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Solar-Offensive in Mainz: "Von 30 Anfragen pro Monat, auf bis zu 50 pro Tag"

Sehr gute Ergebnisse im Erzeugungsbereich, hohe operative Verluste in der Wärmesparte: Die Mainzer Stadtwerke trotzen der Energiekrise und können das Jahresergebnis steigern.
17.07.2023

Blicken auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr 2022 zurück: Das Vorstandsduo der Mainzer Stadtwerke (von rechts) Daniel Gahr und Tobias Brosze.

Dank ihres großen Energie-Erzeugungsportfolios mit Anlagen sowohl im konventionellen als auch im erneuerbaren Bereich und sehr guten Ergebnissen im Immobiliengeschäft haben die Mainzer Stadtwerke das Geschäftsjahr 2022 über Plan abgeschlossen.

Unterm Strich konnte der zu 100 Prozent kommunale Energieversorger das Jahresergebnis nach Zahlung von Steuern und Abgaben auf rund 24,5 Millionen (2021: 22,9 Mio.) Euro steigern. Im positiven Jahresergebnis der Stadtwerke ist der Ausgleich des Nahverkehrsverlustes der Mainzer Verkehrsgesellschaft (MVG) von etwa 17,7 Millionen Euro durch die Stadtwerke bereits berücksichtigt.

Insbesondere die Ergebnisse aus der Erzeugungssparte halfen dabei, hohe operative Verluste bedingt durch die Energiekrise in der Wärme-Sparte zu überkompensieren. Der Grund für das Defizit in diesem Bereich: Die Abgabepreise für die Wärme waren im vergangenen Jahr noch relativ stabil für die Kundinnen und Kunden, der Energieeinkauf für die Wärmegesellschaften der Mainzer Stadtwerke wurde aber massiv teurer.

Stadt leistet Sonderunterstützung für ÖPNV

Profitiert hat das Unternehmen im vergangenen Jahr zudem von einer finanziellen Sonderunterstützung der Stadt in Form des sogenannten „Sommerpakets“. Die Stadt Mainz unterstützte das kommunale Unternehmen hierbei in Höhe von 50 Mio. Euro für den Ausbau des ÖPNV und die Sanierung des Taubertsbergbades.

„Vor dem Hintergrund der extremen externen Einflüsse bewerten wir das 2022er Geschäftsergebnis, das deutlich über dem Wirtschaftsplan liegt, mehr als positiv“, verdeutlichte Daniel Gahr, der Vorstandsvorsitzende der Mainzer Stadtwerke.

„Es ist nach wie vor ein großer Vorteil, dass unsere Unternehmensgruppe solide auf mehreren Beinen steht. Wenn es in einem Geschäftsbereich eine wirtschaftliche Eintrübung gibt, dann kann das durch andere Geschäftszweige in der Regel kompensiert werden“, ergänzte der stellv. Vorstandsvorsitzende Tobias Brosze. Der Technische Vorstand hatte Ende vergangener Woche seinen Wechsel zum Infrastrukturinvestor Palladio bekannt gegeben. Ob dieser noch im laufenden Jahr oder erst 2024 erfolgen wird, ist noch offen.

Vertriebsgesellschaft steigert das Ergebnis

Dank des positiven Jahresergebnisses ist das Eigenkapital der Stadtwerke weiter angestiegen. Es erhöhte sich um 21,5 Millionen Euro auf nunmehr 327,4 Millionen Euro. Die Eigenkapitalquote stieg damit auf 39,9 Prozent, 2021 hatte diese noch 39,2 Prozent betragen.

Die Vertriebsgesellschaft der Mainzer Stadtwerke (MSVS) hat die Energiekrise nach eigenen Angaben mit einem besseren Ergebnis als im Vorjahr abgeschlossen. Mittlerweile beziehen etwa 16 500 Privat- und Gewerbekundinnen und -kunden Energie von der MSVS. Die Angebote im Bereich E-Mobilität reichten von Ladestrom und Wallboxen für zu Hause bis zu komplexen Lösungen mit individuellem Lastmanagement für Gewerbekunden.

Wärme-Masterplan 2.0 soll im Spätsommer/Herbst stehen

Gut angenommen von der Bevölkerung wurde die Solaroffensive zur Nutzung von Dächern und Balkonen in der Stadt. Diese wird ein Förderprogramm zur Unterstützung von Anschaffungen von PV-Anlagen flankiert. „Früher hatten wir etwa 30 Anfragen für die Anmeldung von Solaranlagen in unserem Netzgebiet pro Monat – heute sind es 30 bis 50 am Tag“, erklärte Tobias Brosze im Geschäftsbericht.

Ein Großteil sei sicher auf die attraktive finanzielle Förderung der Mainzer Stiftung Klimaschutz und Energieeffizienz bei der Anschaffung von PV-Anlagen zurückzuführen, ein Teil aber womöglich auch auf das geänderte Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger.

Auch im Bereich Wärmewende arbeitet der Kommunalversorger mit Hochdruck an einem Masterplan 2.0. Dieser soll im Spätsommer/Herbst veröffentlicht werden. Er soll Vorschläge enthalten, in welchen Gebieten oder Stadtteilen die Experten künftig welche Wärmeversorgung für sinnvoll erachten.

„Die drei großen Fragen werden sein: Welche Gebiete eignen sich mehr oder weniger flächig für die Versorgung mit Fernwärme? Wo sind eher Wärmepumpen und damit eine dezentrale Versorgung die Technologie der Wahl oder wo könnten andere Versorgungsarten inklusive Wasserstoffnetzen genutzt werden“, erklärte Brosze.

Zahl der Ausbildungsplätze soll erhöht werden

Eine große Herausforderung für das Unternehmen bleibt nach eigenen Angaben der Fachkräftemangel.  „Im Rhein-Main-Gebiet wird der Arbeitsmarkt immer mehr zu einem Arbeitnehmermarkt“, führte Daniel Gahr aus. Man merke das daran, dass es quer durch die Unternehmensgruppe – ob in kaufmännischen oder technischen Bereichen – länger dauere, Stellen wieder zu besetzen. Um dieser Herausforderung zu begegnen, soll unter anderem die Anzahl der Ausbildungsplätze erhöht werden. (hoe)