Wärme

Seismische Messungen: Stadtwerke Münster gehen Geothermie auf den Grund

Das kommunale Unternehmen startet mit der bisher größten Innenstadt-Seismik Deutschlands. Anwohner müssen sich auf eine unruhige Nacht einstellen.
24.10.2024

Zwischen dem 30. Oktober und dem 20. Dezember 2024 führen die Stadtwerke Münster geologische Messungen in Münster durch.

Die Stadtwerke Münster wollen große Teile des Wärmebedarfs der Stadt mit Tiefengeothermie decken. Anfang November beginnt das kommunale Unternehmen deshalb mit einer großflächigen geologischen Untersuchung im münsterschen Stadtgebiet, der so genannten 3D-Seismik. Die 3D-Seismik wird vom Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen mit 5,77 Millionen Euro zur Hälfte gefördert.

"Die Chancen, die die Tiefengeothermie für klimaneutrales Heizen bietet, sind riesig. In NRW wird die Technologie aber noch nicht kommerziell für die Wärmeversorgung genutzt. Das wollen wir ändern und leisten Pionierarbeit für die Tiefengeothermie in NRW", betont Arno Minas, Dezernent für Wohnungsversorgung, Immobilien und Nachhaltigkeit der Stadt Münster, in einer Pressemitteilung.

Für Stadtwerke-Chef Sebastian Jurczyk ist Geothermie "echte Heimatwärme". Sie stehe immer zur Verfügung, sei vollständig klimaneutral und grundlastfähig. „Sie ist unabhängig von saisonalen Temperaturen, importierten Brennstoffen und Handelsmärkten.

Größte Untersuchung in Deutschland

Mit einem Untersuchungsgebiet von rund 350 Quadratkilometern wird in Münster in den kommenden zwei Monaten die bisher größte seismische Untersuchung in städtischem Gebiet in Deutschland durchgeführt. Ziel der Untersuchungen ist es, ein dreidimensionales Modell des tiefen Untergrunds unter Münster zu erstellen.

Anhand dieses Modells können die Stadtwerke Münster geeignete Standorte für spätere Tiefenbohrungen nach heißem Thermalwasser identifizieren und im nächsten Schritt konkrete Bohrungen planen. Das Untergrundmodell wird außerdem Teil einer NRW-weiten Landkarte des tiefen Untergrunds und so der Allgemeinheit zugänglich gemacht.

Die Messungen beginnen am 30. Oktober im Süden des Stadtgebiets und enden am 20. Dezember im Norden. Dabei kommen spezielle Lastkraftwagen mit Rüttelplatten zum Einsatz, die kontrollierte Vibrationen in den Boden abgeben: die so genannten Vibro-Trucks. Der Vibrationsschall wird von den verschiedenen Gesteinsschichten im Untergrund reflektiert. Oberirdisch zeichnen bis zu 36.000 Geophone die Echos aus der Tiefe auf. „Jeder Datenpunkt, den wir aufnehmen, erhöht die Sicherheit bei den nächsten Schritten auf dem Weg zu einem Geothermie-Heizwerk für Münster“, betont Sebastian Jurczyk.

Keine Messungen am Wochenende

Im Untersuchungszeitraum werden drei bis vier Kolonnen mit je drei Vibro-Trucks gleichzeitig unterwegs sein. Alle 30 Meter halten die Fahrzeuge, senken die Rüttelplatte und geben eine Minute lang Vibrationen in den Boden ab – insgesamt rund 48.000 Mal. Sie fahren auf Straßen und befestigten Wegen, auf Feldern und in Wohngebieten. Um den Alltag in der Stadt nicht zu sehr zu stören und eine gute Datenqualität zu erhalten, finden die Messungen an sechs Nächten die Woche in der Zeit von 19 bis 7 Uhr statt. In den Nächten von Samstag auf Sonntag finden keine Messungen statt, teilen die Stadtwerke mit.

In unmittelbarer Nähe zu den Messpunkten werden die kontrollierten Erschütterungen für die Münsteranerinnen und Münster deutlich spürbar und die Fahrzeuge zu hören sein. Anwohner müssten sich auf eine unruhige Nacht einstellen, kündigen die Stadtwerke an. „Wir bitten schon im Vorfeld um Verständnis für die nächtliche Störung. Die Chance auf klimaneutrale, verlässliche und stabile Heimatwärme ist es den Bürgerinnen und Bürgern hoffentlich wert, eine unruhige halbe Stunde in der Nacht auszuhalten.“ (amo)