Karriere

Personalbedarfsplanung neu denken

In nahezu allen Funktionen wird der Arbeitsaufwand bis 2030 steigen, vor allem aber im Vertrieb, im Netz und im Metering. Anna Walter und Viviane Lange von BET erläutern, wie das Personal für ein Muster-Energieunternehmen im Jahr 2030 aufgestellt sein könnte. 
14.05.2024

Personalbedarfe müssen künftig gemeinsam gestaltet werden.

  • Anna Walter, Partnerin Organisationsentwicklung bei BET

Ein Gastbeitrag von Anna Walter, Partnerin, und Viviane Lange, Junior-Beraterin im Bereich Organisationsentwicklung der Managementberatung BET

Mit einer entsprechenden Personalbedarfsplanung legen Energieversorgungsunternehmen das Fundament für ihre Mitarbeitenden der Zukunft. Für eine verlässliche Planung braucht es eine ganzheitliche Basis, die über einen partizipativen Ansatz und regelmäßige Aktualisierungsschleifen erreicht werden kann.

Die grüne, digitale Transformation von Energieversorgungsunternehmen erfordert mehr denn je eine Personalbedarfsplanung mit Weitblick – das ist ein Fazit der zum Anfang des Jahres veröffentlichten Kurzstudie EVU 2030 – Die organisatorische Perspektive. 

Der Arbeitsaufwand steigt

Konkret beleuchtet die Studie, welche Personalbedarfe sich sowohl in Bezug auf die benötigte Anzahl als auch hinsichtlich notwendiger Kompetenzen zukünftiger Mitarbeitender für einen Muster-Energieversorger unter Berücksichtigung von Automatisierung und Auslagerung ergeben. 

Die Erkenntnisse: In nahezu allen Funktionen wird bis zum Jahr 2030 der Arbeitsaufwand steigen. Inhaltlich verändern sich die Aufgaben nach dieser Abschätzung vor allem im Vertrieb, im Netz und im Metering. Basierend auf diesen Erkenntnissen wurde abgeleitet, wie das Personal für das Muster-Unternehmen im Jahr 2030 aufgestellt sein könnte. 

Strategie als erster Schritt

In der Praxis ist eine Personalbedarfsplanung natürlich komplexer. Sie braucht eine vielfältige Basis, die im Folgenden skizziert wird. Das vorgeschlagene partizipative Vorgehen nimmt dabei nicht nur relevante Stakeholder wie die Führungskräfte im Unternehmen mit – und schafft damit eine höhere Akzeptanz –, sondern hilft auch, die verschiedenen Sichtweisen (Personal, Finanzen, Fachbereiche) und unter Umständen widersprüchliche Zielsetzungen, beispielsweise Personalaufbau vs. Kosteneinsparung, zu berücksichtigen.

Zu Beginn erfordert eine Personalbedarfsplanung die Berücksichtigung von strategischen Zielen im Unternehmen. Sind diese nicht definiert, zum Beispiel im Rahmen einer Unternehmensstrategie, gilt es, die strategischen Leitplanken in einem ersten Schritt gemeinsam zu formulieren.

  • Viviane Lange, Junior-Beraterin im Bereich Organisationsentwicklung bei BET

Stärken- und Schwächenanalyse

Erst wenn geklärt ist, welche strategischen Ziele in welchen Geschäftsbereichen verfolgt werden – Beispiele dafür sind Investitions- oder Transformationsstrategien – können Aussagen darüber getroffen werden, wieviele Mitarbeitende mit welchen Qualifikationen für die Erreichung der Ziele notwendig sind. Hierbei kann auch die Analyse von Stärken und Schwächen des Versorgers eine hilfreiche Grundlage bieten.

Darüber hinaus hat zum Beispiel die Entwicklung klassischer und neuer Geschäftsfelder Implikationen auf die Menge und die Gestaltung von Aufgaben in bestimmten Fachbereichen. Grundlage hierfür ist wiederum ein umfassender Blick in die Zukunft.

Werkzeug der Steckbriefe

Nach dem ersten Blick in die Zukunft sollten alle aktuellen Produkte und Dienstleistungen beziehungsweise des jeweiligen Geschäftsbereichs, für den die Personalbedarfe ermittelt werden sollen, erfasst werden. Steckbriefe sind dabei ein mögliches partizipatives Werkzeug, mit denen die Stakeholder aus den Bereichen unter anderem einschätzen, wie viele Personalkapazitäten für welche Produkte aktuell gebraucht werden.

Insgesamt erleichtert ein umfassender Überblick über den aktuellen Personalbestand, bearbeitete Aufgaben sowie die im Unternehmen vorhandenen Qualifikationen die Abschätzung der zukünftigen Personalbedarfe erheblich.

Mit Blick auf die Zukunft

Der nächste Schritt zur Erstellung einer Personalbedarfsplanung beschäftigt sich wieder mit der Zukunft und betrachtet die Frage, welche Belegschaft in einem Energieversorgungsunternehmen benötigen wird. Dabei helfen Interviews mit Stakeholdern im Unternehmen, die fachbereichsspezifischen Entwicklungen der nächsten Jahre abzuschätzen.

In Verschneidung mit den erstellten Steckbriefen werden die weitere Entwicklung der Produkte und Dienstleistungen sowie die dafür notwendigen Personalkapazitäten und Qualifikationen abgebildet. Daraus zeichnen sich erste zukünftige Personalbedarfe ab. In einem Workshopformat werden diese verfeinert und konsolidiert.

Verschiedene Zukunftsszenarien

Dieser verfeinerte Entwurf wird schließlich in ein fundiertes und mittbestimmungsfähiges Personalbedarfskonzept auf Ebene der Organisationseinheiten überführt. Aufgrund der verbleibenden Unsicherheit und Volatilität, die gerade die Zukunft der Energiewirtschaft betrifft, empfiehlt es sich hier, verschiedene Organisationsmodelle entlang unterschiedlicher Zukunftsszenarien zu entwickeln.

Für das Modell, das im Konsens als am wahrscheinlichsten eingeschätzt wird, können Phasen, Zielsetzungen und Handlungsempfehlungen für die Optimierung des Personalbestands abgeleitet und deren Umsetzung festgelegt werden.

Regelmäßiges Hinterfragen

Wie in diesem Artikel deutlich wird, gibt es viele Komponenten, die auf die Planung benötigter Personalbedarfe einwirken und daher Berücksichtigung im Erstellungsprozess einer fundierten Prognose finden müssen. Zusätzlich ist es durch die vielfältigen Einflüsse unabdingbar, die Prognose regelmäßig zu hinterfragen, zu aktualisieren und weiterzuentwickeln – um die grüne, digitale Transformation zu meistern und darüber hinaus erfolgreich zu bleiben. (hb)