Strom

Offshore-Ansturm aufs Küstenmeer bislang ausgeblieben

Vor zwei Jahren wurden mit dem Landesraumentwicklungsprogramm Mecklenburg-Vorpommern neue Flächen im Küstenmeer ausgewiesen - bisher ohne große Resonanz.
11.06.2018

Der Windpark EnBW Baltic 2 umfasst 80 Windräder mit einer Leistung von 288 MW und liegt in der Ostsee.

Billige Produktion von grünem Strom in Küstennähe contra Verspargelung der Ostsee. Das umstrittene Landesraumentwicklungsprogramm (LEP) in Mecklenburg-Vorpommern, das neue Flächen zum Bau von Offshore-Windparks in Küstennähe ausweist, trat vor zwei Jahren in Kraft. Doch bislang ist ein Run von Offshore-Windkraftfirmen auf die Küstengebiete ausgeblieben. Nach Angaben des Energieministeriums in Schwerin gibt es mit dem vor dem Darß geplanten Projekt "Gennaker" derzeit nur ein laufendes Genehmigungsverfahren.

Die Umsetzung eines Testfelds für Offshore-Windenergie vor Warnemünde kommt nur stockend voran. Wie eine Ministeriumssprecherin sagte, bedarf es zunächst einer Vereinbarung mit der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes. Außerdem seien bundesgesetzliche Anpassungen erforderlich, da bislang Netzanschlüsse auf hoher See nur für kommerzielle Windparks möglich seien. "Land, Übertragungsnetzbetreiber und der Bund sind dazu im Gespräch." Auch eine kommerzielle Windvorrangfläche, die an das Testfeld vor Warnemünde anschließt, wie auch ein Vorbehaltsgebiet westlich von Hiddensee seien bislang von Investoren nicht beplant.

Klage der Gemeinden der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst läuft

Das Projekt "Arcardis Ost I" rund 19 Kilometer nordöstlich von Rügen erhielt bereits 2014 die Genehmigung, muss aber an die aktuelle Größe angepasst werden. Gebaut werden darf das Projekt nach dem Zuschlag der Bundesnetzagentur im April 2018 statt mit der geplanten Leistung von rund 400 Megawatt (MW) nun nur mit 247 MW. Der langjährige Arcadis Ost-Investor KNK hatte einen Monat nach dem Zuschlag das Projekt an den belgischen Windparkentwickler "Parkwind" verkauft.

Die OWP Gennaker GmbH, die rund 15 Kilometer vor dem Darß ein Projekt mit 103 Anlagen und 865 MW plant, will sich zum aktuellen Projektstand nicht äußern. Vor dem Oberverwaltungsgericht Greifswald läuft seit 2017 eine Klage der Gemeinden der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst gegen das Landesraumentwicklungsprogramm, der diese Fläche als Windvorranggebiet ausweist.

Testfeld wegen fehlender Netzanbindung verzögert

Der Branchenverband Windenergy Network bedauert die Verzögerungen für den Bau des bei Warnemünde geplanten Testfelds. Aus ihm seien enorme Effekte für die Offshore-Forschungslandschaft zu erwarten, sagte der Vorstandsvorsitzende des Windenergy Network, Andree Iffländer. Das Testfeld könne nicht entstehen, weil eine Netzanbindung dafür bislang nicht im Offshore-Netzentwicklungsplan vorgesehen sei.

Grundsätzlich, sagte Iffländer, drängten Investoren in das Küstenmeer, das die Zwölf-Seemeilen-Zone umfasst. "Je näher Windparks an der Küste entstehen, desto billiger kann der Strom produziert werden." Die Planungs- und Realisierungszeiträume für Offshore-Projekte seien aber bisher mit 15 Jahren sehr lang. Wenn man 2016 - das Jahr, in dem das LEP in Kraft trat - als "Stunde Null" setze, stehe man also noch ganz am Anfang. Wesentliches Hemmnis sind nach seiner Einschätzung die zu geringeren Ausbauziele des Bundes und der damit zusammenhängenden stockende Netzausbau.

"Konsistentes Gesamtkonzept fehlt"

Iffländer bedauerte, dass der Bund vorrangig die Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) jenseits der Zwölf-Meilen-Zone im Blick habe, für die er zuständig sei. Es gebe leider kein konsistentes Gesamtkonzept, das auch Küstenprojekte ausreichend berücksichtigt. "Da muss nachgebessert werden, auch in Blick auf die im Koalitionsvertrag vereinbarten Klimaziele."

Tatsächlich stehen drei Ostsee-Windpark-Projekte in der AWZ (Baltic 2, Wikinger, Arkona - Gesamtleistung 1023 MW) einem Windpark im Küstenmeer (Baltic 1 - 48 MW) gegenüber. Zusammen mit den anderen Küstenbundesländern hatte Landesenergieminister Christian Pegel (SPD) den Bund aufgefordert, das Ausbauziel für Windenergie auf See für 2030 auf mindestens 20 Gigawatt und für 2035 auf mindestens 30 Gigawatt anzuheben. Bisher gibt es von Bundesseite aus nur die Planung bis 2030 mit dem Ausbauziel von 15 Gigawatt. (hil/dpa)