Recht & Regulierung

Was bleibt und was sich ändert

Das öffentliche Preisrecht hat vor allem für Abwasser, Abfall und Trinkwasser eine wichtige Referenzfunktion, ist aber zunehmend für weitere kommunale Bereiche relevant. Gastbeitrag von Prof. Andreas Hoffjan von der TU Dortmund, Mitglied der Arbeitsgruppe des BMWi.
07.05.2021

Besonders wichtig für die kapitalintensive Ent- und Versorgungswirtschaft: Der Höchstsatz für kalkulatorische Zinsen bleibt weiter bei 6,5 Prozent.

Das Bundeswirtschaftsministerium hat am 5. Mai einen Referentenentwurf zur Verordnung PR 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen vorgelegt. Für viele kommunale Unternehmen spielen die im öffentlichen Preisrecht angelegten Leitsätze für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten (LSP) eine wesentliche Rolle. Bei der Beauftragung Dritter ist die Einhaltung der LSP eine Voraussetzung für die rechtmäßige Gebührenkalkulation. Wichtig: Das Preisrecht ist auch bei Inhouse-Vergaben zu beachten.

Mittels Preisverordnung und LSP lässt sich anhand objektiver Maßstäbe die abgabenrechtlich zulässige Belastung der Bürger für Abwasser, Abfall und Trinkwasser bemessen. Zunehmende Gültigkeit erlangt das öffentliche Preisrecht aber auch bei Leistungen wie Quartiersmanagement, Straßenreinigung und Winterdienst. Mit dem Trend zur Rekommunalisierung nimmt die Referenzfunktion des öffentlichen Preisrechts weiter zu. Daher sollte auch die Kommunalwirtschaft die vom Verordnungsgeber geplanten Veränderungen im Preisrecht aufmerksam verfolgen.

Vorrang des Marktpreises

Der Referentenentwurf versucht, dem Marktpreisvorrang des Preisrechts wieder mehr Bedeutung zu geben. Dazu wurden die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Marktpreises auf dem durch Vergabeverfahren geschaffenen besonderen Markt geschärft. Da das Preisrecht bei Ver- und Entsorgungsleistungen vornehmlich in Gestalt von Selbstkostenpreisen Anwendung findet, betrifft dies die Kommunalwirtschaft nur wenig.

Wichtiger dürfte für die kommunalen Unternehmen das sein, was sich nicht ändert. Dies betrifft zum einen den Anwendungsbereich des öffentlichen Preisrechts und zum anderen die Höhe der kalkulatorischen Zinsen. Bisher findet das Preisrecht nur im direkten Verhältnis zwischen Auftraggeber und unmittelbarem Hauptauftragnehmer Anwendung. Eine Anwendung des Preisrechts auf Unteraufträge erfolgt nur auf Verlangen des Auftraggebers.

Anwendungsbereich wird nicht ausgeweitet

Aufgrund der zu beobachtenden „Flucht aus dem Preisrecht“ gab es Überlegungen, das Preisrecht ab einem bestimmten Auftragsanteil auch verpflichtend auf der nächsten Ebene – zwischen Auftragnehmer und Unterauftragnehmer – anzuwenden. Damit würden z.B. Unterauftragnehmer, die vielleicht 80 Prozent des Gesamtauftrags bearbeiten, zwangsläufig dem Preisrechtsregime unterworfen. Es bleibt aber dabei, die Regeln des öffentlichen Preisrechts werden nicht automatisch auf die Unterauftragnehmer durchgereicht. Der Anwendungsbereich des öffentlichen Preisrechts bleibt im Referentenentwurf unverändert.

Für die kapitalintensive Ent- und Versorgungswirtschaft hätte das Thema der kalkulatorischen Zinsen materiell noch größere Auswirkungen. Im aktuellen Zinsumfeld wären vielleicht auch Anpassungen des Höchstzinssatzes zu erwarten gewesen. Jedoch bleibt der seit 1972 bestehende Höchstsatz für kalkulatorische Zinsen in Höhe von 6,5 Prozent unangetastet. Dies liegt sicherlich auch daran, dass Auftraggeber und Auftragnehmer unterhalb des Höchstsatzes den Zinssatz nach Belieben vereinbaren können. Wird keine Vereinbarung getroffen, ist aber ein Zinssatz von 6,5 Prozent LSP-konform und kann nicht beanstandet werden.

Neue Regeln für die Gewinnbemessung

Die so berechneten kalkulatorischen Zinsen werden zuweilen auch als ein Ausgleich für die in der Gebührenrechtsprechung nur niedrig anerkannten Gewinnzuschläge auf zulässige Fremdleistungen gesehen. Für die Bemessung sind ein Prozent bei Selbstkosten-Erstattungspreisen und drei Prozent bei Selbstkosten-Festpreisen höchstrichterlich anerkannt.

Bei der Gewinnbemessung zeichnet sich im Übrigen die einzige, die Kommunalwirtschaft betreffende materielle Änderung der Reform ab: Eine Gewinnbemessung als Hundertsatz des betriebsnotwendigen Vermögens ist nicht mehr zulässig. Das Standardvorgehen, den Gewinn als Prozentsatz der Netto-Selbstkosten zu ermitteln, bleibt aber weiterhin möglich. Neu ist, dass im Falle einer fehlenden Gewinnvereinbarung nun eine Regelung in die LSP aufgenommen wurde. In diesen Fällen ist „das übliche Leistungsentgelt vorzusehen“. Folgt man der Kommentierung des im Preisrecht wichtigen Grundsatzes der wirtschaftlichen Betriebsführung dürfte damit die branchenübliche Gewinnhöhe gemeint sein.

Der Referentenentwurf sieht ein Inkrafttreten zum 1. Juli vor. Für Altverträge sind die bis dahin gültigen Vorschriften anzuwenden. (hp)