Strom

„Atmender Deckel“ bedroht PV-Ausbau

Nicht nur die zähe Umsetzung des Klimapakets der Bundesregierung hemmt die Solarbranche massiv, auch kleinere Anlagen müssen ohne Novellierung des EEG künftig um ihre Förderung bangen.
18.03.2020

Während Anlagenbetreiber von Freiflächen und Projekten über 750 kWp für die Abschaffung des Solardeckels kämpfen, könnten auch Privathaushalte bald zu kämpfen haben, um ihre Anlage noch wirtschaftlich betreiben zu können.

Die Solarbranche kämpft seit Monaten dafür, dass der 52-GW-Deckel endlich fällt, denn die Zeit drängt, schon binnen weniger Wochen könnten die noch offenen 2 GW erreicht sein und damit die EEG-Förderung für PV-Anlagen über 759 kWp wegfallen. Neben dieser Hürde könnte alerdings auch der „atmende“ Deckel, der die Vergütung kleinerer Anlagen regelt, bald für Unbehagen bei Betreibern sorgen.

Eine neue Studie der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin hat errechnet, dass der flexible Zubaudeckel, wie er für Anlagen unter 750 kWp gilt, in wenigen Monaten dazu führen könnte, dass die Einspeisevergütung für PV-Dachanlagen deren Stromerzeugungskosten unterschreitet.

Der „atmende“ Deckel sieht vor, dass die Einspeisevergütung um 0,5 Prozent pro Monat abnimmt, solange sich der Zubau im definierten jährlichen Korridor von 2,4 bis 2,6 GW befindet. Wird jedoch mehr oder weniger Leistung als vorgesehen installiert, steigt oder fällt auch auch die Degression. Für die Berechnung des jährlichen Zubaus wird die installierte Leistung der vergangenen sechs Monate mit zwei multipliziert.

Diese Abhängigkeit vom Zubau wird laut den HTW-Forschern massive Auswirkungen auf die Vergütungssätze haben. Vor allem die rein netzeinspeisenden PV-Anlagen wird es hart treffen, wie Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme an der HTW erklärt: „Neue PV-Projekte auf Wohngebäuden oder Gewerbebetrieben, in denen der erzeugte Solarstrom vor Ort nicht oder nur in geringem Umfang genutzt werden kann, stehen dann vor dem Aus.“

Aus Sicht der Wissenschaftler sei der vor Jahren eingeführte „atmende“ Deckel nicht mehr zeitgemäß, da ein höherer PV-Zubau aufgrund des Fachkräftemangels in der Solarbranche perspektivisch zu steigenden Preisen führen wird. „Das Aussetzen der Degression der Einspeisevergütung ist für den weiteren PV-Ausbau, mindestens bis zu einem Zubau, der im Einklang mit den Pariser Klimaschutzzielen steht, zwingend erforderlich“, sagt Quaschning. Darüber hinaus sollte eine Anhebung der Einspeisevergütung in Betracht gezogen werden, um einen Anreiz für einen schnellen PV-Ausbau zu schaffen, der den Herausforderungen des Klimawandels gerecht wird. (ls)