Wärme

Wärme aus der Kläranlage: Was hinter dem neuen Duisburger Vorzeigeprojekt steckt

Duisburg hat die deutschlandweit größte KWK-Anlage an einem Klärwerk in Betrieb genommen. Mit der zuvor ungenutzten Wärme lassen sich 1300 Haushalte versorgen.
17.06.2025

V.l.: Stefan Geuer (Zeppelin Power Systems), Oberbürgermeister Sören Link, Uwe Linsen (Wirtschaftsbetriebe Duisburg) und Andreas Gutschek (Stadtwerke Duisburg).

Von Daniel Zugehör

In Duisburg ist die bislang größte Anlage zur innovativen Kraft-Wärme-Kopplung (iKWK) an einer Kläranlage in Deutschland offiziell in Betrieb gegangen. An der Kläranlage Huckingen der Wirtschaftsbetriebe Duisburg kombinieren die Stadtwerke eine klassische KWK-Erzeugung mit Wärmepumpentechnologie. Als weiterer Partner ist der Technologiekonzern Zeppelin Power Systems an Bord.

Sören Link, Oberbürgermeister der Stadt Duisburg und Aufsichtsratsvorsitzender der Stadtwerke, hob im Gespräch mit der ZfK die kurze Bauzeit von rund zwei Jahren hervor: "Das funktioniert nur, wenn das 'Team Duisburg', wie wir es seit Jahren leben, auch in der Praxis funktioniert", sagte Link bei der offiziellen Inbetriebnahme in Duisburg. "Besonders bemerkenswert ist für mich, dass zwei Konzerntöchter, die normalerweise wenig Berührungspunkte haben, hier so eng und lösungsorientiert agiert haben."

Energie aus gereinigtem Abwasser

Das Herzstück der iKWK-Anlage in Huckingen sind zwei Wärmepumpen mit je 1,9 Megawatt Leistung. Sie nutzen die zuvor ungenutzte Restwärme des bereits geklärten Abwassers, das im Auslaufbecken des Klärwerks aufgestaut wird. Über Wärmetauscher wird dann thermische Energie für das Fernwärmenetz bereitgestellt.

Dabei werden dem Wasser fünf Grad Celsius entzogen, bevor es abgekühlt wieder in den natürlichen Wasserkreislauf zurückgeführt wird. Das gereinigte Abwasser hat je nach Jahreszeit eine Temperatur zwischen 8 und 28 Grad und kann bei mehr als 10 Grad effizient zur Wärmegewinnung eingesetzt werden.

"Die Anlage ist in ihrer Kombination aus mehreren Technologien einzigartig", erklärte Andreas Gutschek, Vorstand Infrastruktur und Digitalisierung der Stadtwerke Duisburg, auf ZfK-Nachfrage. Dabei seien "einige technische und bauliche Hürden" zu überwinden gewesen – etwa wetterbedingte Bauverzögerungen durch Starkregen. "Es war anspruchsvoll, aber das Team hat zusammengefunden", resümiert Gutschek.

Mit einer Jahresproduktion von mindestens 16.000 Megawattstunden grüner Fernwärme können den Partnern zufolge rund 1.300 Haushalte versorgt werden. Gleichzeitig entlastet die Rückführung des kühleren Wassers – insbesondere in heißen Sommermonaten – den nahegelegenen Angerbach, ein Zufluss zum Niederrhein.

Ergänzung durch BHKW und E-Wärmeerzeuger

Zur Gesamtanlage zählen auch zwei neue wasserstofffähige Blockheizkraftwerke und ein elektrischer Wärmeerzeuger mit 30 Megawatt Leistung am Standort Hochfeld. Die beiden BHKW-Module liefern demnach je 4,5 MW elektrische und 4,7 MW thermische Leistung. Dies sei ausreichend, um 10.000 Haushalte mit Strom und bis zu 4.000 Haushalte mit Wärme zu versorgen. Der elektrische Wärmeerzeuger springt ein, wenn im Netz überschüssiger Strom verfügbar ist, etwa aus regenerativen Quellen.

"Ähnliche Konzepte" in Prüfung

Weitere solcher iKWK-Anlagen könnten folgen, wie Uwe Linsen, Vorstand der Wirtschaftsbetriebe Duisburg, gegenüber der ZfK ausführte. "Überall dort, wo wir ausreichend Wassermengen mit einer entsprechenden Temperatur haben, ist das technisch machbar – besonders an größeren Kläranlagen", so Linsen. Duisburg verfügt über zwei andere Kläranlagen. "Auch dort prüfen wir derzeit, ob ähnliche Konzepte umsetzbar sind."

Förderfähig, trotz zweier Standorte

Die Duisburger iKWK-Anlage erfüllt die Anforderungen des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes und wurde als förderfähige Einheit anerkannt – trotz der Verteilung auf zwei Standorte. Die Bundesnetzagentur bewilligte im Rahmen der iKWK-Ausschreibung eine Förderung über 45.000 Betriebsstunden. Die Investitionssumme beläuft sich auf insgesamt rund 27 Millionen Euro.

Der Startschuss für das Projekts erfolgte im Jahr 2021, als die Stadtwerke Duisburg ihren Antrag zur iKWK-Ausschreibung bei der Bundesnetzagentur einreichten. Nach dem Zuschlag begann der Bau an zwei Standorten: der Kläranlage Huckingen und der Stadtwerke-Zentrale in Hochfeld.

Damit möchten die Partner auch auf die Energiewende einzahlen. Die Stadt Duisburg hat das Ziel, bis 2035 klimaneutral sein – also zehn Jahre früher als es die Bundesregierung für Deutschland plant.