Warum die Stadt Stuttgart die Wärmeplanung selbst macht

Stuttgart geht bei der kommunalen Wärmeplanung einen ungewöhnlichen Weg.
Bild: © Adobe Stock/Manuel Schönfeld
Von Ariane Mohl
Stuttgart hat sich bewusst dafür entschieden, die kommunale Wärmeplanung in eigener Regie zu entwickeln. Laut Andreas Neft, dem Leiter des Amts für Umweltschutz, sei dies eine strategische Entscheidung gewesen. Die Stadt habe die Planung in Abstimmung mit den Stadtwerken und weiteren Akteuren selbst erarbeitet und lediglich einzelne Gutachten, etwa zur Modellierung und zu den Potenzialen erneuerbarer Energien, extern vergeben.
Der Grund für diesen Ansatz liege unter anderem darin, dass die städtische Abteilung über das notwendige Fachwissen im Energiebereich verfüge und sowohl inhaltlich als auch personell gut aufgestellt sei. "Es gab durch zahlreiche zuvor bereits durchgeführte Quartierskonzepte erste Erkenntnisse zum Vorgehen bei der Wärmeplanung", erklärte Neft. So habe man frühzeitig Erfahrungen sammeln können, die nun direkt in die Planung einflössen.
Gemeinsam mit den Stadtwerken
Ziel sei es, das erarbeitete Wissen in den einzelnen Quartieren zu nutzen und gemeinsam mit den Stadtwerken und anderen Versorgern die Umsetzung der Wärmeplanung voranzutreiben. "Durch den Aufbau des eigenen Know-hows ist eine fundierte Begleitung der Umsetzung durch uns möglich", betonte Neft. Zudem werde so eine kontinuierliche Anpassung der Planung an aktuelle Entwicklungen gewährleistet.
"Die enge Bebauung in Stuttgart schränkt die Möglichkeiten zur Einzelversorgung stark ein."
Andreas Neft, Leiter des Amts für Umweltschutz, Stuttgart
Besondere Herausforderungen habe es aufgrund der dichten Bebauung und der zahlreichen Natur- und Landschaftsschutzgebiete in den Außenbereichen gegeben. "Das erschwert es, die Potenziale erneuerbarer Energien zu heben", räumte Neft ein. Gerade in dicht besiedelten Gebieten sei es schwierig, große Flächen für erneuerbare Energiequellen bereitzustellen. "Die enge Bebauung in Stuttgart schränkt zudem die Möglichkeiten zur Einzelversorgung stark ein", so Neft weiter.
Im Rahmen der Planung habe Stuttgart 26 Gebiete identifiziert, die sich für den Aufbau neuer Wärmenetze eigneten, sowie zwölf weitere, in denen ein Netz aufgrund der dichten Bebauung notwendig sei. "Außerhalb dieser Gebiete ist die Einzelversorgung vorgesehen. Hier können jedoch auch Inselnetze oder Clusterlösungen entstehen", erklärte Neft. Besonders entlang des Neckars biete sich die Nutzung von Flusswasserwärmepumpen an. "Wir haben Gebiete identifiziert, die sich für eine Versorgung mit einer Flusswasserwärmepumpe eignen", sagte Neft.
Grüner Wasserstoff
Auch der Einsatz von grünem Wasserstoff spiele eine Rolle. "Die EnBW als Betreiberin der Stuttgarter Kraftwerke und des Fernwärmenetzes plant, die gasbetriebenen Kraftwerke auf Wasserstoff umzustellen", so Neft. Gleichzeitig werde untersucht, ob auch industrielle Kraftwerke auf Wasserstoff umgestellt werden könnten. "In der Fläche ist Wasserstoff jedoch nicht als Option zu sehen", betonte Neft.
Einen Anschluss- und Benutzungszwang für die Wärmenetze plane die Stadt nicht, wie Neft betonte. In den Bürgerveranstaltungen, die im ersten Halbjahr 2024 für alle Stuttgarter Bezirke abgehalten wurden, sei das Feedback überwiegend positiv gewesen. "Das Feedback war überwiegend positiv, da die Bürgerinnen und Bürger Orientierung bekamen", so Neft. Gleichzeitig sei jedoch eine "zum Teil erhebliche Verunsicherung" feststellbar gewesen, insbesondere im Hinblick auf die praktische Umsetzung und mögliche finanzielle Belastungen.
Es geht in konkrete Planung
Bei der Umsetzung der Wärmewende sei Stuttgart bereits weit vorangeschritten. "Für alle identifizierten Quartiere wurden Steckbriefe mit Maßnahmen erarbeitet", so Neft. In diesen Quartieren werde nun die konkrete Planung vorangetrieben. Der Stand sei dabei sehr unterschiedlich. Während einige Quartiere bereits konkrete Maßnahmen in der Umsetzung hätten, befänden sich andere noch in der frühen Planungsphase.
Die kommunale Wärmeplanung sei kein starres Konzept, sondern werde regelmäßig angepasst, um aktuelle Entwicklungen zu berücksichtigen. "Die Landeshauptstadt Stuttgart hat sich daher dazu entschieden, die kommunale Wärmeplanung alle zwei Jahre fortzuschreiben", erklärte Neft abschließend. "So können wir sicherstellen, dass wir flexibel auf technologische Entwicklungen und veränderte Rahmenbedingungen reagieren."