Immer mehr Wasserversorger sind von Ewigkeitschemikalien betroffen

Podiumsdiskussion beim 4. PFAS-Forum: Zweiter von links ist der Veranstalter, Olaf Kaspryk, Geschäftsführer Stadtwerke Rastatt.
Bild: © Stadtwerke Rastatt
Von Elwine Happ-Frank
Seit 13 Jahren kämpfen die Stadtwerke Rastatt gegen eine Verunreinigung des Trinkwassers mit PFAS. Gezwungenermaßen sind sie auf diese Weise zu einem Vorreiter geworden. Das kommunale Unternehmen führt regelmäßig Veranstaltungen durch, die zu den wichtigsten Kongressen in diesem Bereich zählen.
Am Mittwoch fand das 4. PFAS-Forum in Rastatt statt, an dem 70 Experten teilnahmen. Das Thema findet national und international immer mehr Beachtung, denn immer mehr Versorger sind davon betroffen.
Patricia Klatt und Nadja Tausche, Wissenschaftsjournalistinnen und Mitglieder der Recherchekooperation PFAS, gaben einen Überblick über PFAS-Schadensfälle in Mittelbaden und Deutschland. Ihre bisherigen Untersuchungen lassen befürchten, dass noch viel mehr Fälle ans Licht kommen werden.
Das könnte weitere, sehr hohe Kosten verursachen. Denn schon die Behebung der heute bekannten PFAS-Fälle in Deutschland könnten bis zu 17 Milliarden Euro kosten, wie Szenarien ergeben haben.
EU nimmt sich der Thematik an
Juristisch sind die Verursacher schwer zur Verantwortung zu ziehen. Die Zivilklage der Stadtwerke Rastatt gegen einen Komposthändler, der belastete Papierschlämme in Verkehr brauchte, läuft seit sechseinhalb Jahren. Im Oktober 2025 steht die nächste Verhandlung an. Im Fokus steht ein gerichtlich bestelltes Gutachten.
Über Perspektiven für den Umgang mit PFAS im Recht referierte auf dem Forum Wolfgang Köck vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), insbesondere im Stoffrecht, im Wasserrecht und im Haftungsrecht. Seinen Ausführungen nach bleibt die nachgeschaltete Reinigung und Sanierung auch zukünftig ein wichtiger Bereich der PFAS-Politik. Aber auch die Etablierung von kollektiven Haftungssystemen, die durch eine verursacherbezogene nichtsteuerliche Abgabe gespeist werden, sollte zu einem Baustein werden.
Martin Scheringer von der ETH Zürich gab einen Überblick über die Verwendungen von PFAS und die damit verbundenen Belastungen für Mensch und Umwelt sowie über die Suche nach Alternativen. Er verwies vor allem auf die gravierenden Probleme, welche dadurch ausgelöst worden sind – Gesundheit, Umwelt und Kosten.
Die Verwendung von bestimmten PFAS der insgesamt mehr als 10.000 Substanzen umfassenden Stoffgruppe wurde von der EU bereits verboten oder eingeschränkt. "Dort gehört das Thema auch hin", sagt Olaf Kaspryk, Geschäftsführer der Stadtwerke Rastatt, und ergänzt: "Die Gefährdung für die Wasserversorgung ist grenzüberschreitend."
Unterschiedliche Meinungen zu PFAS-Verbot
Aktuell wird in der EU und auch in Deutschland über ein generelles Verbot diskutiert. Auch wenn sich die Wissenschaft in der Bewertung der Schädlichkeit der sogenannten Ewigkeitschemikalien weitgehend einig sind, pocht die Wirtschaft auf die Nutzung der Substanzen. Denn in vielen Anwendungen, zum Beispiel in der Medizintechnik, haben sie große Vorteile.
Zumindest für die Wasserwirtschaft nimmt die novellierte Trinkwasserverordnung, die seit 2023 in Kraft ist und erstmals Grenzwerte für bestimmte PFAS-Substanzen ab Januar 2026 vorschreibt, das Gefährdungspotenzial in den Blick.
Hier wurden einige europäische Vorgaben, die für den Trinkwasserschutz entscheidend sind, in nationales Recht umgesetzt. Dazu zählen die Einführung eines risikobasierten Trinkwasserschutzes und die Ausweitung der chemischen Überwachung auf bestimmte PFAS in zwei Stufen.
Stufe 1 der neuen Grenzwerte für PFAS gilt ab Januar 2026. Schon diese Vorgabe stellt viele Trinkwasserversorger aktuell vor große Herausforderungen, da sie bis dahin technisch in der Lage sein müssen, bei Bedarf PFAS aus dem Rohwasser zu entfernen oder die Versorgung mit einwandfreiem Trinkwasser anderweitig sicherstellen zu können. Das bedeutet für die meisten Versorger: Sie müssen für den Fall der Fälle entsprechende Aufbereitungsanlagen in ihren Wasserwerken installieren und betriebsbereit halten.
Erfahrungen in Rastatt
Die Stadtwerke Raststatt sind aufgrund ihrer besonderen Problematik bereits dafür vorbereitet. Sie haben ihre Wasserwerke mit hochwirksamen Filteranlagen zur Entfernung von PFAS ausgestattet und ein umfassendes Monitoring installiert. Außerdem haben sie ihre Filteranlagen mit einer Nachbarkommune vernetzt, um sich im Notfall gegenseitig helfen zu können.
Bitterer Beigeschmack: Die Maßnahmen zur Bekämpfung der PFAS-Verunreinigung haben das Unternehmen bisher schon knapp 28 Millionen Euro gekostet. Die Ausgaben werden bislang über den Trinkwasserpreis von den Verbraucherinnen und Verbrauchern Rastatts getragen.
Über die eigene Betroffenheit hinaus lag die Motivation der Stadtwerke Rastatt für ihr Engagement von Anfang an darin, Geschädigte und Experten mit dem Ziel zusammenzubringen, technische Lösungen für die PFAS-Entfernung zu entwickeln, Gesetzeslücken zu schließen, und so einen besseren Schutz für Mensch und Umwelt zu erwirken. So hat das Unternehmen durch seine Aktivitäten auch dazu beigetragen, dass sich die EU-Kommission mit PFAS befasst.