Strom

Wirbel um Überwachung in chinesischen Wechselrichtern

Verdächtige Funkmodule alarmieren die US-Behörden. Auch in Deutschland ist der Einfluss chinesischer Hersteller enorm, wie Marktzahlen verdeutlichen.
15.05.2025

In den USA sollen verdächtige Komponenten in den Wechselrichtern von Solarpanels gefunden worden sein. (Symbolbild)

Von Julian Korb

In den USA sollen in Solaranlagen aus China verdächtige Funkmodule gefunden worden sein. Die Ermittler gehen offenbar davon aus, dass diese dazu dienen könnten, Sabotage an der Infrastruktur von Solaranlagen zu begehen. Das berichtet die Agentur "Reuters" und beruft sich auf zwei Energiebeamte in der US-Regierung.

So sollen in einigen chinesischen Solarwechselrichtern unzulässige, in den Produktunterlagen nicht aufgeführte Kommunikationsgeräte entdeckt worden sein, wie die Insider erklären. Zuvor waren auch in einigen Batterien mehrerer chinesischer Lieferanten nicht dokumentierte Kommunikationsgeräte, darunter Mobilfunkgeräte, gefunden worden. Von welchem Hersteller die betroffenen Komponenten stammen, ist nicht bekannt. Die ZfK konnte die Angaben auch nicht selbst überprüfen.

Wechselrichter als Einfallstor

Grundsätzlich ist bekannt, dass es in der Software von Wechselrichtern Schnittstellen gibt, die eigentlich der Wartung und für Updates dienen. Sie könnten aber auch als Einfallstor für Angriffe genutzt werden, um PV-Anlagen an- oder abzuschalten. Deshalb installieren Versorgungsunternehmen, die sie einsetzen, in der Regel Firewalls, um eine direkte Kommunikation mit den Herstellern zu verhindern. Vermutet wird nun, dass die entdeckten Kommunikationsgeräte dazu dienen könnten, solche Firewalls zu umgehen.

Die Sicherheit von Wechselrichtern und Steuerungseinrichtungen wird auch in Deutschland seit Monaten diskutiert. Brisant: Kleinere PV-Anlagen fallen hierzulande in der Regel gar nicht unter die Schutzvorschriften für kritische Infrastruktur. Die BSI-Kritisverordnung gilt erst für Anlagen ab einer Größe von über 100 Megawatt Leistung. Zwar können Wind- und Solarparks zusammen diese Größe erreichen. Was aber ist zum Beispiel mit PV-Flotten großer Solarunternehmen wie Enpal und 1Komma5?

"Wenn man vor zehn Jahren die chinesischen Wechselrichter abgeschaltet hätte, hätte das keine dramatischen Auswirkungen auf die europäischen Netze gehabt, aber jetzt ist die kritische Masse viel größer", sagt der Geschäftsführer des deutschen Solarentwicklers 1Komma5, Philipp Schroeder. "Chinas Dominanz wird zu einem größeren Problem, weil die Kapazität der erneuerbaren Energien in den westlichen Netzen wächst und die Wahrscheinlichkeit einer längeren und ernsthaften Konfrontation zwischen China und dem Westen steigt."

Zum Vergleich: In Spanien genügte ein Leistungsausfall von 2,2 Gigawatt innerhalb weniger Sekunden, um einen landesweiten Blackout auszulösen. In Deutschland sind aktuell bereits mehr als 105 Gigawatt an Photovoltaik-Leistung installiert. Schon die Kontrolle über drei bis vier Gigawatt könnte laut Brancheninsidern eine weitreichende Unterbrechung der Stromversorgung zur Folge haben.

"Ich frage mich mit größter Verwunderung, was noch alles aufgedeckt werden muss, damit Europa und vor allem europäische Kunden merken, dass billige chinesische Technik einen hohen Preis hat", kommentierte Gunter Erfurt, ehemaliger Chef des Modulherstellers Meyer Burger auf Linkedin. "Nämlich unsere Sicherheit und Souveränität." Im Zweifel müsse betroffene chinesische Technik in Europa konsequent verboten werden, so der mittlerweile als Berater tätige ehemalige Unternehmer weiter.

Dominanz chinesischer Hersteller

Bereits in der Diskussion um die Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) war das Thema Cybersicherheit bei PV-Anlagen aufgekommen. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hatte damals massive Bedenken am sogenannten Solarspitzengesetz geäußert. Der Hintergrund: Hersteller könnten über das Backend der Wechselrichter kleine Solaranlagen notfalls abschalten.

Das BSI zeigte sich besorgt, dass damit etwa chinesische Akteure das europäische Stromsystem angreifen könnten, in dem sie zeitgleich Wechselrichter in ganz Europa abschalten. Allein: Das wäre auch ohne das Solarspitzengesetz technisch heute schon möglich. Das liegt an der starken Verbreitung chinesischer Hersteller im Markt.

Wechselrichter werden derzeit überwiegend in China hergestellt und weltweit eingesetzt, um Solarpaneele und Windturbinen an Stromnetze anzuschließen. Sie sind aber auch in Batterien, Wärmepumpen und Ladegeräten für Elektrofahrzeuge zu finden.

Huawei zählt mit den chinesischen Wettbewerbern Sungrow und Ginlong Solis zu den größten Herstellern von Wechselrichtern und Steuerungstechnik weltweit. So soll Huawei im Jahr 2022 laut der Unternehmensberatung Wood Mackenzie einen weltweiten Marktanteil von 29 Prozent besessen haben. Huawei und Sungrow allein sollen dabei über die Hälfte des Marktes unter sich aufteilen.

Huawei fliegt aus europäischem Solarverband

Vor dem Hintergrund auch interessant: Das chinesische Technikunternehmen Huawei ist mittlerweile nicht mehr Mitglied beim europäischen Solarverband Solar Power Europe – und das zwangsweise, wie der Verband bekanntgab. Der weltweit größte Hersteller von Wechselrichtern sieht sich mit Korruptionsvorwürfen durch die EU-Kommission konfrontiert. So soll das Unternehmen Personen beeinflusst haben, die in einer Verbindung zum Europäischen Parlament stehen. 

Nach Angaben der zuständigen belgischen Staatsanwaltschaft wird Huawei vorgeworfen, in unzulässiger Weise Einfluss auf politische Entscheidungsprozesse im EU-Parlament genommen zu haben. Dazu hat es bereits Festnahmen gegeben. Ende April hatte die EU-Kommission zudem angekündigt, die Zusammenarbeit mit Huawei und ihm verbundenen Organisationen erheblich zurückzufahren.

Dem Konzern aus der chinesischen Metropole Shenzhen werden enge Beziehungen zu chinesischen Staatsstellen nachgesagt. In der Branche wird befürchtet, dass Huawei seine Marktmacht beim Netzausbau, vor allem bei der 5G-Netztechnik, ausnutzen könnte, um Spionage durch den chinesischen Staat zu ermöglichen. Das Unternehmen wies die Vorwürfe bislang stets zurück.

Ein Sprecher der chinesischen Botschaft in der US-Hauptstadt Washington wird von Reuters folgendermaßen zitiert: "Wir sind gegen die Verallgemeinerung des Konzepts der nationalen Sicherheit, die Chinas Infrastrukturleistungen verzerrt und verleumdet." Es ist durchaus möglich, dass die neuen Funde auch im Zusammenhang mit dem Handelskrieg zwischen den USA und China stehen. Der US-Präsident Donald Trump war bereits in seiner ersten Amtszeit hart gegen Huawei wegen möglicher Spionage vorgegangen und hatte Smartphones des Herstellers vom US-Markt verbannt.

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