Wasser

Geplante Düngeverordnung sorgt für Streit zwischen Mainz und Berlin

Die Umweltministerin von Rheinland-Pfalz befürchtet wegen der Drosselung der zulässigen Stickstoff-Mengen das Aus für den ökologischen Gemüsebau.
05.05.2019

Mit der Düngeverordnung soll die hohe Nitratbelastung in Regionen mit intensiver Landwirtschaft verringert werden.

Mit Sorge erwarten vor allem Gemüsebauern die Vorgaben der geplanten Düngeverordnung der Bundesregierung – scharfe Kritik am Entwurf kommt aus Rheinland-Pfalz. Die Umsetzung benachteilige Ökobetriebe, so Umweltministerin Ulrike Höfken (Grüne). Nicht zufrieden mit der bisherigen Fassung ist auch der rheinland-pfälzische Agrarminister Volker Wissing (FDP) – unter dessen Vorsitz forderte die Agrarministerkonferenz im April in Landau unter anderem, dass "regionale Besonderheiten und spezielle Produktionsweisen berücksichtigt werden" müssten.

Das Bundeslandwirtschaftsministerin von Julia Klöckner (CDU) weist die Kritik zurück. Mit der Düngeverordnung soll die hohe Nitratbelastung in Regionen mit intensiver Landwirtschaft verringert werden. Die Umsetzung der Nitratrichtlinie und die Anpassung der Düngeverordnung laut EU-Vorgaben stehen auch auf der Tagesordnung der Umweltministerkonferenz, die an diesem Mittwoch in Hamburg beginnt. Eine erste Neufassung der Düngeverordnung aus dem Jahr 2017 wurde vom Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) als nicht ausreichend bewertet.

Verhandlungen noch nicht abgeschlossen

Verhandlungen des Bundesagrarministeriums mit dem Bundesumweltministerium, der EU-Kommission und den Bundesländern zur Umsetzung des EuGH-Urteils sind noch nicht abgeschlossen, wie eine Sprecherin des Bundeslandwirtschaftsministeriums betont.

Die neue Verordnung soll laut Mainzer Umweltministerium unter anderem festlegen, dass die Menge an Stickstoff je Bewirtschaftungseinheit nicht mehr als 170 Kilogramm pro Hektar und Jahr betragen darf. Die bisherige Verordnung von 2017 nennt noch Stickstoffbedarfswerte von 310 Kilogramm für Brokkoli oder 300 Kilogramm für Blumenkohl während einer Anbauperiode.

"Verordnung differenziert nicht zwischen Düngearten"

"Für Öko-Gemüsebaubetriebe würde diese Regelung das wirtschaftliche Aus bedeuten", erklärte Umweltministerin Höfken in der Antwort auf eine Landtagsanfrage der Grünen-Fraktion. In der Folge könnten viele Kulturen wie Blumenkohl, Brokkoli oder Spinat nicht mehr angebaut werden. Auch könnte der Anbau von jährlich zwei bis drei Kulturen auf einer Fläche mit kurzer Dauer von der Aussaat bis zur Ernte – etwa Radieschen oder Salate – kaum noch möglich sein.

Das Mainzer Umweltministerium kritisiert, dass die Verordnung nicht zwischen Düngearten differenziere. Bei einer Gründüngung mit dem Anbau von Leguminosen wie Klee oder Wicken wird der Boden ebenso mit Stickstoff angereichert wie bei einer Düngung mit natürlichem Kompost oder mit chemisch-synthetischen Düngemitteln.

Ökobetriebe sollen Wahlmöglichkeit erhalten

"Grundsätzlich besteht auch im ökologischen Gemüseanbau bei einer hohen Zufuhr von Stickstoff die Gefahr des Austrags von Nitrat ins Grundwasser, so dass auch hier Anstrengungen für den Gewässerschutz zu unternehmen sind", erklärte eine Sprecherin des Bundesministeriums für Landwirtschaft.

In Verhandlungen mit dem Bundesumweltministerium sei eine Verständigung erreicht worden, dass Ökobetriebe in belasteten Gebieten künftig eine Wahlmöglichkeit haben sollten: Die Betriebe könnten dann zwischen einer 170-Kilogramm-Grenze für den Schlag – also dem einheitlich bewirtschafteten Teil eines Feldes – oder einer 140-Kilogramm-Grenze im Betriebsdurchschnitt wählen. "Mit diesem Ansatz dürfte den Sorgen des ökologischen Gemüseanbaus weitgehend Rechnung getragen werden."

Schutz des Grundwassers "jahrzehntelang verschlafen"

"Wenn wir weiterhin unsere Zwiebeln und Möhren regional und in Bio-Qualität kaufen wollen, muss Frau Klöckner ihre unausgegorenen Vorschläge zur Düngemittelverordnung anpassen", forderte hingegen die landwirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Jutta Blatzheim-Roegler. Das Bundeslandwirtschaftsministerium habe den Schutz des Grundwassers und der Oberflächengewässer wie Flüsse, Bäche und Seen vor hohen Nitratbelastungen jahrzehntelang verschlafen "und will ihn jetzt in einer Hauruckaktion zum Nachteil des Ökolandbaus durchsetzen". (dpa/hil)