Wärme

Gebäudesektor verfehlt erneut – Branche gefordert

Der aktuelle CO2-Bericht zeigt: Die Emissionen in Gebäude und Verkehr sind zu hoch. Um Klimaneutralität zu erreichen, duldet die Wärmewende keinen Aufschub.
15.05.2025

Weil in der Coronakrise weniger CO2 emittiert wurde, kann Deutschland sein Ziel noch erreichen.

Von Daniel Zugehör

Eigentlich würde Deutschland sein Ziel zur Einsparung von Treibhausgas (THG) verfehlen. Das belegt der aktuelle Prüfbericht zu den THG-Emissionen, den der Expertenrat für Klimafragen jetzt vorgelegt hat. Noch gleicht die Bilanz aber ein THG-Puffer aus. "Zwar stellen wir im Ergebnis unserer Prüfung keine Überschreitung des Emissionsbudgets bis 2030 fest", sagte der Ratsvorsitzende Hans-Martin Henning.

Aber: "Ohne den Puffer, der sich in den Jahren 2021 bis 2024 unter anderem durch Corona und die schwache Wirtschaft aufgebaut hat, wäre bis Ende 2030 mit hoher Wahrscheinlichkeit eine deutliche Budgetüberschreitung zu erwarten gewesen", betont Henning. Der Bericht beziffert zum einen die Emissionen des Vorjahres und macht außerdem Prognosen für die künftige Entwicklung.

Sorgenkind Gebäudesektor

Die Emissionen der Energiewirtschaft stagnieren auf hohem Niveau: Während der Kohleanteil langsam sinkt, sorgen unzureichende Fortschritte beim Ausbau erneuerbarer Wärme und schleppende Elektrifizierung in Gebäuden für Handlungsdruck.

Demnach emittierte der Gebäudesektor – wie auch der Verkehrsbereich – im Jahr 2024 erneut mehr Treibhausgas als gesetzlich vorgeschrieben. Zwar sank der Ausstoß gegenüber dem Vorjahr um 2,3 Prozent, insbesondere da weniger leichtes Heizöl verwendet wurde.

Anderseits sei "der Absatz aller Heizungssysteme im Jahr 2024 stark eingebrochen, insbesondere bei Biomassekesseln und Wärmepumpen". Laut dem Rat eine Folge der "Unsicherheiten der öffentlichen medialen Diskussionen um das Gebäudeenergiegesetz sowie um die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) und kommunale Wärmeplanung".

Nicht verwunderlich ist daher, dass der Anteil fossiler Heizungen am Absatz sowie auch im Bestand nach wie vor sehr hoch sei. Gerade im Gebäudebestand sinke der nur langsam. Ein weiterer Faktor dafür, dass die Emissionen dennoch leicht sanken, sei unter anderem eine milde Witterung und ein entsprechend geringerer Heizbedarf gewesen, heißt es weiter.

"Keine Grundlage für Klimaschutz"

Der Expertenrat hebt jedoch hervor, dass kurzfristige Einsparungen, etwa durch milde Winter oder rückläufige wirtschaftliche Aktivität, keine tragfähige Grundlage für dauerhaften Klimaschutz darstellen. Vielmehr sei eine grundsätzliche Neuausrichtung erforderlich.

Vor allem in Hinblick auf die Zukunft. Denn für die Zeit nach 2030 bis 2045, dem Zieljahr der Klimaneutralität, sieht die Prognose düster aus. Den Daten zufolge wird das Ziel aktuell "deutlich und im Zeitverlauf zunehmend" verfehlt. Ratsmitglied Marc Oliver Bettzüge: "Das Klimaschutzgesetz enthält bislang kein eigenständiges Ziel für die Restemissionen im Jahr 2045".

Damit sei "zum jetzigen Zeitpunkt nicht klar, wie die Bundesregierung das Ziel der Klimaneutralität erreichen will", stellt Bettzüge heraus. Der Expertenrat drängt deshalb auf eine rasche Klärung und einen "konsistenten klimaschutzpolitischen Rahmen".

ZVEI und BWP mit klaren Erwartungen

Dem schließen sich in einer ersten Reaktion auch der Elektroverband ZVEI und die Wärmepumpenlobby in Gestalt des BWP an. In einer gemeinsamen Erklärung fordern sie die Regierung auf, "weiterhin auf die Elektrifizierung im Gebäudesektor zu setzen, damit die Klimaziele in Reichweite bleiben".

Beide Verbände erwarten demnach, "dass Anreize für den Umstieg von Gas und Öl zu erneuerbaren Alternaiven verstärkt werden". Im Blick haben sie dabei etwa das Gebäudeenergiegesetz, die BEG-Heizungsförderung oder Entlastungen beim Strompreis.

Immerhin hat Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) kürzlich angekündigt, die Stromsteuer zu senken. Dennoch ist die Energiebranche gefordert. Denn insbesondere der Gebäudesektor droht, ohne massive Investitionen, dauerhaft hinter seinen Klimazielen zurückzubleiben.

Klimaschutzprogramm bis März 2026

Fest steht: Bis Ende März 2026 muss ein neues Klimaschutzprogramm vorgelegt werden. Dieses soll laut Gesetz sämtliche identifizierten Zielverfehlungen bis 2040 adressieren. Der Expertenrat empfiehlt darüber hinaus, auch die absehbare Verfehlung der Klimaneutralität bis 2045 in den Fokus zu nehmen.

Der Expertenrat für Klimafragen ist ein unabhängiges Gremium aus fünf sachverständigen Personen verschiedener Disziplinen, die 2020 benannt wurden. Ein PDF des rund 300-seitigen aktuellen "Prüfberichts zur Berechnung der deutschen Treibhausgasemissionen für das Jahr 2024 und zu den Projektionsdaten 2025" ist hier verfügbar.