Deutschland

AfD stellt Windkraftausbau infrage – andere Fraktionen widersprechen

Der Wind weht in Baden-Württemberg weniger beständig und stark als im Norden. Trotzdem setzt die Landesregierung auch auf Windkraft. Die AfD kritisiert das – steht damit aber ziemlich alleine da.
05.06.2019

Mit ihrer Kritik an der Windenergie hat die AfD alle Parteien des baden-württembergischen Landtags gegen sich aufgebracht.

Windkraftanlagen als Ursache für ein großes Sterben von Vögeln, Fledermäusen und Insekten? Mit dieser These hat die AfD am Mittwoch im Landtag viel Kritik auf sich gezogen. Die anderen Fraktionen stellten sich grundsätzlich hinter das Ziel der grün-schwarzen Landesregierung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), die Windkraft trotz diverser Probleme weiter auszubauen. AfD-Fraktionschef Bernd Gögel meinte hingegen, die Windkraft sei nicht wirtschaftlich, die Anlagen verschandelten die Landschaft, und sie töteten «unfassbar viele Fluginsekten».

Der Grünen-Abgeordnete Jürgen Walter hielt der AfD vor, vorbei an Fakten zu argumentieren. So seien Glasscheiben und auch der Straßenverkehr deutlich häufiger für den Tod von Vögeln verantwortlich als Windkraftanlagen. «In der Tat ist auch das Insektensterben ein großes Problem», meinte Walter. Dieses habe aber schon lange vor der Nutzung der Windkraft begonnen.

Erneuerbare unverzichtbar

Der CDU-Abgeordnete Paul Nemeth hielt der AfD vor, unehrlich zu argumentieren. «Wenn Sie die Insekten und die Vögel vorschieben, obwohl Sie eigentlich kategorische Windkraftgegner sind, dann verspielen Sie – und verlieren damit – Ihre Glaubwürdigkeit.» Die AfD sei bei Veranstaltungen, die sich um Klimaschutz drehten, nicht anwesend. Die Zukunft gehöre den erneuerbaren Energien. Nemeth machte aber für die CDU klar: «Wir wollen die Windkraft nicht um jeden Preis, sondern wir wollen sie da, wo sie sinnvoll ist.»

Nach den Worten von Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) ist Baden-Württemberg auf die eigene Erzeugung erneuerbarer Energien angewiesen. Wenn die Kernenergie 2022 wegfalle und der Kohleausstieg komme, müsse der Strom von irgendwoher kommen. Neben dem Ausbau von Stromtrassen aus dem windreichen Norden in den Süden sei es nötig, dass Baden-Württemberg die erneuerbaren Energien ausbaue.

Trotz Bürgerprotesten Ausbau forcieren

Aber der Ausbau der Windkraft im Südwesten stockt. Die Windkraft hat einen Anteil von 3,7 Prozent an der hiesigen Bruttostromerzeugung. Im vergangenen Jahr wurden 35 neue Windkraftanlagen gebaut. Damit wird das einstige Ziel, bis 2020 einen Anteil der Windkraft an der Stromerzeugung von 10 Prozent zu erreichen, absehbar nicht erfüllt.

Der SPD-Abgeordnete Nicolas Fink plädierte klar für den Ausbau der Windkraft - auch wenn die Umsetzung vor Ort wegen Bürgerprotesten nicht immer einfach sei. Aufgabe der Politik sei, den Dialog mit den Menschen zu suchen und Überzeugungsarbeit zu leisten. Die AfD hingegen schüre Ängste, um daraus politisch Kapital zu schlagen.

Theoretisch doppelt so viel Fläche für Windkraft möglich

Die FDP-Abgeordnete Gabriele Reich-Gutjahr sagte: «Alles hat Nebenwirkungen – auch die erneuerbaren Energien.» Die FDP unterstütze den Ausbau. «Wir müssen zügiger vorankommen, denn die Zeit drängt. 2022 sollen alle Atomkraftwerke in Deutschland vom Netz sein.» Abzulehnen sei aber eine planwirtschaftliche Energiewende, die bestimmte Technologien der Stromerzeugung einseitig bevorzuge. Der Südwesten sei wegen seiner Windschwäche und der schwierigen Topografie kein besonders wettbewerbsfähiger Standort für Windkraft.

Untersteller hatte jüngst einen neuen Windatlas für den Südwesten vorgelegt. Daraus geht hervor, dass etwa 6,2 Prozent der Landesfläche theoretisch für Windkraft infrage kommen - doppelt so viel, wie 2011 berechnet worden war. Reich-Gutjahr kritisierte, dass der Atlas erst nach der Kommunalwahl veröffentlicht worden ist. «Der Grund ist doch klar: Die Windkraft spaltet die Gesellschaft, und diese sorgt für Gegenwind, der sich in den Wahlergebnissen niedergeschlagen hätte.» (dpa/ls)