Deutschland

77 Baumhäuser im Hambacher Forst beseitigt

Mitte September begann die Polizei die Räumung des Hambacher Forst. Beim Start gab sie den Aktivisten 30 Minuten, ihre Baumhäuser zu verlassen. Einige Baumbesetzer sind jedoch wohl noch immer im Wald.
30.09.2018

Die Aktivisten im Hambacher Forst hatten es sich in Baumhäusern gut eingerichtet.

Bei der Räumung des Hambacher Forsts ist die Polizei am Wochenende vorangekommen, sieht sich aber noch nicht am Ziel. 77 Baumhäuser seien bisher geräumt und entfernt worden, sagte ein Polizei-Sprecher am Sonntag in Aachen. Das waren neun mehr als am Freitag. Wann genau die Räumung abgeschlossen ist, könne aber noch nicht gesagt werden - es sei durchaus möglich, dass noch unentdeckte Hütten gefunden werden. „Das kann noch dauern.“

Die Bäume sind in dem Wald stellenweise so hoch, dass manche der in großer Höhe gebauten Hütten vom Boden aus kaum oder gar nicht zu sehen sind. Ursprünglich war die Polizei von 50 bis 60 Baumhäusern ausgegangen. Nun vermuten die Beamten, dass Aktivisten neue Hütten in den Bäumen bauen und damit die Zahl der Hindernisse für die Ordnungskräfte hochschrauben. Von Aktivisten war zu hören, dass es in dem Forst noch immer besetzte Baumhäuser gebe.

Mehr als 10 000 Rodungsgegner protestierten am Sonntag

Die Räumungsarbeiten ruhten am Sonntag wegen einer Demonstration auf dem Gelände. Nach Veranstalterangaben kamen mehr als 10 000 Rodungsgegner, um ihrem Unverständnis über die Pläne des Energiekonzerns RWE Ausdruck zu verleihen. Unter ihnen war der Buchautor und Förster Peter Wohlleben („Das geheime Leben der Bäume“). Die Abholzung wäre „ein katastrophales Signal gegen den Klimaschutz“, mahnte der 54-Jährige. Nur noch 0,3 Prozent der deutschen Wälder seien wirklich intakte alte Laubwälder, die immens wichtig seien zur CO2-Speicherung und zur natürlichen Abkühlung bei heißem Wetter.

Die Veranstaltung am Sonntag beschrieb die Polizei als reibungslos. Allerdings bauten Aktivisten wieder Barrikaden im Wald auf. Diese würden halt wieder entfernt, sagte der Polizeisprecher.

RWE: Rodung zwingend notwendig

Trotz des anhaltenden Protestes stehen die Zeichen weiter auf Rodung: Der Energiekonzern RWE stellt sein Vorhaben als zwingend notwendig dar, um die Stromproduktion in Braunkohlekraftwerken zu sichern. RWE-Chef Rolf Martin Schmitz gab den Rodungsgegnern im „Kölner Stadt-Anzeiger“ wenig Grund zum Optimismus. „Es gibt keine Chance, den Wald stehen zu lassen“, sagte der Manager. Eine Lösung, bei der ein Teil des Forsts stehen bleibe, sei technisch unmöglich.

Scharfe Kritik muss sich RWE immer wieder von den Grünen anhören. Die Partei will ihren Landesparteitag am 7. Oktober direkt neben dem Hambacher Forst abhalten. Das Grundstück an der Abbaukante des benachbarten Tagebaus gehört dem Umweltverband BUND. „Wir Grüne wollen ein Zeichen setzen und den friedlichen Protest unterstützen»“, heißt es in der Einladung zum Parteitag. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) registrierte die Entscheidung mit Kopfschütteln. „Das ist unverantwortlich. Sie gießen damit Öl ins Feuer“, sagte Reul der „Rheinischen Post“.

Aktivisten: „Unseren Widerstand können sie nicht brechen“

Und wie geht es weiter? Ursprünglich hätte RWE mit den Baumfäll-Arbeiten schon an diesem Montag anfangen können - am 1. Oktober startet die Rodungssaison in deutschen Wäldern. Doch der Energiekonzern will eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster zur Rechtmäßigkeit des Vorhabens abwarten und gab daher eine Stillhaltezusage ab. Die gilt aber nur bis zum 14. Oktober. Kommt bis dahin keine Gerichtsentscheidung, könnte RWE loslegen, da das OVG-Verfahren keine aufschiebende Wirkung hat.

Die Aktivisten geben sich unverändert trotzig. So äußerte sich Kathrin Henneberger von der Organisation „Ende Gelände“ optimistisch für den weiteren Verlauf der Proteste - es kämen immer mehr Unterstützer, um die Rodung zu verhindern. „Selbst wenn die Polizei Baumhäuser zerstört - unseren Widerstand können sie nicht brechen.“ (dpa/hcn)