Deutschland

Klimaschutzbericht: Ziel um acht Prozent verfehlt

Laut derzeitigen Prognosen wird Deutschland das 2020-Ziel für die Reduzierung von Treibhausgasen von 40 Prozent nicht erreichen. Die Minderung liegt wohl bei 32 Prozent. Die Lücke liegt bei umgerechnet 100 Millionen Tonnen Treibhausgas.
13.06.2018

Die Grafik zeigt die klimaschädlichen Emissionen Deutschlands seit 1990

Deutschlands Rückstand beim Klimaschutz ist offiziell: Das Kabinett hat am Mittwoch den Klimaschutzbericht 2017 beschlossen, der sich mit Wunsch und Wirklichkeit beim CO2-Sparen beschäftigt. Den jüngsten Berechnungen zufolge wird die Bundesrepublik das selbst gesetzte Ziel um voraussichtlich acht Prozentpunkte verpassen. Ziel war es, bis 2020 den Ausstoß von Treibhausgasen im Vergleich zu 1990 um 40 Prozent zu senken. Derzeit scheinen nur 32 Prozent Ersparnis möglich.

«Gründe hierfür sind unter anderem die in den vergangenen Jahren unerwartet dynamische Konjunkturentwicklung sowie das unerwartet deutliche Bevölkerungswachstum», heißt es im Bericht. Bis 2017 waren den Zahlen des Umweltbundesamts zufolge 28 Prozent geschafft. Während etwa in der Energiewirtschaft der CO2-Ausstoß deutlich zurückgeht, tut sich im Bereich Verkehr bisher wenig.

Schulze: "Wieder auf Kurs kommen"

«In der Klimapolitik hat es in den vergangenen Jahrzehnten Versäumnisse gegeben, die man nicht in kurzer Zeit wiedergutmachen kann», teilte Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) mit. «Wir müssen dringend wieder auf Kurs kommen und unser 40-Prozent-Etappenziel so schnell wie möglich erreichen.»

"Der heute vorgelegte Klimaschutzbericht verdeutlicht, dass die Energiebranche ihre CO2-Minderungsziele fast auf den Punkt erreicht. Andere Sektoren müssen erheblich nachlegen, um ihre jeweiligen Sektorziele zu erreichen", betonte Katherina Reiche, Hauptgeschäftsführerin des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU).

Reiche: KWK als Klimaschutztechnologie bestätigt

Erfreulich sei, dass der Bericht die Bedeutung der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) als Klimaschutztechnologie bestätigt. Die im Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 vorgegebenen vier Millionen Tonnen CO2 werden "geliefert" - trotz erheblicher Unsicherheiten, die sich aus den verschiedenen Gesetzesnovellen der vergangenen Jahre ergaben. Dies zeige: Die KWK habe nach wie vor erhebliches Klimaschutzpotenzial, sowohl für die Strom- als auch für die Wärmewende. "Die Energiebranche benötigt so schnell wie möglich stabile Rahmenbedingungen für den KWK-Ausbau über das Jahr 2022 mit Perspektive auf das Jahr 2030 hinaus. Dies würde zugleich die Entwicklung innovativer Wärmenetze weiter vorantreiben“, betonte Reiche.

Marie-Luise Wolff, neu gewählte Präsidentin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), zieht ein ähnliches Fazit: "Die Energiewirtschaft ist klar auf der Zielgeraden für die Klimaziele 2020 und erreicht nach Prognosen der Bundesregierung knapp 40 Prozent CO2-Minderung gegenüber 1990." Stefan Kapferer, Vorsitzender der BDEW-Hauptgeschäftsführung, ergänzte: "Der Verkehr muss jetzt endlich auch liefern, statt nur in Abwehrhaltung zu verharren." Schließlich stoße der Verkehrssektor seit 1990 gerade einmal fünf bis sechs Millionen Tonnen Kohlendioxid weniger aus.

Grüne: Dokument des Versagens

Kritik kam von den Grünen: "Die Klimapolitik der Bundesregierung ist gescheitert und ist nichts als eine Hinhalte-Taktik. Der Klimaschutzbericht 2017 ist ein Dokument des Versagens des angestrebten Klimaziels 2020", erklärte Lisa Badum, Sprecherin für Klimaschutz.

Statt die Ärmel endlich hochzukrempeln, trage die Regierung ihr eigenes Versagen noch nach Europa. So setze Wirtschaftsminister Altmaier sich beim EU-Energieministerrat zusammen  mit Polen und Tschechien für möglichst schwache EU-Energie- und Klimaziele ein, die nicht geeignet seien, um die Pariser Klimaschutzziele zu erreichen.

Linke: Offenbarungseid der klimapolitischen Tatenlosigkeit

Lorenz Gösta Beutin, energie- und klimapolitischer Sprecher der Linken sieht die Situation ähnlich: „Der Klimaschutzbericht 2017 ist ein Offenbarungseid der klimapolitischen Tatenlosigkeit. Seit 2014 sind die klimaschädlichen Emissionen in Deutschland gestiegen, statt gesunken. Wobei der Bundesrepublik rund ein Drittel der CO2-Einsparungen durch den Abriss der Industrie in den neuen Bundesländern in den Schoss gefallen ist. Unabhängige Forschungsinstitutionen gehen sogar von einer Zehn-Prozent-Lücke aus." (dpa/al)