E-Mobilität

Neue Studie ermittelt Bedarf an öffentlichen Ladesäulen bis 2030

Der Bestand an E-Fahrzeugen könnte in den nächsten Jahren deutlich stärker ansteigen als angeommen. Den Bedarf an öffentlichen Ladepunkten bis 2030 beziffert die Untersuchung mit 440.000 bis 843.000.
19.11.2020

Wie viele Ladepunkte braucht Deutschland 2030? Auskunft gibt eine neue Studie der Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur. (Symbolbild)

In der neuen Studie "Ladeinfrastruktur nach 2025/2030 – Szenarien für den Markthochlauf" der nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur wird erstmals mit wissenschaftlicher Methodik ermittelt, wie viel und vor allen Dingen welche Ladeinfrastruktur bis zum Jahr 2030 aufgebaut werden muss, um den Bedarf zu decken.

Sie stützt sich auf vertrauliche Informationen der großen in Deutschland aktiven Automobilhersteller zum geplanten Fahrzeughochlauf. Beauftragt wurde die Studie vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) und durchgeführt vom Reiner Lemoine Institut.

E-Autos: Anstieg könnte größer ausfallen

Der Bestand an E-Fahrzeugen kann bis zu den Jahren 2025 respektive 2030 deutlich stärker ansteigen als heute angenommen – das zeigten vertrauliche Angaben der befragten Automobilhersteller. Bis zu 14,8 Millionen batterieelektrische E-Fahrzeuge und Plug-In-Hybride könnten laut der Studie 2030 in Deutschland zugelassen sein.

Der Bedarf an öffentlicher Ladeinfrastruktur im Jahr 2030 wird mit 440.000 bis 843.000 Ladepunkten beziffert. Die Zahl ist abhängig davon, wie viel private Ladeinfrastruktur verfügbar und wie stark ausgelastet die öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur ist. Aber auch das Ladeverhalten der Nutzenden sei entscheidend: Werden verstärkt Lade-Hubs mit Schnelladepunkten genutzt, sinkt der Bedarf.

Mehr öffentliche Ladesäulen nötig

Die Berechnungen sollen zeigen, dass das starre Verhältnis von E-Fahrzeugen zu öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur von 10:1 nicht mehr zeitgemäß sei. Berechnet wurde ein Verhältnis von E-Autos zu öffentlicher Ladeinfrastruktur von 11:1 im Jahr 2021, das auf 20:1 im Jahr 2030 ansteigt. Grund dafür seien die bessere Verfügbarkeit von privater Ladeinfrastruktur und die steigende Ladeleistung von E-Fahrzeugen.

Im Jahr 2030 wird den Berechnungen zufolge an rund 61 Prozent der privaten Stellplätze am Wohnort ein Ladepunkt zur Verfügung stehen. Öffentlich zugängliche Ladepunkte müssen die Lücke schließen. Im Straßenraum, also am Straßenrand oder auf öffentlichen Parkplätzen, wurde ein Bedarf von 420.000 Ladepunkten errechnet.

Der Anteil privater Ladevorgänge wird bis 2030 auf 76 bis 88 Prozent prognostiziert, der Anteil öffentlicher Ladevorgänge erreicht demnach 12 bis 24 Prozent.

VKU fordert Pilotprojekte zum Ladeverhalten

Die Studie zeige, dass die Entwicklung der Elektromobilität in den kommenden Jahren von einer sehr hohen Dynamik geprägt sein werde, äußerte sich VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing. "Die zunehmende Modellauswahl der Hersteller und die attraktive Kaufprämie der Bundesregierung zeigen Wirkung. Daher braucht es die gleiche Dynamik beim Ausbau der Ladeinfrastuktur."

Der VKU-Chef bemängelt zudem, dass es nach wie vor an praktischer Erfahrung bei den verschiedenen Lade-Use-Cases fehle – zum Beispiel zu ihrer Attraktivität für die Nutzer und zu ihren regionalen Effekten auf Neuzulassungen. Dazu müssten noch in dieser Legislaturperiode Pilotprojekte, etwa in Form innerstädtischer Schnellladehubs, aufgesetzt und schnell realisiert werden.

Ladeinfrastrukturgipfel wäre sinnvoll

Diese könnten wichtiges Know-How zum konkreten Infrastrukturbedarf für die kommunalen und privaten Flächeneigentümer, aber auch zu der Frage der Wirtschaftlichkeit von Ladesäulen liefern. Die Stadtwerke seien in den letzten Jahren diesbezüglich erheblich in Vorleistung gegangen.

Die kommunalen Unternehmen seien bereit, sich beim Ausbau der Ladeinfrastruktur zu engagieren und weiterhin voranzugehen. Der Ausbau der Ladeinfrastruktur könne nur gelingen, wenn alle Akteure vor Ort, wie etwa die Kommunen, Handel und Gewerbe und die Wohnungswirtschaft an einem Strang ziehen. Ein Ladeinfrastrukturgipfel könnte dabei einen wichtigen Beitrag leisten.

Liebing: GEIG droht ähnlicher Investitionsstau

Die Studie sei außerdem ein Anstoß dazu, das Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG) ambitionierter auszugestalten und zügig zu verabschieden. Um nicht in den gleichen Investitions- und Genehmigungsstau wie bei anderen Energiewendeprojekten zu gelangen, sollten dringend administrative Hürden abgebaut werden.

Liebing forderte dazu bundesweit koordinierte Erleichterungen im Baurecht. Außerdem müsste für alle Marktteilnehmer Transparenz über verfügbare Flächen und geplante Ladeinfrastrukturprojekte geschaffen werden. (jk)