Strompreis-Entlastung: Reiche schafft für Vertriebe endlich Klarheit

Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU)
Bild: © Britta Pedersen/dpa
Von Andreas Baumer
Mitten in der parlamentarischen Sommerpause hat das von Katherina Reiche (CDU) geführte Bundeswirtschaftsministerium bei der Strompreisentlastung für Haushalte endlich Klarheit geschaffen. Wie sich in den vergangenen Wochen bereits abgezeichnet hatte, sollen 2026 mit 6,5 Milliarden Euro ausschließlich die Übertragungsnetzentgelte gesenkt werden. Das geht aus einem Ministeriumsentwurf hervor, der der ZfK vorliegt.
Auf eine gesetzlich verankerte Weitergabepflicht der Entlastung an Endkunden wurde offenbar verzichtet. Wann Stromversorger die Entlastung an ihre Kunden weitergeben, hängt prinzipiell von den jeweiligen Vertragsbedingungen ab. Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) hatte die Branche im Vorfeld gemahnt: "Die Entlastungen müssen beim Kunden ankommen." Führende Energieverbände erwiderten, das sei selbstverständlich, solange entsprechende Fristen seitens des Gesetzgebers eingehalten würden.
Der Vorteil des Ministeriumsvorschlags ist, dass ein Zuschuss über Übertragungsnetzentgelte eine eingeübte Sache ist. Bereits im Energiekrisenjahr 2023 ging der Bund so vor. Konkret preisen die Übertragungsnetzbetreiber bis Anfang Oktober die Zuschüsse in ihre Entgelte ein. Diese werden dann von den Verteilnetzbetreibern, oft Stadtwerken, übernommen. Bis zum 15. Oktober veröffentlichen die Netzbetreiber ihre Verteilnetzentgelte. Insofern eilte nun auch eine Entscheidung des Wirtschaftsministeriums.
Entlastung: BDEW und BNetzA mit unterschiedlichen Zahlen
Der Nachteil des Ganzen: Über einen Zuschuss zu den Übertragungsnetzentgelten kommt die Entlastung höchst unterschiedlich an. Denn nicht jedes Verteilnetz bezieht gleich viel Strom aus dem Übertragungsnetz. Vereinfacht gesagt fällt die Entlastung dort höher aus, wo mehr Strom aus dem Übertragungsnetz bezogen wird. Auch die Kundenstruktur hat einen erheblichen Einfluss auf die Netzentgelte. Während manche Haushalte also stärker profitieren werden, könnte bei anderen – vor allem bei Kunden in Netzgebieten mit starker dezentraler Stromerzeugung – kaum etwas ankommen. Die größten Nutznießer dürften Betriebe sein, die am Übertragungsnetz hängen.
Nach BDEW-Angaben vom Januar bringt eine Milliarde Euro Zuschuss zu den Übertragungsnetzentgelten für Haushaltskunden eine durchschnittliche Entlastung von 0,2 Cent pro Kilowattstunde (kWh). Der nun geplante Zuschuss würde also zu einer Entlastung von 1,3 Cent pro kWh führen, sofern nur Übertragungsnetzentgelte bezuschusst werden. Hinzugerechnet werden muss noch die Umsatz- oder Mehrwertsteuer, die für diesen Betrag entfällt. Dann wären es gut 1,5 Cent pro kWh.
Das Bundeswirtschaftsministerium präsentierte der ZfK vor einigen Wochen andere Zahlen. Demnach werden Haushaltskunden um bis zu 2,4 Cent pro kWh entlastet. Im Einzelfall sollen es auch bis zu drei Cent pro kWh, im Mittel etwa zwei Cent sein.
In jedem Fall weicht Schwarz-Rot damit nach der Stromsteuer ein zweites Mal vom Strompreisversprechen ab, das es noch in seinem Koalitionsvertrag niedergeschrieben hatte. Dort hieß es: "Wir wollen Unternehmen und Verbraucher in Deutschland dauerhaft um mindestens fünf Cent pro kWh mit einem Maßnahmenpaket entlasten. Dafür werden wir als Sofortmaßnahme die Stromsteuer für alle auf das europäische Mindestmaß senken und Umlagen und Netzentgelte reduzieren."
Strompreis-Versprechen erneut gebrochen
Von fünf Cent pro kWh ist die Koalition bei der Strompreisentlastung weit weg. Die Senkung der Stromsteuer für Haushalte auf das europarechtliche Minimum wurde verschoben. Dies hätte eine einheitliche Entlastung um 2,3 Cent pro kWh gebracht.
Auch die im Koalitionsvertrag versprochenen anderen Umlagen wie die Offshore-Umlage hätten für Haushalte eine einheitliche Entlastung gebracht. Davon hätten allerdings stromintensive Industrieunternehmen, die oft Ausnahmeregeln haben, vergleichsweise wenig profitiert.
Wer es gut meint mit Schwarz-Rot, der könnte die fünf Cent pro kWh als geplante Energiepreis- und nicht nur als Strompreissenkung auslegen. In diesem Fall würde die Abschaffung der Gasspeicherumlage hinzukommen. Die liegt allerdings auch nur bei 0,3 Cent pro kWh Gas und kommt in der Regel nur dort vollständig an, wo mit Gas geheizt oder gekocht wird.
Nach ZfK-Informationen verhandelten das Wirtschafts- und Finanzministerium sowie die EU-Kommission intensiv über die Ausgestaltung der Strompreissenkung für Haushalte. Dabei war auch der Einbezug netzbezogener Umlagen ein Thema. Nicht ausgeschlossen ist, dass diese für 2027 kommen werden. Der Ministeriumsentwurf beschränkt sich ausdrücklich auf das Jahr 2026.
Auch in den folgenden Jahren solle es eine Entlastung mit einem Volumen von 6,5 Milliarden Euro für die Stromkunden geben, hieß es am Donnerstagabend aus dem Ministerium. Dies solle über die Netzentgelte erfolgen und möglicherweise auch anteilig über andere Umlagen.
Am Ende entscheidet übrigens der Bundestag über die Strompreissenkung 2026. Es ist nicht völlig auszuschließen, dass er noch Änderungen an der Strompreisentlastung vornimmt. Sollte er das erst kurz vor dem Jahreswechsel tun, würde er allerdings die Vorlaufprozesse noch einmal durcheinanderwürfeln. Im Interesse von Netzbetreibern und Versorgern wäre das wohl nicht.
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