§7c EnWG: Wie die Entflechtung von Stromnetz und Ladeinfrastruktur gelingt

Sind sehr zufrieden mit der Kooperation: Matthias Behrens, Geschäftsführer bei Nonoxx Pro und Patricia Dau, Abteilungsleiterin Transformation bei den Stadtwerken Steinburg.
Bild: © Matthias Behrens und Patricia Dau
Von: Vivien Neubert, energiedialog GmbH
„Wie macht ihr das mit eurer Ladeinfrastruktur?“ Regelmäßig klingelt das Telefon bei Patricia Dau, Abteilungsleiterin Transformation bei den Stadtwerken Steinburg. Kolleginnen und Kollegen von anderen Energieversorgern und Netzbetreibern rufen an und fragen sie, wie sie in Steinburg – einer Kooperation aus den Stadtwerken Brunsbüttel, Glückstadt, Itzehoe und Wilster – mit dem §7c EnWG umgeht.
„Seit dem 1. Januar 2024 fordert der Gesetzgeber die Entflechtung von Stromnetz und Ladeinfrastruktur“, erklärt sie. „Demnach dürfen Netzbetreiber und vertikal integrierte Energieversorger mit Netzbetrieb keine Ladeinfrastruktur mehr besitzen, entwickeln, verwalten oder betreiben.“ Diese Anforderung stellt viele Energieversorgungsunternehmen vor große juristische und operative Herausforderungen. Daus Tipp: „Die Versorger sollten schauen, ob sie verbundene Unternehmen haben, die die Ladeinfrastruktur übernehmen können.“
Gesellschaftsrechtliche Lösung für §7c EnWG
Im Fall Steinburg lag die Lösung glücklicherweise nahe: Die vier Partnerstadtwerke Brunsbüttel, Glückstadt, Itzehoe und Wilster haben die Stadtwerke Steinburg als Tochter und als reine Dienstleistungsgesellschaft gegründet. Daher besitzen und betreiben die Mütter nach wie vor ihre Netze und konnten das Anlagevermögen der Ladeinfrastruktur zum Restbuchwert an ihre Tochter übertragen. Zusätzliche wurden alle bestehenden Verträge – etwa für Dienstleister wie Backendbetreiber – auf Steinburg umgeschrieben. Und da alle Kolleginnen und Kollegen ohnehin bei den Stadtwerken Steinburg angestellt sind, musste nicht einmal Personal übergehen.
Umstrukturierung brachte eine Vereinfachung von Prozessen
„Für uns hat das neben der Erfüllung der juristischen Vorgaben sogar operative Vorteile gebracht“, erklärt die Abteilungsleiterin. „Wir konnten viele Abläufe in unserem Geschäftsfeld Elektromobilität vereinheitlichen, zum Beispiel haben wir uns auf ein Backend geeinigt und können nun eine einheitliche Abrechnung erstellen.“ Durch den schlanken Betrieb reicht neben Patricia Dau eine Projektmanagerin, die Anfragen sammelt, neue Projekte koordiniert und sich eng mit dem Dienstleister für den Bau und Betrieb der Ladepunkte abstimmt.
Bau und Betrieb von Ladesäulen sind eine Erfolgsstory
„Und hier kommt ein weiterer wichtiger Faktor ins Spiel“, betont Patricia Dau, „nämlich der richtige Partner.“ Ihre Abteilung hat sich im Frühjahr 2023 für die Firma Nonoxx Pro entschieden, eine Tochter der Stadtwerke Neumünster und der POHL-Gruppe. Die Bilanz der Zusammenarbeit kann sich sehen lassen: 36 AC-Ladepunkte haben die beiden Unternehmen seitdem zusammen geplant, errichtet und in Betrieb genommen. Zwölf weitere kommen allein im Herbst 2024 hinzu. Zusätzlich errichtet Nonoxx Pro acht Schnellader mit 50-150 kW Leistung in den Steinburger Gemeinden.
Insgesamt sind bei den Stadtwerken Steinburg derzeit 68 AC-Ladepunkte und sechs Schnellader in Betrieb, denn Nonoxx hat den kaufmännischen und technischen Betrieb auch für die schon zuvor bestehende Ladeinfrastruktur übernommen. „Die Implementierung bestehender Infrastruktur ist nicht bei allen Kunden einfach, weil wir die vorhandene Software sowie einige Prozesse temporär integrieren müssen, aber insgesamt machen wir das gern. Und mit Frau Dau und ihrer Kollegin war das alles kein Problem!“, betont Matthias Behrens, Geschäftsführer bei Nonoxx Pro.
Großprojekte umgesetzt in Rekordzeit
Auch Großprojekte gehen die Stadtwerke Steinburg und Nonoxx Pro gemeinsam an. So suchte die Spedition F. A. Kruse jun. nach geeigneten Partnern zum Aufbau von Ladeinfrastruktur für ihre neuen E-Sattelzugmaschinen – und fand sie in den Stadtwerken Brunsbüttel und Steinburg und Nonoxx Pro. „Wir waren sofort bereit“, erläutert Patricia Dau. Ihre Abteilung übernahm die Planung und Koordination, die Stadtwerke Brunsbüttel sorgten dafür, dass der Netzanschluss, der Trafo und die Stromlieferung funktionieren und Nonoxx Pro lieferte zwei leistungsstarke 400-kW-Ladesäulen. Trotz Lieferschwierigkeiten, etwa beim Trafo, war das Projekt in rund einem halben Jahr umgesetzt.
Das nächste Projekt bei der Gemüse-Handelsgesellschaft FreshField in Dithmarschen steht für das gut eingespielte Team schon vor der Tür. Auch dort sollen E-LKW mit den nötigen Ladesäulen, einem Trafo und einem leistungsstarken Netzanschluss versorgt werden. „Wir sind super zufrieden mit der Kooperation“, bestätigt auch Andreas Wulff, Geschäftsführer der Stadtwerke Brunsbüttel und Steinburg. „So nimmt die E-Mobilität bei uns in Dithmarschen und Steinburg richtig Fahrt auf!“
Flexibles Geschäftsmodell bei nonoxx pro
Mit den Stadtwerken Steinburg hat Nonoxx Pro einen Partner vor Ort, der bereits Erfahrungen mit E-Mobilität hat und dieses Geschäftsfeld weiterhin betreiben und ausbauen möchte. „Allen Stadtwerken, die die Möglichkeit zur Entflechtung haben, bieten wir ein partnerschaftliches Modell an, an dem alle partizipieren“, erläutert Matthias Behrens. „Und auch wenn Gewerbekunden von Stadtwerken Ladeinfrastruktur benötigen – wie Kruse und FreshField – machen wir das gemeinsam.“ Die Stadtwerke profitierten unter anderem von standardisierten Prozessen, Verträgen und Abrechnungsmöglichkeiten, so Behrens.
Doch auch wenn Stadtwerke ihre Ladeinfrastruktur nicht an ein integriertes Unternehmen auslagern können oder das Geschäftsfeld aufgeben wollen, bietet Nonoxx Pro eine Lösung: „Wir übernehmen die Infrastruktur auch komplett.“ Insgesamt betreibt das Unternehmen, das noch keine zwei Jahre am Markt agiert, bereits über 1.000 Ladepunkte mit Schwerpunkt in Norddeutschland. (sg)