Deutschland

Umweltministerin will Einbau von Ölheizungen ab 2030 verbieten

Rund 5,8 Millionen Häuser werden in Deutschland mit Öl beheizt. Dass diese Anlagen Klimakiller sind, ist bekannt. Doch wie können die Bürger zum Umstieg bewegt werden? Die Umweltministerin ist überzeugt: Anreize allein genügen nicht.
08.09.2019

Macht Druck für Verbot von Ölheizungen: Bundesumweltministerin Svenja Schulze von der SPD.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze will den Einbau von Ölheizungen von 2030 an komplett verbieten. Bestehende Ölheizungen sollen aber weiterbetrieben werden dürfen. "Nur die Appelle an die Vernunft genügen nicht", sagte die SPD-Politikerin der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Das Verbot soll nach ihrem Willen Bestandteil der Klimaschutzgesetze werden, die die Bundesregierung am 20. September beschließen will. Die Union sieht den Vorschlag kritisch, sie setzt auf Anreize statt Verbote.

"Was wir brauchen, ist ein Mix aus Verboten und Anreizen", betonte Schulze dagegen. "Wir sollten zum Beispiel sagen: Für die nächsten zehn Jahre helfen wir euch beim Umrüsten alter Ölheizungen, danach sind sie komplett verboten." Nach Angaben ihres Staatssekretärs Jochen Flasbarth geht es aber nur darum, den Neueinbau von Ölheizungen von 2030 an zu verbieten - nicht den Weiterbetrieb.

Widerstand von der Union

In Deutschland werden nach Schätzungen rund 5,8 Millionen Gebäude über Ölheizungen versorgt. Dabei hat der Gebäudebereich beim Klimaschutz eine Schlüsselfunktion: Auf ihn entfallen laut Wirtschaftsministerium rund 35 Prozent der Endenergie und rund ein Drittel der Treibhausgasemissionen in Deutschland. Würde man alle Ölheizungen durch moderne Heiztechnologien ersetzen, ließen sich nach Angaben von Experten bis zu 30 Millionen Tonnen CO2 einsparen.

In der Union stoßen die Pläne Schulzes auf Widerstand. Das Tempo beim Heizungsaustausch müsse sich schnell verdoppeln, anders seien die Klimaziele bis 2030 nicht zu erreichen, sagte Fraktionsvize Andreas Jung (CDU) den Zeitungen der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft. Aber: "Dafür setzen wir jetzt auf Anreize, Förderung und Preissignale für klimafreundliche Technologien, nicht auf Verbote."

Greenpeace: Allein Anreizprogramme reichen nicht

Die CDU hat sich dafür ausgesprochen, eine Abwrackprämie für alte Ölheizungen von mehreren tausend Euro einzuführen. Die CSU schloss sich der Forderung an. Sie will auch den Kauf energiesparender Haushaltsgeräte steuerlich fördern. Das sieht ein Klimapapier vor, das der CSU-Vorstand am Samstag einstimmig billigte.

Gefördert werden sollen demnach auch energetische Gebäudesanierungen an selbst genutztem Wohneigentum und der Austausch alter Heizungen. Greenpeace kritisierte: "Wenn die CSU denkt, sie könne allein mit Anreizprogrammen die Klimakrise lösen, dann ist sie entweder naiv oder will die Menschen für dumm verkaufen."

Grüne: Kein Einbau neuer Ölheizungen ab 2021

Auch den Grünen gehen die Vorschläge der Koalitionsparteien nicht weit genug. Sie wollen Druck machen und in dieser Woche im Bundestag beantragen, die Förderung neuer Öl- oder Gasheizungen sofort zu stoppen. Spätestens von 2021 an sollen demnach überhaupt keine neuen Ölheizungen mehr in Alt- und Neubauten eingebaut werden dürfen.

Damit könnten den Ankündigungen von CDU, CSU und SPD "endlich mal Taten folgen", sagte Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer. "Es ist absurd, dass die Bundesregierung immer noch den Neueinbau klimaschädlicher Ölheizungen fördert." Im vergangenen Jahr wurden
17 400 Ölheizungen über Kredite oder Zuschüsse subventioniert.

Verbraucherzentralen: Kosten nicht nur auf die Konsumenten abwälzen

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen warnte davor, die Kosten für mehr Klimaschutz allein auf die Konsumenten abzuwälzen. Das Risiko sei "immens", sagte Präsident Klaus Müller der "Stuttgarter Zeitung" sowie den "Stuttgarter Nachrichten" (Montag). Die meisten Bürger wollten mehr für den Klimaschutz tun. Der Ausstoß von Treibhausgasen müsse einen angemessenen Preis bekommen. "Aber: Die Mehreinnahmen einer CO2-Bepreisung müssen zu 100 Prozent wieder an die Verbraucher zurückfließen."

FDP-Fraktionsvize Frank Sitta wertete Schulze Forderung nach einem Verbot neuer Ölheizungen als "parteipolitische Panikreaktion und schlechte Klimapolitik". Bevor klimaneutrale Brennstoffe Marktreife erlangen könnten, entziehe die Ministerin ihnen bereits die Geschäftsgrundlage, ohne brauchbare Alternativen anzubieten.

BDEW: In vielen Fällen Switch auf Gasheizung oder Fernwärme möglich

Wie aus einer Studie des Energieverbandes BDEW hervorgeht, liegt fast die Hälfte der 5,8 Millionen Gebäude mit Ölheizung im sogenannten gasberohrten Gebiet. Das bedeutet laut BDEW, dass mindestens 2,1 Millionen dieser Gebäude schnell und unkompliziert mit einer Gasheizung modernisiert werden könnten. Weitere 510 000 Gebäude ließen sich an das Fernwärmenetz anschließen.

Der Vorsitzende der Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität, Henning Kagermann, forderte von der Politik mehr Tempo beim Klimaschutz. Kagermann sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Die Politik muss anfangen zu handeln. Es gibt genügend Maßnahmen, die unstrittig sind." Damit könne man jetzt beginnen.

Schulze: Es geht um die Glaubwürdigkeit der Regierung

Das Klimakabinett der Bundesregierung will am 20. September über ein Gesamtpaket entscheiden, damit Deutschland seine Klimaschutzziele erreicht. Es liegen viele Vorschläge auf den Tisch, die nicht mehr als strittig gelten - etwa ein Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs oder der Elektromobilität. Umstritten ist vor allem noch das genaue Modell für eine CO2-Bepreisung im Verkehr und bei Gebäuden.

Schulze plädierte für ein Ende der großen Koalition, falls Union und SPD sich nicht auf ein ambitioniertes Klimapaket verständigen. "Die Koalition kann nicht weitermachen, wenn sie nicht in der Lage ist, zweifelsfrei zu klären, wie Deutschland seine Klimaziele bis 2030 erreichen kann", sagte die Ministerin dem "Tagesspiegel" (Sonntag). "Es geht um die Glaubwürdigkeit dieser Regierung." (dpa/hcn)