Deutschland

Lies: "Brauchen Senkung des Strompreises"

Auch nach der Vorlage des EEG-Gesetzesentwurfs bleiben Fragen offen. Der Umweltminister des "Windlandes" Niedersachsen mahnt zur Eile.
02.09.2020

Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD)

Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies will einen grundlegenden Umbau der Ökostrom-Förderung und fordert den Bund zur raschen Umsetzung klarer Regeln beim schleppenden Windkraftausbau auf. Es reiche nicht, die EEG-Umlage, die den Wandel zu regenerativen Energien finanziert, immer nur kurzfristig anzupassen, sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Man müsse an die Struktur ran: "Was wir brauchen, ist eine Senkung des Strompreises." Nach Monaten fruchtloser Debatten müsse es außerdem endlich belastbare Kriterien für neue oder modernisierte Windparks in Deutschland geben.

Ob die geplante Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) die erhofften Fortschritte bringt, bezweifelten einige Teilnehmer eines Branchentags am Mittwoch in Hannover. Auch Lies sagte mit Blick auf die Unsicherheit beim Ökostromausbau: "Wir haben immer noch Stillstand – das Gegenteil von dem, was wir beim Klimaschutz wollen." Niedersachsen ist gemessen an der installierten Leistung wichtigster deutscher Windkraft-Standort. Auch der Landesverband Erneuerbare Energien Niedersachsen Bremen (LEE) zeichnete ein gemischtes Bild.

"Werden keinen großen Wurf erleben"

"Meine Sorge ist, dass wir trotz des hohen Drucks keinen großen Wurf erleben werden, weil im Bund schon bald das Ende der Legislaturperiode naht", sagte Lies zum Entwurf des neuen EEG. Dieser sieht etwa höhere Mengenziele für den Wind- und Solarausbau vor.

Er plädierte für eine Umgestaltung der Förderung regenerativer Energien. "Durch die EEG-Umlage in ihrer bisherigen Form vermitteln wir den völlig falschen Eindruck, dass die Erneuerbaren vor allem dazu beigetragen haben, Strom teurer zu machen." Die Umlage solle nicht abgeschafft werden. "Aber wir bräuchten dringend eine andere Systematik. Möglich wäre in den kommenden Jahren etwa eine auf 2 Cent je Kilowattstunde gesenkte und fixierte Umlage. Für die notwendige Finanzierung würde die Summe dann um die künftigen Einnahmen aus der CO2-Bepreisung aufgestockt." Noch wäre dieses Volumen aber gering.

Komplizierte Genehmigungen und unklare Bestimmungen

Neben der Kosten- und Umweltdebatte sind komplizierte Genehmigungen und unklare Bestimmungen der zentrale Hemmschuh beim Ausbau. "Viele Vorschriften sind nach wie vor zu komplex", sagte Lies. "Es müssen dringend neue, präzise Regeln definiert werden" – für Höhengrenzen, die Windkraftnutzung in Schutzgebieten oder Sonderausschreibungen bei der vielerorts nötigen Erneuerung bestehender Anlagen (Repowering).

Die Vorsitzende des LEE, Bärbel Heidebroek, sagte der dpa: "Es ist grundsätzlich gut, dass sich die Bundesregierung mit der EEG-Novelle zum weiteren Ausbau der Erneuerbaren bekennt und die Ziele nach oben korrigiert hat." Allerdings gibt es aus ihrer Sicht an mehreren Stellen Nachbesserungsbedarf. So müsse zum Beispiel Repowering von Anlagen, die in Kommunen lange akzeptiert sind, möglich sein, auch wenn diese nun außerhalb ausgewiesener "Vorranggebiete" stehen: "Wenn die Gemeinde das will, muss sie in der Lage sein, zu repowern."

"Kein technisches, sondern ein politisch-regulatorisches Problem"

Die Prüfregeln zur möglichen Nutzung der Windkraft in Schutzgebieten sind für Heidebroek ebenfalls "noch zu sehr im Konjunktiv". Beim Artenschutz müsse man zudem die Situation ganzer Populationen betrachten, nicht nur einzelne Tiere. Es gebe Fälle, wo sich Vögel auch in der Nähe von Windkraftanlagen ansiedelten. "Wenn die Tiere damit offensichtlich klar kommen, müssen wir neu überlegen."

Lies appellierte an Bürger, Naturschützer und Investoren, nicht das Grundvertrauen in die Windkraft zu verlieren: "Ein kontinuierlicher Ausbau der Erneuerbaren sichert zwei Dinge: bezahlbaren Strom und Klimaschutz. Wir müssen uns klar machen, dass wir kein technisches, sondern ein politisch-regulatorisches Problem haben."

Grüne wollen Solarpflicht bei Neubauten in Niedersachsen 

Der Vize-Fraktionschef der Grünen im Landtag, Christian Meyer, sagte, Lies habe sachlich Recht. "Aber Krokodilstränen helfen nicht weiter, sondern Taten." So gebe es etwa weiter keine hinreichenden Vorgaben, um mehr als 2 Prozent der Landesfläche für die Windkraft zu reservieren. Auch eine Solarpflicht bei Neubauten müsse für Niedersachsen – nach dem Vorbild Bremens – eingeführt werden. FDP-Fraktionschef Stefan Birkner sprach sich dagegen für "einen klaren Ausstiegspfad aus dem EEG" aus. Die Windkraft sei nach langer Subventionierung inzwischen "in weiten Teilen wettbewerbsfähig". (dpa/hil)