Ölbranche führt beim Bau von Ladesäulen

Der Ladesäulen-Markt wird weniger von Energieunternehmen, sondern eher von Tankstellenbetreibern angeführt.
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Von Jürgen Walk
Wer glaubt, Ladestrom für Elektroautos sei vor allem das natürliche Habitat von Energieversorgern, irrt sich. Den Ladesäulen-Markt machen vor allem fünf Branchen unter sich aus – und die Energieversorger liegen dabei gerade einmal auf einem der hinteren Plätze. Über Gewinner und Verlierer in einem Markt, der massiv in Bewegung ist, berichtet die auf Elektromobilität spezialisierte Unternehmensberatung U-Scale.
Der Fokus der Untersuchung liegt auf den wichtigsten europäischen Märkten. Nach 2023 erhob das Stuttgarter Unternehmen gerade zum zweiten Mal Daten neben Deutschland auch in Großbritannien, Frankreich, Italien, Spanien und den Niederlanden.
Dabei zeigt sich: Die Mineralölwirtschaft ist im Begriff, führender Stromanbieter für das öffentliche Laden von Elektroautos zu werden. Mit über 20 Prozent Marktanteil besitzt die Branche den größten Marktanteil unter allen Anbietern.
Fast gleichauf folgen mit knapp 20 Prozent die Roaming-Dienstleister. Auf Platz 3 rangieren mit 18 Prozent die reinen Ladesäulenbetreiber, die sogenannten Charge-Point-Operators (CPO). Erst dann, auf den Plätzen vier und fünf, folgen Energiekonzerne (15 Prozent) und die Autohersteller mit 13 Prozent. Letztere wiederum werden von Tesla und seinen Superchargern dominiert. Mit jeweils vier Prozent gleichauf schließlich liegen Stadtwerke (deren Bedeutung in den untersuchten Ländern unterschiedlich ist), Arbeitgeber und Einzelhändler.
Roaming-Anbieter unter Druck
Die Veränderungen gegenüber der ersten Umfrage 2023 sind gewaltig, heißt es bei U-Scale. Die Roaminganbieter haben ihre Marktanteile nahezu halbiert. Doch die Roaminggebühren sind nicht reguliert und variieren deutlich. Während sich Kunden früher oft für ein möglichst großes Roaming-Netzwerk mit Zugang zu mehreren 100.000 Ladepunkten in Europa entschieden, wählen sie mittlerweile lieber Akteure mit einem großen eigenen Ladenetz.
Davon profitieren die anderen Anbietergruppen: Die Ölkonzerne gewinnen deutlich, aber auch die reinen Ladesäulenbetreiber, die Autohersteller und die Versorger legen zu. Ladeangebote des Einzelhandels wurden genauso häufig genutzt wie im Jahr davor.
Mit den Verschiebungen zeigen sich zumindest in den drei Märkten Deutschland, Italien und den Niederlanden Konsolidierungs- und Konzentrationseffekte. In diesen Ländern ist der Marktanteil der drei größten Anbieter massiv gewachsen – jeweils um zehn bis 19 Prozentpunkte. Die größte Veränderung zeigt sich in Deutschland, der Marktanteil der Top 3 ist von 30 auf 49 Prozent gestiegen. In den drei übrigen Märkten zeigen sich diese Tendenzen noch nicht.
Gemeinsam ist allen untersuchten Märkten, dass den Kunden ein Anbieter nicht reicht. Fast alle Elektroauto-Fahrer nutzen mehrere Ladedienste aktiv; im Durchschnitt sind es drei. Als Hauptgrund für die Wahl eines Anbieters nennen die Kunden die Zuverlässigkeit. Insgesamt ist die regionale Abdeckung wichtiger als die nationale.