Marktübersicht

"Das ist in Deutschland derzeit der interessanteste Teil im PPA-Geschäft"

Im ZfK-Interview spricht Mark Lindenberg, CSO des Direktvermarkters Next Kraftwerke, über den massiven Solarzubau, negative Preise und PPAs. Er gibt auch einen Einblick, was sich mit dem neuen Eigentümer Shell ändert.
02.08.2024

Mark Lindenberg ist seit Anfang 2023 in der Geschäftsführung von Next Kraftwerke.

Herr Lindenberg, wo lagen im ersten halben Jahr 2024 die Schwerpunkte bei Ihnen in der Direktvermarktung?

Unser Schwerpunkt lag klar im PV-Bereich, wo wir auch ein Wachstum verzeichnen konnten. Hier ist die Wettbewerbsintensität auch vergleichsweise hoch. Es kommen viele neue Solaranlagen hinzu. Bei der Biomasse wächst der Markt dagegen eher langsam. Allerdings gibt es hier neben der Direktvermarktung auch weitere Vermarktungsmöglichkeiten. Ein Großteil der Biogasanlagen entwickelt sich zu einer bedarfsorientierten Einspeisung hin. Biogasanlagen lassen sich hervorragend auf dem Regelleistungsmarkt vermarkten. Das Spektrum an Vermarktungsmöglichkeiten ist insgesamt größer als bei PV-Anlagen.

Geht der Trend bei Biogasanlagen zur flexiblen Fahrweise?

Ja. Wir werden irgendwann dahin kommen, dass hundert Prozent der Biogasanlagen flexibel fahren müssen. Wenn ich als Anlagenbetreiber bei einer Biogasanlage nach der zwanzigjährigen Förderdauer nochmal eine Anschlussförderung erhalten möchte, muss ich eine flexible Fahrweise ermöglichen. Das Gleiche gilt für Neuanlagen. Wir stellen aber fest, dass auch schon in der Vergangenheit einige Anlagen umgerüstet worden sind.

Auch Batteriespeicher ermöglichen Flexibilität. Wie sind Ihre Pläne hier?

Hier müssen wir zwischen Stand-Alone und Co-Location unterscheiden. Bei den alleinstehenden Speichern kann ich die komplette Klaviatur der flexiblen Vermarktung bespielen. Bei dieser Technologie bemerken wir unheimlich viel Bewegung im Markt. Die Liste der Projekte mit 50 MW oder 100 MW wird länger. Hier gehen wir sehr früh mit den Betreibern ins Gespräch und bieten auch eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung an. Bis es aber zur finalen Investitionsentscheidung, zum Bau und schließlich zum Betrieb kommt, vergeht noch viel Zeit.

Bei den Co-Location-Batteriespeichern, also der Kombination aus Speicher und PV-Anlage, hilft die Förderung der Innovationsausschreibung. Bei der Vermarktung von Co-Location-Anlagen können wir die Erfahrung, die wir bei flexiblen Anlagen und bei der PV gesammelt haben, in einem Produkt kombinieren. Unser Batterieportfolio wird daher ansteigen. Wir gehen davon aus, dass das Thema Batteriespeicher innerhalb der nächsten fünf Jahre weiter an Gewicht gewinnt.

Eine Herausforderung dürften die zunehmenden negativen Strompreise sein. Wie gehen Sie damit um?

Mich überraschen die negativen Preise nicht. Der PV-Zubau ist in vollem Gange. Das führt zu größeren Mengen unflexibler Leistung im Markt und dadurch kommt es häufiger zu negativen Preisen. Für die Betreiber ist das natürlich unschön, da sie nach vier bis sechs Stunden die Förderung verlieren. Als Flexibilitätsvermarkter regeln wir bei negativen Preisen die Anlagen möglichst ab. Das ist für die Betreiber wirtschaftlich dann die beste Option und für das Stromnetz ebenfalls, da wir durch das Abregeln Mengen aus dem Netz nehmen. Die verpflichtende Fernsteuerbarkeit ist ein wichtiges Instrument, um negative Preise zu verhindern oder einzudämmen. Dabei muss natürlich gewährleistet sein, dass die Anlagen nicht nur herunter-, sondern anschließend auch wieder hochgefahren werden können. Eine Anlage, die zuverlässig reagiert, ist uns deshalb in der Vermarktung am liebsten.

Welche Rolle spielen PPAs bei Ihnen in der Vermarktung?

Was Post-EEG-Anlagen angeht, betrifft das eher Windparks. Da sind wir momentan kaum tätig, wobei ich nicht ausschließen würde, dass das einmal interessant wird.

Im Photovoltaik-Bereich ist das für Anlagen mit einer geringen Förderhöhe interessant, die man aus der Förderung herausholt und dann ein Corporate PPA abschließt. Das ist in Deutschland derzeit der interessanteste Teil im PPA-Geschäft. Auch bei neuen Freiflächen-Solarparks sind CPPAs interessant. Hier sehen viele langfristige Verträge. Das ist eine Vermarktungsform, die auch Zukunft hat. Natürlich braucht es hier eine gewisse Mindestgröße von Anlagen, ab der sich PPAs lohnen.

Welche Möglichkeiten bietet Ihnen Shell als neuer Eigentümer?

Durch Shell haben wir die Möglichkeit, uns auch andere Anlagenklassen anzuschauen, wo wir früher nicht den betrieblichen Fokus hatten. Das betrifft etwa größere Anlagen. Auch bei PPA-Abschlüssen entwickeln wir uns weiter. Bei Batteriespeichern haben wir als Teil von Shell Zugang zu einem größeren Anlagensegment. Durch den neuen finanziellen Hintergrund können wir dem Anlagenbetreiber mehr Sicherheit bieten. Aber auch unabhängig von Shell beobachten wir die Marktentwicklung natürlich strategisch. Eine Erweiterung unseres Portfolios etwa um Offshore-Windparks oder um Solarparks im sechsstelligen Megawatt-Bereich ist durchaus denkbar. Mit dem PV-Park Witznitz und dem niederländischen Offshore-Windpark Hollandse Kust Noord haben wir auch bereits solche Anlagen in der Vermarktung.

Das Interview führte Julian Korb.

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