KI wird Arbeitsplätze nur langsam ersetzen
Ab wann lohnt sich die Automatisierung von Arbeitsaufgaben? Dieser Frage ging das Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Zusammenarbeit mit dem Productivity Institute und dem IBM Institute for Business nach. Dafür wurde der Bereich Computer Vision untersucht. Das ist ein Teilgebiet der KI, das es Computern und Systemen ermöglicht, aussagekräftige Informationen aus digitalen Bildern, Videos und anderen visuellen Eingaben zu nutzen und daraus Aktionen abzuleiten.
Die Studienautoren kommen zu dem Schluss, dass sich die meisten US-Unternehmen angesichts der derzeitigen Kosten gegen eine Automatisierung in diesem Bereich entscheiden würden. Nur bei 23 Prozent der für Bildverarbeitungsaufgaben gezahlten Löhne und Gehälter würde sich die Umstellung rechnen. Dies könnte sich erst ändern, wenn die Kosten schneller sinken und Plattformen mit größerer Reichweite eingesetzt werden können.
Es gibt noch Spielraum
Das Fazit des Forschungsteams: Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Arbeitsplätze zwar in erheblichem Umfang durch KI ersetzt werden, dies aber nur allmählich geschieht. Daher gibt es noch Spielraum für politische Maßnahmen und Umschulungen, um die Auswirkungen abzumildern.
Denn je schneller sich die KI-Automatisierung in der Wirtschaft durchsetzt, desto tiefgreifender werden die potenziellen Auswirkungen sein. Dies gilt sowohl für die positive Produktivitätssteigerung als auch für die Verdrängung von Arbeitskräften.
Arbeitnehmer fühlen sich nicht unmittelbar bedroht
Wie eine Umfrage von YouGov im Auftrag von Kafka Kommunikation zum Thema "Auswirkungen von KI auf Arbeitswelt, Politik und Cybersicherheit" zeigt, erkennen viele Beschäftigte in Deutschland durchaus das Automatisierungspotenzial ihrer Tätigkeit. Sie sind jedoch davon überzeugt, dass bestimmte menschliche Qualitäten in absehbarer Zeit nicht von einer künstlichen Intelligenz repliziert werden könnten. Deshalb fühlen sich die meisten noch sicher. Allerdings hapert es laut der Studie bisweilen am Informationsfluss. Die Umfrage wurde im November 2023 durchgeführt.
Die Ergebnisse im Überblick:
70 Prozent der Befragten halten es für unwahrscheinlich, dass ihr Job in den nächsten fünf Jahren von einer KI übernommen wird.
65 Prozent der Arbeitnehmenden bezweifeln, dass eine KI bestimmte menschliche Fähigkeiten abbilden kann.
Nur jeder zweite Deutsche ist über den aktuellen Stand der KI-Entwicklung informiert.
66 Prozent üben eine kognitiv anspruchsvolle Tätigkeit aus.
Jeder Zweite hat einen Bürojob - 45% beschreiben ihre Arbeit als repetitiv.
44 Prozent sehen die Politik in der Pflicht, das bedingungslose Grundeinkommen einzuführen, um Verdrängungseffekte auf dem Arbeitsmarkt zu kompensieren.
69 Prozent schätzen den Einfluss von KI auf die allgemeine Cybersicherheit als groß ein.
80 Prozent der Deutschen sind den Studienergebnissen zufolge bislang von eindeutig KI-gestützten Cyberangriffen verschont geblieben.
Höchste Zeit zum Handeln
Von einer Entwarnung kann aus Sicht der Studienautoren jedoch keine Rede sein, vielmehr betonen sie: Was lange Zeit als Kriterium für die Arbeitsplatzsicherheit galt - nämlich ob das Tätigkeitsfeld als eher kognitiv oder körperlich anspruchsvoll zu betrachten ist - wird im Hinblick auf die aktuellen KI-Entwicklungen hinfällig. Denn bisher war es physische Arbeit, die durch Maschinen und Automatisierung ersetzt wurde.
Die dadurch verdrängten Beschäftigten konnten sich durch Bildung und berufliche Qualifizierung in andere Bereiche flüchten. Dieses Paradigma wird nun durch die KI angegriffen. Leistungsstarke Modelle sind immer mehr in der Lage, kognitive Arbeit zu übernehmen. Für viele Beschäftigte bleiben zunehmend weniger Nischen, die sie noch besetzen können.
Und: KI-Modelle der nächsten oder übernächsten Generation werden diesen Trend nach Ansicht des Forscherteams noch verstärken. Die Politik sei nun gefordert und müsse sich ehrlich fragen, ob sie bereits Pläne und Strategien entwickelt hat, um die Zukunft - wenn nötig auch jenseits der Erwerbsarbeit - mitzugestalten.
Der Wandel kommt langsamer, aber er kommt
Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) hat dies kürzlich deutlich gemacht: Die KI wird weltweit fast 40 Prozent der Arbeitsplätze betreffen, einige ersetzen, andere ergänzen. Dabei werden die fortgeschrittenen Volkswirtschaften die Vorteile, aber auch die Nachteile von KI deutlich früher zu spüren bekommen als die Schwellen- und Entwicklungsländer.
Zusammenfassend heißt das: Eine massive Veränderung des Arbeitslebens durch KI scheint sicher. Trotz einer Verlangsamung der Entwicklung ist dies eher eine Atempause, ein Zeitgewinn für Politik und Unternehmen, um sich anzupassen. Es geht darum, die Umverteilung der Arbeitskräfte zu unterstützen und gleichzeitig diejenigen zu schützen, die von den negativen Auswirkungen betroffen sein werden. Die Beschäftigten sollten sich aktiv mit Jobalternativen und Weiterbildungsmöglichkeiten auseinandersetzen, um so den Anschluss nicht zu verpassen. (bs)