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BMP-Greengas-Insolvenz könnte Stadtwerke mindestens 150 Mio. Euro kosten

Ein VKU-Umfrage zeigt, wie stark die Branche betroffen ist und welche Folgen die Mengenkürzungen haben. Eine Insolvenz könnte die Wärmewende ausbremsen, mahnt Hauptgeschäftsführer Liebing.
03.08.2023

Mehrkosten entstehen den betroffenen Unternehmen unter anderem durch die Beschaffung bei anderen Lieferanten (68 Prozent), höhere Preise bei BMP Greengas (61 Prozent) oder dem Wegfall der EEG-Förderung (54 Prozent).

Die Schadenssumme der von dem Insolvenzverfahren des Biogashändlers BMP Greengas betroffenen Stadtwerke liegt bei mindestens 150 Mio. Euro. Das hat eine Ad-Hoc-Umfrage des VKU unter seinen Mitgliedsunternehmen ergeben, die Kunden von BMP Greengas sind. Insgesamt dürfte der Gesamtschaden aber im Laufe des Insolvenzverfahrens sich noch als deutlich höher herausstellen.

 „Die BMP-Greengas-Insolvenz hat das Potential, die Wärmewende auszubremsen. Betroffene Stadtwerke müssen nun ein Desaster ausbaden, das sie nicht zu verantworten haben, und dies vermutlich zulasten notwendiger Investitionen zum Erreichen der Klimaziele“, kritisiert VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing.

81 Prozent der betroffenen Stadtwerke gaben in der Umfrage an, dass die aktuelle Unsicherheit in Bezug auf Lieferungen von BMP Greengas ihre Umstellung auf eine klimaneutrale Wärmeversorgung gefährden würde. Wegen Lieferschwierigkeiten hatte BMP Greengas vielen seiner Kunden Neuverträge mit Mengenkürzungen zu oft deutlich höheren Preisen angeboten. 

Stadtwerke haben große Probleme, Ersatzmengen zu akzeptablen Preisen zu organisieren

Dies gilt auch für rund 87 Prozent der BMP-Kunden aus dem Stadtwerkebereich. Laut Umfrage sollen diese 40 Prozent weniger als die ursprünglich vertragliche vereinbarte Liefermenge erhalten, bei gleichzeitig höheren Preisen; im Durchschnitt 35 Prozent mehr.

Dreiviertel der betroffenen Stadtwerke können die wegfallenden Mengen nicht oder nur teilweise bei anderen Lieferanten kurzfristig beziehen, und wenn dann nur zu deutlich höheren Kosten. Die Hälfte der BMP-Greengas-Kunden aus dem Stadtwerkeverband hat die Neuverträge bisher abgelehnt, 25 Prozent waren noch in Verhandlung mit dem Biogashändler, 25 Prozent haben zugestimmt.

Mehrkosten entstehen den betroffenen Unternehmen unter anderem durch die Beschaffung bei anderen Lieferanten (68 Prozent), höhere Preise bei BMP Greengas (61 Prozent) oder dem Wegfall der EEG-Förderung (54 Prozent).

Liebing: "Kunden sind verständlicherweise sehr verärgert"

Bei vielen Stadtwerken ist schon für das laufende Kalenderjahr ein Schaden in einstelliger Millionenhöhe prognostiziert. Da die Lieferverträge überwiegend über mehrere Jahre abgeschlossen wurden, kumuliert sich der erwartete Gesamtschaden. So berichten einzelne Stadtwerke bereits jetzt von erwarteten Gesamtschäden in Höhe von jeweils 20 bis 60 Millionen Euro.

Dabei war gerade die langfristige Bindung Ausdruck des großen Vertrauens, das viele Stadtwerke in BMP Greengas wegen dessen Zugehörigkeit zum EnBW-Konzern gesetzt hatten.

„Kunden von BMP Greengas sind verständlicherweise sehr verärgert. Im Vertrauen auf die Bonität der mittelbaren EnBW-Tochter haben sie die ursprünglichen Lieferverträge abgeschlossen“, so Liebing. Er forderte erneut die Landesregierung Baden-Württemberg zum Eingreifen in der Causa BMP Greengas auf, einer mittelbaren Tochter der staatlichen EnBW. „Die Vorreiter der Wärmewende, die frühzeitig auf Biomethan gesetzt haben, werden nun bestraft. Das erzeugt mehr als Kopfschütteln“, sagt Liebing.

Wie hoch sind die Schadenersatzansprüche gegenüber Erdgas Südwest?

Unklar ist, welche Ansprüche noch aus dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag (BGAV) zwischen der EnBW-Tochter Erdgas Südwest und BMP Greengas bestehen. Dieser ist mit Einleitung des Insolvenzverfahrens aufgehoben.

Das Ausmaß der Ansprüche von BMP Greengas würde Erdgas Südwest finanziell überfordern. Um eine Insolvenz der Handelsgesellschaft zu vermeiden, wurde ein Restrukturierungsverfahren eingeleitet. Der Restrukturierungsplan sieht eine quotale Befriedigung der Ansprüche aus dem BGAV vor. Was aber passiert, wenn sämtliche betroffenen Gläubiger von BMP Greengas sich auf den BGAV berufen und auch Schadensersatzforderungen gegen die Mutter Erdgas Südwest geltend machen, ist noch nicht abzusehen.

Anfang dieser Woche hatte das Amtsgericht Karlsruhe das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung eröffnet. Damit hat BMP Greengas die Möglichkeit erhalten, sich im Rahmen des Insolvenzverfahrens zu sanieren. Bis Ende August müssen die Kunden nun ihre Schadenersatzforderungen zur Insolvenztabelle anmelden. Der VKU befürchtet, dass das zu Lasten vieler Stadtwerke geschieht. Einen vor wenigen Wochen erschienenen Kommentar der ZfK zum Thema BMP Greengas, der immer noch aktuell ist, finden Sie hier. (hoe)