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Entega-Chefin Wolff: "Nachhaltigkeit hilft im Wettbewerb um die besten Köpfe"

Nachhaltigkeit wird für Kunden und kommunale Gesellschafter immer wichtiger. Im ZfK-Interview spricht Marie-Luise Wolff auch über Herausforderungen und Chancen der Nachhaltigkeitsberichtertstattung und das konzernweite Nachhaltigkeitsmanagement.
06.01.2023

Marie-Luise Wolff ist seit Juli 2013 Vorstandsvorsitzende der Darmstädter Entega AG, seit Juni 2018 ist sie Präsidentin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW).

Die Entega gilt als Vorreiter beim Ökostromvertrieb und hat sich von einem klassischen Energieversorger zu einem nachhaltigen Anbieter von Energielösungen entwickelt. In diesem Jahr unterstützt das kommunale Unternehmen erstmals den ZfK-NachhaltigkeitsAWARD als Sponsor, weitere Sponsoren sind die DKB und die Stuttgarter Strategieberatung Steilpass. Mit dieser Auszeichnung zeichnet unsere Zeitung jährlich Vorzeigeprojekte kommunaler Unternehmen aus dem Bereich Klima-, Umwelt- und Ressourcenschutz aus. Bis 22. Januar können noch Bewerbungen eingereicht werden, alle wichtigen Infos dazu gibt es hier. Die Preise werden am 11. Mai im Rahmen einer eigenen Nachhaltigkeitskonferenz verliehen.

In kommunalen Unternehmen findet die Zukunft statt
und das sollte einer breiten Öffentlichkeit klargemacht werden.

Frau Wolff, die Entega engagiert sich erstmalig als Sponsor beim ZfK-NachhaltigkeitsAWARD. Was wollen Sie mit Engagement erreichen?
Marie-Luise Wolff: Kommunale Unternehmen sind für mich die wichtigsten Akteure auf unserem Weg zu einer enkeltauglichen Gesellschaft. Sie kümmern sich um die Energie- und Trinkwasserversorgung, den ÖPNV, den öffentlichen Wohnungsbau, die Telekommunikationsnetze, um die Abfallentsorgung und die Abwasserreinigung. Hier findet Zukunft statt und das sollte einer breiten Öffentlichkeit klargemacht werden.

Der ZfK-Nachhaltigkeitsaward lenkt die dafür notwendige Aufmerksamkeit auf die kommunalen Unternehmen, die sich besonders für den Klima-, Umwelt- und Ressourcenschutz einsetzen. Dies möchten wir unterstützen. 

Die Entega engagiert sich seit Längerem im Bereich Nachhaltigkeit, das Thema gehört seit langem zur DNA des Unternehmens. Wie ist es dazu gekommen?
Die Wurzeln unseres Unternehmens reichen bis ins Ende des 19. Jahrhunderts zurück.  Wer so lange die Menschen zuverlässig mit lebensnotwendigen Dingen wir Strom-, Gas- und Trinkwasser versorgt, weiß was verantwortungsvolles Handeln bedeutet. 1999 haben wir als eines der ersten Unternehmen in Deutschland mit der NATURpur Energie einen eigenständigen Ökostromvertrieb gegründet und diesen später in die Entega integriert.

Seitdem haben wir uns von einem klassischen Energieversorger zu einem nachhaltigen Anbieter von Energielösungen entwickelt. Heute zählen wir nicht nur zu den größten Lieferanten von Ökostrom und Ökogas in Deutschland, sondern sind mit unserem gesamten Produkt- und Dienstleistungsportfolio auf den Klima- und Ressourcenschutz ausgerichtet und dürfen uns ganz offiziell „Wegbereiter der Energiewende“ nennen.

Gerade bei unseren kommunalen Anteilseigner*innen
gibt es ein großes Bewusstsein für Nachhaltigkeit.

Welche Bedeutung hat das Thema Nachhaltigkeit für die Kunden und Gesellschafter der Entega, welche Bedeutung hat es aber auch für Arbeitgeberattraktivität?
Immer mehr Kundinnen und Kunden hinterfragen kritisch ihren eigenen Konsum. Welchen ökologischen Fußabdruck hinterlasse ich? Diese kritischen und aufgeklärten Menschen fragen nicht nur, welche Qualität beispielsweise der Ökostrom hat, sondern wie glaubwürdig und engagiert ist das Unternehmen, das mir diesen Strom liefert? Unsere Aktionäre sind überwiegend die Kommunen und Landkreise in Südhessen – allen voran die Wissenschaftsstadt Darmstadt. Gerade bei unseren kommunalen Anteilseigner*innen gibt es ein sehr großes Bewusstsein für Nachhaltigkeit und auch konkrete Anforderungen in diese Richtung.

Auf dem Arbeitsmarkt gibt es einen harten Wettbewerb um hochqualifizierte Fachkräfte – insbesondere in den technischen Berufen. Für viele dieser High Potentials ist es von großer Bedeutung, welchen Beitrag sie für eine bessere Welt leisten können. Unternehmen wie die Entega bieten diese Menschen viele Möglichkeiten, ihr Know-how sinnvoll und zukunftsfördernd einsetzen zu können. Diese Sinnhaftigkeit unserer Arbeit hilft uns im Wettbewerb um die besten Köpfe.

Die Entega hat sich einen konkreten Fahrplan hin zur Klimaneutralität erarbeitet. Das ist eine riesige Herausforderung.

Die Entega hat in diesem Jahr ihren 12. Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht. Was ist der Mehrwert der Nachhaltigkeitsberichterstattung für ein kommunales Unternehmen? Und wo wollen Sie sich künftig konkret weiter verbessern?
Hinter dem Nachhaltigkeitsbericht steht ein komplexes Nachhaltigkeitsmanagement. Alleine die systematische Erfassung von Energieverbräuchen und die Berechnung von Treibhausgasemissionen ist ein Wert an sich. Wenn sie wissen, wo welche Energieverbräuche stattfinden, können sie diese Verbräuche besser steuern und verringern. Das hilft nicht nur dem Klima, sondern ist ein konkreter Beitrag zum ökonomischen Erfolg. Je deutlicher die Folgen des Klimawandels werden, umso stärker wird der ökonomische und regulatorische Druck auf die Unternehmen, sich klimafreundlich zu verhalten.

Nachhaltigkeitskennzahlen werden zudem bei der Finanzierung von Projekten immer wichtiger dafür, welche Konditionen sie erhalten. Nachhaltigkeitsmanagement dient in diesem Umfeld der Risiko- und Kostenminimierung. Und übrigens: War die Nachhaltigkeitsberichterstattung bislang freiwillig, wird sie zukünftig mit der kürzlich vom EU-Parlament beschlossenen Corporate Sustainability Reporting Directive zur Pflicht für Unternehmen. Wohl dem, der bereits ein etabliertes Nachhaltigkeitsmanagement hat. Wir haben uns für die Zukunft viel vorgenommen, haben die Sustainable Development Goals der UN in unsere Berichterstattung integriert und haben uns einen konkreten Fahrplan hin zur Klimaneutralität erarbeitet. Vor allen Dingen Letzteres ist eine riesige Herausforderung.

Nachhaltigkeitsmanagment hilft Prozesse effizienter zu machen
und potenziell kritische Themen frühzeitig zu erkennen.

Nachhaltigkeit ist ein Thema, das die ganze Organisation miteinbezieht. Sie haben ein konzernweites Nachhaltigkeitsmanagement mit 50 Nachhaltigkeitsbeauftragten installiert. Wie anspruchsvoll ist die organisatorische Umsetzung und Durchdringung eines Konzerns mit diesem Thema?
Die größte Herausforderung ist die Einführung des Nachhaltigkeitsmanagements. Wie kommen Sie über die verschiedenen Unternehmensbereiche und Tochtergesellschaften hinweg an die notwendigen Daten? Wie lassen sich diese effizient erfassen und verarbeiten? Wer sind die richtigen Ansprechpartner im Unternehmen? Welches sind die relevanten Themen für die Berichterstattung? Wenn Sie all diese Fragen erfolgreich beantwortet haben und das System läuft, dann haben Sie die größte Hürde überwunden. Aber das braucht Zeit und Knowhow. Wenn sich alles gut eingespielt hat, dann profitieren Sie von Ihrem Nachhaltigkeitsmanagement. Es hilft Ihnen Prozesse effizienter zu machen, potenziell kritische Themen frühzeitig zu erkennen, Risiken zu minimieren und Transparenz nach innen und nach außen zu schaffen. (Die Fragen stellte Hans-Peter Hoeren)