Kommunale und private Unternehmen entdecken die Wärmewende im Bestand

Auf der ZfK-Nachhaltigkeitskonferenz (v. l.): Artjom Maksimenko (ZfK), Matthias Trunk (Gasag), Chris Werner (Berliner Stadtwerke), Karsten Mitzinger (Gewobag ED) und Klaus Hinkel (ZfK)
Bild: © Lena Lange
Von Pauline Faust
In Berlin soll einmal die Hälfte aller Haushalte an die Fernwärme angeschlossen werden, das heißt aber auch, dass es für den Rest eine andere Wärmelösung geben muss. Energieversorger arbeiten zunehmend an innovativen Quartierslösungen. In Berlin gibt es gleich mehrere Unternehmen, die hier ihre Expertise einbringen.
Die Gasag will das "Pallasseum", einen Wohnkomplex der Gewobag in Berlin-Schöneberg, mit Abwärme aus einem benachbarten Rechenzentrum, konkret einem ITK-Netzknoten, versorgen. "Es gibt einen großen Trend in Deutschland, dass Rechenzentren sich nicht mehr in Frankfurt ansiedeln, weil der Strom dort knapp ist, sondern auch nach Berlin zu kommen", berichtet Matthias Trunk, Vorstandsmitglied der Gasag auf der ZfK-Nachhaltigkeitskonferenz.
Die Abwärmenutzung für das Pallasseum war das erste Projekt dieser Art für die deutsche Telekom. "Wir mussten erst einmal Überzeugungsarbeit leisten, aber hier stimmen gleich zwei Faktoren: die Wirtschaftlichkeit und die Nachhaltigkeit", so Trunk. Mit dem Projekt kann die Gasag auch das Kriterium der Kostenneutralität einhalten, da sie die Abwärme kostengünstig bekommt und nur über eine kurze Strecke transportieren muss.
Die Berliner Stadtwerke, die im Gegensatz zur Gasag ein kommunales Unternehmen sind, setzten derzeit ein Projekt zur Gewinnung von Wärme aus Abwasser am Haus der Statistik um. Die Abwasserwärmenutzungsanlage besteht aus mehreren Wärmeübertragungselementen, die in zwei standortnahe Mischwasserkanäle eingelegt werden. Eine enge Zusammenarbeit mit den Berliner Wasserbetrieben war hier nötig.
Mit Abwasser heizen
Laut Geschäftsführer Chris Werner ist das Potenzial groß: "Acht Prozent der Wärmeversorgung Berlins könnten durch Abwässer bereitgestellt werden." Sein Mitstreiter und -bewerber von der Gasag Matthias Trunk sieht das auch und mahnt zugleich: "Das Abwassernetz ist ein öffentliches Gut, da müssen wir bei der Vergabe darauf achten, dass die besten Ideen die Ausschreibungen gewinnen."
Werner will Quartierslösungen noch weiterdenken: "Wir haben hier ein riesiges Potenzial mit vielen dezentralen Lösungen für Wärme und Energie, idealerweise denken wir diese zusammen und produzieren womöglich einen Überschuss, der der Stadt zugutekommt."
Als Kunde ist die Immobilienbranche der zentrale Player. Die Gewobag, eines von sechs kommunalen Berliner Wohnungsunternehmen, hat sogar eine eigene Energietochter. Karsten Mitzinger ist Geschäftsführer der Gewobag ED Energie- und Dienstleistungsgesellschaft mbH. "Mit dem heutigen Vertragswerk haben wir die Energiewirtschaft aus der Komfortzone gebracht und es ist skalierungsfähig", so der Manager. “Wir können partizipieren und es gibt einen richtigen Wettbewerb zwischen den Anbietern."