er am Landgericht Karlsruhe Berufung gegen das Konstanzer Urteil eingelegt, sagt Händle. Bis der Fall terminiert werde, könne es aber noch dauern. Solange dürfe die Anlage auch erstmal stehen bleiben.
Unverständliche Hürden
Das optische Erscheinungsbild könnte aber auch nach einer Gesetzesänderung ein wichtiger Faktor bleiben, sagt Gerold Happ vom Eigentümerverband Haus und Grund. Die Gemeinschaft müsse die Installation in dem Fall zwar erlauben, sie dürfe eventuell aber immer noch entscheiden, wie und wo genau die Installation erfolge. "Die Anlage wäre also auch in diesem Fall widerrechtlich installiert worden", sagt Happ mit Blick auf den Konstanzer Fall.
"Jetzt können wir nicht mehr zurückrudern, weil wir nicht mehr für uns alleine kämpfen", sagt Breuninger. Viele Menschen mit ähnlichen Anliegen hätten sich schon bei ihm gemeldet. Sie hätten den Streit um die grüne Energie beobachtet und könnten es nicht nachvollziehen, dass solche Hürden aufgebaut würden.
Anschluss über Schukostecker
Das Bundeswirtschaftsministerium verweist auf Branchenangaben, wonach in Deutschland mehr als 250.000 Mini-Solaranlagen mit einer Gesamtleistung von schätzungsweise 100 MW in Betrieb seien. Von manchen Kommunen werden die Anlagen gefördert. In Baden-Württemberg liegt die Zuschusshöhe laut Wirtschaftsministerium bei 200 Euro pro Anlage.
Aktuell ist für den Anschluss von Balkon-PV-Anlagen ein Fachmann nötig, weil die Solaranlage nicht einfach über einen normalen Doppelstecker angeschlossen werden darf. Auch das will Habeck ändern und den Anschluss über den sogenannten Schukostecker erlauben. Das Ganze soll so einfach sein, dass jeder so eine Anlage selbst in Betrieb nehmen kann. (dpa/jk)