Zahl der Balkonkraftwerke verdoppelt ‒ Millionengrenze könnte fallen
Von Julian Korb
Die Zahl der Balkonkraftwerke in Deutschland hat sich im vergangenen Jahr mehr als verdoppelt. Zum Jahresende waren im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur mehr als 780.000 der kleinen Solaranlagen als in Betrieb gemeldet.
Zusammen kommen die Anlagen, die offiziell Steckersolargeräte heißen, inzwischen auf eine installierte Leistung von knapp 0,7 Gigawatt, oder auch 700 Megawatt. Der Zubau im abgelaufenen Jahr war enorm: Mehr als 430.000 neue Anlagen gingen in Betrieb. Ein Leistungszuwachs von 400 Megawatt. Die Zahlen können durch Nachmeldungen allerdings noch etwas steigen.
Boom könnte sich verstärken
"Der Solarboom auf Deutschlands Balkonen könnte sich sogar noch verstärken", sagt der Hauptgeschäftsführer des BSW Solar, Carsten Körnig. Sollte diese Prognose zutreffen, könnte noch im ersten Halbjahr das millionste Balkonkraftwerk ans Netz gehen.
Körnig erwartet, dass die Installation von Steckersolargeräten auf Balkonen von Miet- oder Eigentumswohnung richtig in Fahrt kommt. Erst im vergangenen Herbst habe der Gesetzgeber die Vermieter und Wohnungseigentümer dazu verpflichtet, Steckersolargeräte grundsätzlich zu genehmigen. Zudem gebe es viele Produkte, und die Preise seien weiter gesunken. Letzteres führe zudem oft dazu, dass leistungsstärkere Geräte gekauft werden.
Keine Sorge vor der nächsten Bundesregierung
Auch die anstehende Bundestagswahl macht Körnig hier keine Sorgen: Er erwarte nicht, "dass die Energiepolitik einer kommenden Bundesregierung die Rahmenbedingungen für die Errichtung von 'Balkonkraftwerken' verschlechtern wird", sagt Körnig.
Es gebe "große Einigkeit unter den Parteien, auch Mietern und Wohnungseigentümern mit einem eigenen Steckersolargerät ein Stück Selbstversorgung und aktive Teilhabe an der Energiewende zu ermöglichen". Viele der Regelungen bedeuteten vor allem Entbürokratisierung und Kosteneinsparung und stießen daher "parteiübergreifend auf Wohlwollen".
Laut einer vom Verband im November 2024 beauftragten Studie befürworten zwei Drittel der Wähler von CDU/CSU, SPD, Grünen und FDP einen schnelleren Ausbau von Solaranlagen. Mit einer Zustimmung von 85 Prozent ist die Überzeugung bei Grünen-Wähler am stärksten, während FDP-Wähler mit einer Zustimmung von 64 Prozent noch die größte Skepsis aufweisen. Bisher sieht lediglich das Wahlprogramm der AfD für die Bundestagswahl 2025 vor, den Solarausbau zu bremsen.
Deutschland sei zudem zu einem Leitmarkt für Balkonkraftwerke geworden, sagt Körnig. "Weltweit wird mit großem Interesse verfolgt, wie die regulatorischen und technischen Rahmenbedingungen die sichere Anwendung dieser Systeme befördern."
NRW vor Bayern und Baden-Württemberg
Blickt man auf die Verteilung der Balkonkraftwerke in Deutschland, liegen die bevölkerungsreichsten Bundesländer an der Spitze. In NRW sind 157.000 in Betrieb, in Bayern 119.000. Niedersachsen mit 103.000 und Baden-Württemberg mit 102.000 liegen beinahe gleichauf.
Schlusslichter sind die Stadtstaaten Bremen und Hamburg sowie das bevölkerungsarme Saarland mit Werten unter 10.000 Anlagen.
Geringer Anteil an installierter Leistung
Durch eine Gesetzesänderung im vergangenen Jahr dürfen mittlerweile Steckersolargeräte mit einem Wechselrichter von maximal 800 Watt Anschlussleistung installiert werden. Zuvor lag die Grenze bei 600 Watt. Damit können solche Mini-Anlagen im Schnitt mehr Strom erzeugen.
Verglichen mit PV-Anlagen auf privaten Hausdächern ist die Leistung jedoch weiterhin gering. Im Schnitt haben Aufdachanlagen eine Leistung zwischen 1 und 10 Kilowattpeak, oder 1000 bis 10.000 Watt. Bei insgesamt rund 100 Gigawatt installierte Solarleistung in Deutschland erreichen Steckersolargeräte mit rund 0,7 Gigawatt zudem einen Anteil von weniger als einem Prozent. (Mit Material der Deutschen Presse-Agentur)
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