Ausfall eines Umspannwerks: Ursache für Blackout in Spanien wohl gefunden

Die Ursachenforschung zum Blackout in Spanien im April 2025 geht weiter. (Symbolbild)
Bild: © Negro Elkha/AdobeStock
Von Julian Korb
Die Ursache für den Blackout in Spanien und Portugal am 28. April scheint gefunden: Ein plötzlicher Stromausfall in einem Umspannwerk im südspanischen Granada soll demnach den landesweiten Blackout ausgelöst haben. Sekunden später soll es zu weiteren Ausfällen in Badajoz und Sevilla gekommen sein. Das sagte die spanische Energieministerin Sara Aagesen am Mittwoch im spanischen Parlament, wie die Nachrichtenagentur "Reuters" und die Tageszeitung "El País" übereinstimmend berichten.
Bei diesen drei Vorfällen soll zusammen eine Erzeugungsverlust von 2,2 Gigawatt Strom weggebrochen sein. Zwischen dem ersten Ausfall in Granada und dem dritten in Sevilla lagen demnach nur 20 Sekunden. In der Folge habe es eine Reihe von Netzabschaltungen gegeben und der landesweite Blackout nahm seinen Lauf.
Cyberangriff derzeit ausgeschlossen
Die vollständige Aufklärung hält dabei weiter an. "Wir sind dabei, Millionen von Daten zu analysieren", sagte Aagesen. Sicher sei aber bereits, dass die Erzeugungsausfälle zuerst in Granada, Badajoz und Sevilla begannen. Die Ermittler würden einen Cyberangriff auf den Netzbetreiber Red Eléctrica de España (REE), ein Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage oder eine unzureichende Netzkapazität als Ursache ausschließen.
Der Netzbetreiber REE habe demnach versucht, die Ausfälle zu isolieren, was aber misslang. Ob die Oszillationen im europäischen Stromnetz, die eine halbe Stunde zuvor in Europa zu beobachten waren, etwas mit dem Blackout zu tun hatten, werde noch geprüft. "Es ist wesentlich komplexer, als einfach einer bestimmten Energiequelle die Schuld zu geben", sagte die Ministerin.
Die parteilose Politikerin verteidigte die stark auf Erneuerbare ausgerichtete Energiepolitik der Regierung. "Ein Mix mit mehr erneuerbaren Energien verringert die externen Risiken", so Aagesen. So sei es möglich, alle Eventualitäten zu antizipieren, sich an sie anzupassen und schnell darauf zu reagieren.
Mögliche Verlängerung für Kernkraft
Die Energieministerin zeigte sich allerdings auch offen für eine Verlängerung der Laufzeit von Kernkraftwerken. Bedingung hierfür sei allerdings, dass die Betreiber die Sicherheit von Kraftwerke und akzeptable Preise für die Verbraucher garantieren könnten. Zudem müssten die Kernkraftwerke nachweislich zur Versorgungssicherheit beitragen.
Aagesen wehrte sich zudem gegen den Vorwurf, die Aufarbeitung schreite zu langsam voran. Bei ähnlichen Vorfällen in den USA, Kanada und Italien habe es im Durchschnitt sieben bis acht Monate gedauert, um einen Bericht vorzulegen.
Brisante Warnung des Netzbetreibers
Die Diskussion um Erneuerbare und Kernkraft im spanischen Stromnetz dürfte jedenfalls nicht abreißen. Kritiker halten die Regierung vor, der Blackout hätte verhindert werden können, wenn sich mehr konventionelle Erzeugungsanlagen in Betrieb gefunden hätten. Hintergrund ist ein Mangel an sogenannter "Trägheit" im Netz, eine Art Puffer für Frequenzabweichungen.
Brisant ist vor dem Hintergrund auch, dass der Netzbetreiber REE und die Nationale Kommission für Märkte und Wettbewerb (CNMC) bereits im Jahr 2023 vor Stromausfällen in Spanien warnten. Darüber hatte "El País" am Mittwoch berichtet. Demnach könnten "hohe Spannungen im Netz zu einer vorzeitigen Abschaltung der daran angeschlossenen Anlagen führen", heißt es in einem Bericht. Nach Angaben der CNMC lagen die Spannungen im spanischen Netz schon damals "nahe an oder sogar über den zulässigen Werten".
Als mögliche gefährdete Regionen nannten die Experten Galicien und Andalusien. Granada, wo sich am 28. April der erste Stromausfall ereignete, liegt in Andalusien. In dem Bericht von CNMW aus dem Jahr 2023 steht bereits die Warnung, dass sich das Problem verschärfen würde, "sollten keine wirksamen Gegenmaßnahmen ergriffen werden". Als besonders kritische Monate wurden dabei April und Mai genannt.
Auch KWK ein Risiko
Risikofaktoren waren 2023 laut dem Bericht aber nicht nur erneuerbare Energien, sondern auch Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen sowie Abfallverbrennungsanlagen, da diese "nicht den Spannungssollwerten in Echtzeit folgen, sondern feste Leistungsbereiche beibehalten, die für die Spannungssteuerung nicht effektiv sind". Gleichzeitig hebt der Bericht hervor, dass immer mehr synchrone Erzeugung, also gas- und kohlebefeuerte Wärmekraftwerke, Kernkraftwerke und Wasserkraftwerke, aus dem Netz gingen, welche "die Spannung durch feste Spannungssollwerte regeln".
Da das Stromsystem mit immer mehr asynchronen Kraftwerken betrieben werde, führe dies bei gleicher Nachfrage zu zunehmenden Überspannungen. Das heißt zu einem höheren Energiefluss, als das Netz zur Deckung des Verbrauchs bewältigen kann. Daher steige das Risiko, dass sich Anlagen aus Sicherheitsgründen automatisch abschalten.
Genau dies gilt bisher als die wahrscheinlichste Erklärung, was beim großflächigen Blackout am 28. April in Spanien und Portugal passiert ist. Nach eigenen Angaben hat REE sogar schon reagiert und betreibt das System seit dem Blackout mit weniger Erneuerbaren und mehr Gas-Kombikraftwerken.
Mehr zum Thema aus dem ZfK-Archiv:
Blackout in Spanien: Mehr Details zum Ablauf bekannt
"Müssen gewappnet sein": Spaniens Blackout treibt Reiche um
Nach Blackout: In Spanien tobt Debatte um Solarenergie
"Atmosphärisches Phänomen" mögliche Ursache für Blackout in Spanien