Wasser

Dresden verdoppelt Investitionen in Abwasserbeseitigung

Bevölkerungszuwachs, neue Halbleiterfabriken und höhere EU-Anforderungen an Abwasserwerte stellen die Stadtentwässerung Dresden vor Herausforderungen.
29.07.2024

Die Stadtentwässerung Dresden rechnet bis 2030 mit einer Verdopplung der Abwässer aus Industrie und Gewerbe. Im Bild die Kläranlage Dresden-Kaditz.

Laut mehrerer Medien plant die Stadtentwässerung Dresden (SEDD) bis 2038 Investitionen von über 630 Mio. Euro in die Erweiterung und Modernisierung ihrer Abwasseranlagen. Die jährlichen Ausgaben von 45 Mio. Euro verdoppeln nahezu das bisherige Budget.

In Oktober letzten Jahres hatte die SEDD das Abwasserkonzept „Dresden 600“ entwickelt. Im Juni dieses Jahres starteten nun die Planungen für die Erweiterung der Abwasserbehandlung auf der Kläranlage Dresden-Kaditz. In den nächsten Monaten setzen die beauftragten Ingenieurbüros die vom Dresdner Stadtrat bestätigten Konzepte in konkrete Planungen um und schaffen u. a. die Voraussetzungen für die Ausschreibung der erforderlichen Bauleistungen.

Zunehmende Bevölkerung

Aus diesem Anlass berichtete die Dresdner Umweltbürgermeisterin, Eva Jähnigen, während eines Pressetermins im Klärwerk Dresden-Kaditz über die Hintergründe des Investitionsprogramms. Ralf Strothteicher, Technischer Geschäftsführer der SEDD, und Kirsten Bollrich, Projektleiterin Ausbau Kläranlage, erläuterten anschließend die konkreten Ausbaupläne für das Klärwerk Kaditz und weiterer Abwasseranlagen.

In Dresden werden laut einer Bevölkerungsprognose aus dem Jahr 2023 bis 2040 rund 603.000 Einwohner leben. Derzeit sind es rund 570.000 Einwohner.

Stark wachsender Wirtschaftsstandort

Insbesondere die Halbleiterindustrie boomt in Dresden. Die Stadtentwässerung Dresden rechnet bis 2030 mit einer Verdopplung der Abwässer aus Industrie und Gewerbe von aktuell zehn Millionen Kubikmetern (17 Prozent vom Gesamtzulauf Kläranlage Kaditz) auf dann 20 Mio. Kubikmeter pro Jahr. Durch diese Mengen kommt es zu einem (wenn auch nicht proportionalen) Zuwachs bei den Schmutzfrachten. Außerdem setzt die novellierte EU-Kommunalabwasserrichtlinie (KARL) höhere Standards und fordert erhebliche Investitionen und Anpassungen in der Wasserwirtschaft.

Ein wesentlicher Bestandteil des Abwasserbeseitigungskonzepts ist der Bau des Industriesammlers Nord, ein elf Kilometer langer Kanal für die Abwässer der Chipproduktion, sowie die Erweiterung der Kläranlage Kaditz, um die steigenden Abwassermengen zu bewältigen. Darüber hinaus beinhaltet das Konzept Maßnahmen zur Energieeffizienz, zur Erhöhung des Anteils regenerativer Energien und zur Reduktion von CO2-Emissionen und Mikroschadstoffen im Abwasser, um den Klima- und Umweltschutz zu stärken.

Industriekanal für Halbleiterindustrie

Mit der neuen Infineon-Chipfabrik und dem geplanten Werk des taiwanesischen Chipherstellers TSMC wäre das vorhandene Kanalnetz überlastet. Deshalb baut die Stadtentwässerung für rund 70 Mio. Euro bis 2026 einen rund zehn Kilometer langen Hauptkanal vor allem für die Abwässer der Mikroelektronik-Betriebe, den Industriesammler Nord.

Der führt vom Klärwerk zu den Gewerbegebieten in Rähnitz und an der Königsbrücker Straße. In allen Bauabschnitten haben die Arbeiten bereits begonnen. Lediglich ein Teilabschnitt wird nach 2026 gebaut, nämlich der Anschluss von Infineon entlang der Königsbrücker Straße.

Mehr Stauraum zum Gewässerschutz

Regnet es stark, wird derzeit Mischwasser in fünf Regenüberlaufbecken zurückgehalten. So läuft es nicht in die Elbe oder andere Gewässer über und belastet sie. Außerdem wird mit elf Steuerbauwerken das Speichervolumen des Kanalnetzes genutzt. In den Regenüberlaufbecken und im Kanal können derzeit rund 95.000 Kubikmeter Abwasser angestaut werden.

Geplant ist, zwischen 2032 und 2038 unter anderem neun Regenüberlaufbecken in Dresden zu errichten. Sie sollen ein Speichervolumen von bis zu 40.000 Kubikmeter haben. Gebaut werden soll besonders in der Stadtmitte, wo zwei Regenüberlaufbecken geplant sind, die insgesamt 28.000 Kubikmeter fassen, und ein Steuerungsbauwerk.

Neuer Gasspeicher

Da die beiden vorhandenen Faultürme immer besser arbeiten und mehr Biogas erzeugen, soll 2025 ein zweiter 5000 Kubikmeter fassender Gasspeicher für rund 2,5 Mio. Euro errichtet werden. Ein weiterer Gasometer ist nötig, damit auch in Spitzenzeiten immer genügend Gas für die Blockheizkraftwerke zur Verfügung steht, mit denen schon jetzt 87 Prozent der Energie für das Klärwerk Kaditz selbst erzeugt werden.

Damit diese Anlagen auf dem neuesten Stand sind, werden 2024 und 2025 insgesamt rund drei Millionen Euro in die Erneuerung von zwei Blockheizkraftwerken investiert. Die SEDD verfügt dann über vier BHKW (bisher drei).

Neue Becken und dritter Faulturm

Im Juni 2023 sind die Planungen für die Erweiterung der Abwasserbehandlung auf der Kläranlage gestartet. Das Herzstück des Klärwerks, die biologische Reinigung, soll ausgebaut werden. Die Belebungs- und Verteilerbecken fassen insgesamt 144.000 Kubikmeter. Geplant sind zwei weitere Belebungsbecken, die 32.000 Kubikmeter fassen. Vorgesehen ist auch eine weitere Gebläsestation, die die nötige Luft zu den Becken befördert. Die Bauarbeiten, für die rund 13 Mio. Euro vorgesehen sind, sollen 2026 beginnen und 2028 abgeschlossen werden.

Parallel dazu werden ab 2027 die vorhandenen sechs Nachklärbecken bis 2029 für zirka 34 Mio. Euro durch zwei weitere ergänzt. Geplant ist außerdem, von 2028 bis 2030 in der Schlammbehandlung einen dritten Faulturm zu errichten. Investition: 17 Mio. Euro.

Neue Einlaufgruppe und 4. Reinigungsstufe

In einem weiteren Schritt sollen zwischen 2030 und 2036 Anlagen und Gebäude neu gebaut oder ersetzt werden. Am Zulauf zur Kaditzer Kläranlage kommt immer mehr Abwasser an. Das ist das hydraulische Nadelöhr der Kläranlage Kaditz. Deshalb soll eine neue, leistungsfähigere Einlaufgruppe mit Sandfang, Rechen und Pumpwerk auf der früheren Vonovia-Fläche vor dem Klärwerk gebaut werden.

Die hatte die Stadt im Jahre 2019 zum Zwecke der Erweiterung der Kläranlage erworben. Da dortige Grundstücke noch vermietet sind, kann der Bau nicht früher beginnen. In den denkmalgeschützten Gebäuden der bisherigen Einlaufgruppe ist der Bau einer leistungsfähigeren Einlaufgruppe nicht möglich.

Geplant ist, auf der Fläche neben den Nachklärbecken von 2033 bis 2036 die Anlagen der vierten Reinigungsstufe zu bauen. Dafür müssen ein Bürohaus, die Fahrzeughalle und die Schlosserei weichen. Sie sollen auf der früheren Vonovia-Fläche neu errichtet werden. Ist dies geschehen, können die alten Gebäude abgerissen und die Anlagen der vierten Reinigungsstufe gebaut werden. (hp)