Entsorgung

Verpackungssteuer: Berlin macht nicht mit

In der Vergangenheit zeigten viele Städte bei Umfragen Interesse an der Einführung des Tübinger Modells. Nach dem Karlsruher Urteil, das Unklarheiten bezüglich der Rechtmäßigkeit beseitigt, sind die Reaktionen dennoch eher zögerlich.
05.02.2025

Achtlos weggeworfene Einmal-Essens-Verpackungen und Kaffee-to-go-Becher sind in vielen Städten ein Riesenproblem.

Von Elwine Happ-Frank

Kürzlich hatte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entschieden, dass die Erhebung einer lokalen Steuer auf Einwegverpackungen für Speisen und Getränke rechtmäßig ist. Eine Verfassungsbeschwerde wurde zurückgewiesen. Hintergrund ist eine Verpackungssteuer, die seit Anfang 2022 in Tübingen gilt. Dort müssen Kunden 50 Cent Aufpreis für Einweg-Kaffeebecher und -Essensboxen zahlen.

Wie gehen deutsche Städte nach dieser Entscheidung mit dem Thema um? In der Vergangenheit zumindest hatten sich viele Kommunen offen für das Modell gezeigt. In Umfragen der Deutschen Umwelthilfe in den Jahren 2023 und 2024 signalisierten insgesamt 120 Städte Interesse an einer solchen Maßnahme.

Derzeit ist die Begeisterung über eine Einführung in den Stadtverwaltungen aber eher verhalten. Das zeigen Umfragen der dpa bei mehreren Kommunen. Denn die Umsetzung ist mit einem hohen Verwaltungsaufwand durch Umstellungen bei IT-Systemen verbunden. Außerdem wird dafür zusätzliches Personal benötigt.

Ablehnung in einigen Großstädten

Die Bundeshauptstadt plant derzeit jedenfalls keine Abgabe für nicht wieder verwendbare Verpackungen. "Mit der Erhebung einer Verpackungssteuer wäre nach Einschätzung der Senatsverwaltung für Finanzen ein hoher Verwaltungsaufwand für betroffene Unternehmen sowie die Steuerverwaltung verbunden", teilte ein Sprecher auf Anfrage der dpa mit.

Auch Dresden winkt ab. Eine solche Steuer sei derzeit nicht geplant. "Der Grund dafür ist die zu geringe Ausfinanzierung von Bund und Land übertragenen Pflichtaufgaben", teilte die Stadt auf dpa-Anfrage mit.

Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter sieht die Verpackungssteuer nach wie vor sehr kritisch, wie der SPD-Politiker mitteilte. Natürlich müsse es in erster Linie um Müllvermeidung gehen – denn der beste Müll sei der, der gar nicht erst entstehe. "Aber wir wissen doch alle, wer eine solche Steuer am Ende bezahlt: die Verbraucher. Und ich finde, die Verbraucher sind derzeit gerade auch in München schon genug belastet."

Die Stadt Frankfurt plant aktuell ebenfalls keine Einführung einer Verpackungssteuer, wie eine Stadtsprecherin sagte. Es gebe bereits zwei Regelungen, die eine ähnliche Zielrichtung verfolgten: die "Einwegkunststoffverbotsverordnung" und das "Einwegkunststofffondsgesetz".

"Vertiefte Diskussionen" in vielen Kommunen

Einige Städte prüfen nach dem Karlsruher Urteil immerhin, ob sie ein ähnliches Modell umsetzen wollen. Dazu zählen Bonn und Köln, wo nun nach Angabe der Städte eine Verpackungssteuer diskutiert wird. Kaiserslautern hat das Thema auf eine Stadtrats-Sitzung gesetzt. Geprüft werden soll die Einführung der Verpackungssteuer auch in Regensburg und Bamberg. Von der Stadt Augsburg hieß es, das Urteil aus Karlsruhe werde ohne Zweifel eine vertiefte Diskussion darüber nach sich ziehen.

"Die Tübinger Steuer haben wir von Beginn am mit großem Interesse verfolgt", sagte ein Sprecher der Stadt Wiesbaden. Es liege zwar derzeit kein Beschluss vor, eine Verpackungssteuer einzuführen. Es gebe jedoch einen Prüfauftrag der Stadtverordnetenversammlung. Allerdings würde man sich ein bundeseinheitliches Modell wünschen, damit ein Flickenteppich aus unterschiedlichen Regelungen vermieden wird.

Trier plant Umsetzung

Sicher ist die Einführung in Trier. Die Verwaltung werde eine entsprechende Satzung entwerfen, die dann noch vom Stadtrat beschlossen werden müsse, wie die Stadt mitteilte. Schon Anfang 2019 hatte der Stadtrat in Trier mehrheitlich eine Verpackungssteuer nach dem Tübinger Modell beschlossen, wenn eine Einführung rechtssicher möglich sei.

Ganz klar dagegen spricht sich Suhl aus. Eine Verpackungssteuer sei weder geplant noch spiele sie thematisch eine Rolle. Es gebe keine Probleme mit Verpackungsmüll in der Stadt. Damit ist die thüringische Stadt aber ziehmlich allein. In Erfurt, der Hauptstadt des Bundeslandes, hieß es, Müll und Verschmutzung des öffentlichen Raums sei ein großes Thema.

Trotz der Ablehnung der Steuer im Berliner Senat kämpft auch die Bundeshauptstadt mit Littering. "Berlin hat ein Müllproblem. Gerade in der Innenstadt sehen wir immer wieder die Spuren von Veranstaltungen und Take-Away-Speisen", sagte die Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann der dpa. "Saubere Kieze bekommen wir, wenn die Müllberge gar nicht erst entstehen."