Strom

Stromnetz Berlin: Konzessionsstreit geht munter weiter

Die Vattenfall-Tochter investiert in die Netzinfrastruktur – und bemüht weiter die Gerichte im Kampf um die Netzkonzession.
21.02.2018

Stromnetz-Berlin-Chef Thomas Schäfer: "Eine Investitionsdelle können wir uns nicht leisten."

Der jahrelange Streit um die Konzession für das Verteilnetz in der deutschen Hauptstadt wird sich nach Einschätzung des Chefs der Vattenfall-Tochter Stromnetz Berlin, Thomas Schäfer, noch mindestens bis zum Jahr 2019 hinziehen. "Wir rechnen fest damit, dass es in diesem Jahr noch nicht zu einer Bewertung der Gebote kommt", sagte Schäfer beim Jahrespressegespräch am Mittwoch in Berlin. Der Verteilnetzbetreiber werde gegen die jüngste Entscheidung des Berliner Landgerichts "sehr wahrscheinlich" Berufung einlegen.

Das Landgericht hatte im vergangenen November einen Antrag des schwedischen Staatskonzerns zurückgewiesen, wonach die Kriterien für die Konzessionsvergabe intransparent sind. "Wir warten noch auf die schriftliche Urteilsbegründung, vorher können wir nicht in Berufung gehen", sagte Schäfer weiter. Das nächste juristische Gefecht dürfte sich sicher bis 2019 hinziehen. Verliert Vattenfall erneut, dürfte die Vergabestelle beim Finanzsenator eine Entscheidung treffen. Gewinnen die Schweden, müsste wohl das ganze Vergabeverfahren komplett neu aufgerollt werden.

Verfahren um die Neuvergabe läuft bereits seit 2011

Das Verfahren um die Neuvergabe für das größte Stromverteilnetz Deutschlands läuft bereits seit 2011, die Konzession dafür ist schon 2014 ausgelaufen. Berlin will das Stromnetz rekommunalisieren und hat dazu den landeseigenen Betrieb Berlin Energie gegründet, der nun gegen die bisherigen Platzhirschen Vattenfall und Gasag (Gasnetz) die Konzession zurückholen soll. Vattenfall und Gasag kritisieren, in dem Vergabeverfahren werde der Landesbetrieb begünstigt.

Trotz der juristisch unsicheren Situation will Stromnetz Berlin seine Investitionsplanung für die kommenden Jahre unbeirrt umsetzen. "Eine Investitionsdelle können wir uns als Infrastrukturdienstleister nicht leisten. Wir sind zudem von der Qualität unseres Gebots absolut überzeugt und können uns auch eine Kooperationslösung mit der Stadt vorstellen", sagte Schäfer weiter.

Investitionen von 2,2 Milliarden Euro geplant

Für die kommenden zehn Jahre sind Investitionen von insgesamt 2,2 Milliarden Euro geplant, im laufenden Jahr sollen es 188 Millionen Euro sein. Von dem Jahresbudget für 2018 sind 100 Millionen für die bestehenden Netze, 43 Millionen für den Ausbau in der stark wachsenden Stadt Berlin sowie 45 Millionen Euro für die Digitalisierung vorgesehen. In der Pipeline ist bis zum Jahr 2022 ein Betriebsführungskonzept mit einer neuen Netzleitstelle und einem neuen Netzleitstellensystem. Ein so genanntes Advanced Distribution Management System (ADMS) soll eine bessere Reaktion auf künftige Anforderungen wie E-Mobilität, Smart Metering und Solar-/Mieterstrom ermöglichen.

Mit Blick auf die Elektromobilität gibt Stromnetz-Berlin-Chef Schäfer Entwarnung. Gemeinsam mit der TU Berlin sei ein Szenario für 250.000 Elektroautos bis zum Jahr 2030 durchgerechnet worden. Die daraus resultierende Mehrbelastung mache lediglich fünf Prozent der Berliner Höchstlast aus. "Es sind keine Erweiterungen im Hoch- und Mittelspannungsnetz erforderlich. Im Niederspannungsnetz können Ertüchtigungen von Hausanschlüssen nötig werden", erklärte Schäfer.

Bereits 280 laufende Mieterstromprojekte

Mit dem Rollout intelligenter Messsysteme für größere Verbraucher will die Vattenfall-Tochter Ende dieses Jahres starten - wenn die entsprechende Technik zur Verfügung steht. Die ISMS-Zertifizierung durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) werde für diesen März erwartet, sagte Schäfer. In Berliner Haushalten seien zudem bereits 31.000 moderne Messeinrichtungen installiert. Der Stromnetz-Berlin-Chef verwies weiterhin auf die rund 280 laufenden Mieterstromprojekte in der Hauptstadt. Damit sei Berlin deutschlandweit führend. Weitere 20 bis 30 Vorhaben sind in der Vorbereitung. (hil)