Deutschland

Ebling: Großen Werkzeugkasten nutzen

Nachdem das Bundesverwaltungsgericht Diesel-Fahrverbote für grundsätzlich zulässig erklärt hat, fallen die Reaktionen unterschiedlich aus. Für den VKU und den BDI sind Fahrverbote die "Ultima Ratio". Einigkeit besteht darin, die Autohersteller in die Pflicht zu nehmen.
27.02.2018

VKU-Präsident Michael Ebling.

Das Bundesverwaltungsgericht habe bestätigt, dass es bei dem klaren Auftrag, die Luft sauberer zu machen, keine Denkverbote geben darf, sagte VKU-Präsident Michael Ebling zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes in Sachen Fahrverbote. „Für die Luftreinhaltepläne hat uns das Gericht einen großen Werkzeugkasten mitgegeben. Fahrverbote sind nur ein Werkzeug unter vielen und für uns die Ultima Ratio“, so der Mainzer Oberbürgermeister weiter. Für alle Werkzeuge gelte, dass sie im konkreten Anwendungsfall geeignet und verhältnismäßig sein müssten. Aber auch die Autohersteller seien in der Pflicht. Ebling fordert: „Es sollte alles dafür getan werden, Nachrüstungen so weit wie möglich durchzusetzen.“

Die Stadtwerke würden nach dem heutigen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts den Umstieg auf klimafreundliche Antriebstechnologien weiter vorantreiben", versprach Andreas Feicht, Vizepräsident und Vorsitzender der NRW-Landesgruppe des VKU. Allerdings stünden dem die wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen noch häufig im Weg.

Nicht nur Steckdosen, sondern auch Ausbau der Verteilnetze

Hier hat Feicht insbesondere die Infrastruktur im Blick. „Für den Ausbau der Elektromobilität geht es nicht allein darum, Steckdosen zu installieren, sondern vielmehr um den dringend notwendigen Ausbau der Stromverteilnetze.“ Diese seien als „Tankstellennetz unter der Erde“ der Schlüssel der Automobilwende. „E-Mobilität wird flächendeckend nur dann funktionieren, wenn Elektroautos schnell, überall und gleichzeitig betankt werden können“, so Feicht. Ohne eine Modernisierung der Verteilnetze bleibe die Verkehrswende auf halber Stecke stehen.

Der Deutsche Städtetag sieht nach dem Urteil die Autoindustrie in der Pflicht. Sie müsse das Problem zu hoher Stickoxid-Werte lösen, damit Fahrverbote vermieden werden können, sagte der Präsident des Städtetages, Münsters Oberbürgermeister Markus Lewe. Der Hauptgeschäftsführer, Helmut Dedy, hätte sich für das Problem eher eine politische statt eine juristischen Lösung gewünscht. „Das wäre der klügere Weg gewesen. Das Leipziger Urteil bedeutet nichts anderes, als dass ein Versagen der Autoindustrie auf dem Rücken der Städte ausgetragen wird“, so Dedy. Er fordert vom Bund die rasche Einführung einer blauen Plakette, um „zwischen schlechten und besseren Dieseln differenzieren zu können und einen Flickenteppich unterschiedlicher Fahrverbote zu vermeiden“.

Dena: Mobilität muss vielfältiger werden

Auch Dena-Chef Andreas Kuhlmann kritisiert den eingeschlagenen Weg: „Wenn das Bundesverwaltungsgericht bemüht werden muss, europäische Vorgaben durchzusetzen, ist das eine eindrucksvolle Mahnung an alle Beteiligten.“ Die Zukunft der Mobilität müsse vielfältiger werden und sie gehöre den alternativen Antrieben. Dazu zählt Kuhlmann neben der Elektromobilität auch Erdgas- und Wasserstofffahrzeuge.  Er fordert hierfür die Rahmenbedingungen neu zu gestalten. Sein Vorschlag lautet: „Bei Steuern, Abgaben und Förderprogrammen sollten die Emissionen zum entscheidenden Kriterium werden – zum Beispiel bei der Besteuerung von Kraftstoffen und Dienstwagen.“

Die Gasbranche weist auf die Potenziale von „Erdgas als Kraftstoff“ als künftigen „zentraler Baustein der Verkehrswende“ hin. Der DVGW betont, dass gasbetriebene Fahrzeuge bis zu 25 Prozent weniger Treibhausgas und bis zu 85 Prozent weniger Stickoxide im Vergleich zum Euro-VI-Grenzwert für Diesel ausstoßen. Besonders hohes Potenzial bei der Schadstoffminderung sieht der DVGW im Bereich des ÖPNV. Mit 0,41 Gramm Stickoxide je Personenkilometer erreichten Linienbusse die höchsten Emissionswerte aller Verkehrsmittel im Personenverkehr. Dagegen hätten mit Erdgas betriebene Busse nicht nur das Potenzial, Emissionen von Stickoxiden und Feinstaub deutlich zu senken, sondern könnten klimaneutral fahren, wenn sie mit regenerativem Erdgas betrieben würden.

ADAC: ÖPNV ist wichtiger Problemlöser

Ein attraktiver ÖPNV kann auch nach Ansicht des ADAC wesentlich dazu beitragen, die Probleme der Luftreinhaltung in Städten innerhalb der nächsten Jahre zu lösen. „Wir brauchen durchdachte Strategien für die Mobilität in den Ballungsräumen, die die Verkehrsmittel nach den Bedürfnissen der Menschen sinnvoll vernetzen", sagt ADAC Vizepräsident für Verkehr Ulrich Klaus Becker. Für eine gute Umwelt sei schlicht eine gute Verkehrspolitik vonnöten.

Der BDI warnt vor einfachen Lösungen. Das Urteil sollte die Politik in Kommunen, Ländern und Bund dazu veranlassen, „alle Alternativen für Emissionsminderungen und intelligenter Verkehrslenkung schonungslos zu untersuchen“.  Dabei sei das Eigentum von Millionen Dieselhaltern zu beachten. Diesel-Fahrzeuge seien in den Fuhrparks der Wirtschaft weit verbreitet, Unternehmen brauchen Rechts- und Planungssicherheit. Auch der BDI sieht in Fahrverboten die Ultima Ratio. Zunächst sollten zusätzlich Maßnahmen des Dieselgipfels wirken, ehe tatsächlich Fahrverbote in Kraft treten. (mn)