Deutschland

Wasserstoffstrategie: Verbände fordern Tempo und Pragmatismus

Vor fast genau 1000 Tagen hat die Bundesregierung die Nationale Wasserstoffstrategie vorgelegt. Zukunft Gas und der Deutsche Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verband ziehen Bilanz.
06.03.2023

Die Bundesregierung arbeitet derzeit an einer Aktualisierung der Wasserstoffstrategie.

Zukunft Gas und der Deutsche Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verband halten den Start in die Wasserstoffzukunft für gelungen. Beide ziehen fast genau 1000 Tage nach der Vorstellung der Nationalen Wasserstoffstrategie Bilanz. „Erneuerbare und dekarbonisierte Gase sind fest in der Energiewende verankert. Was wir nun brauchen, sind mehr Pragmatismus und Geschwindigkeit“, betonten die beiden Vorsitzenden Timm Kehler und Werner Diwald gemeinsam in Berlin. 

Beide Verbände würdigten die Arbeit der Stiftung H2Global, die gegründet wurde, um den Hochlauf des Wasserstoffmarkts weltweit voranzubringen. Timm Kehler, Vorstand bei Zukunft Gas, ist sich sicher, dass eine solche effiziente Verzahnung der Förderinstrumente über die gesamte Lieferkette hinweg auch eine wirksame europäische Ant-wort auf den Inflation Reduction Act (IRA) der USA geben kann: „Gerade mit Blick auf den IRA und unsere Wettbewerbsfähigkeit auf dem globalen Markt dürfen wir jetzt nicht bei reinen Absichtserklärungen stehen bleiben. Wir benötigen deutlich mehr Pragmatismus, um Wasserstoff statt Richtlinien zu produzieren. Für einen international funktionsfähigen Wasserstoffmarkt bedarf es nun schnell klarer Herkunftsnachweise.“ 

Konkrete Maßnahmen benennen

Wasserstoff werde nicht nur unser Energiesystem vollständig verändern, sondern auch die Machtverhältnisse auf den globalen Energiemärkten verschieben. Diese Chance müsse Deutschland proaktiv nutzen. „Die Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie muss der Dimension einer zukünftigen grünen Wasserstoff-Marktwirtschaft gerecht werden und konkrete Maßnahmen für einen investitionssicheren Markthochlauf der Wasserstoffenergiewirtschaft in allen Sektoren benennen“, so Werner Diwald, Vorsitzender des Deutschen Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verbandes. 

Um den Energieträger Wasserstoff künftig breit nutzen zu können, ist der Aufbau einer Infrastruktur, sowohl hier als auch in den zukünftigen Exportländern unabdingbar. „Dabei ist unsere Ausgangslage sehr gut: Mit der bestehenden Gasinfrastruktur gibt es bereits ein tragfähiges Fundament“, betont Kehler. Europäische Energieinfrastrukturbetreiber haben darüber hinaus in der Initiative European Hydrogen Backbone ihre Vision für eine etwa 53.000 Kilometer lange Wasserstoffnetzinfrastruktur in 28 europäischen Ländern entwickelt, die zu großen Teilen aus umgewidmeten Erdgasleitungen bestehen wird. „Wir begrüßen, dass das BMWK den European Hydrogen Backbone umsetzen und Wasserstoff-Importterminals schaffen will. Auch bei den Terminals ist die Branche bereit. So entstehen beispielsweise in Wilhelmshaven und Stade nicht nur landbasierte LNG-Terminals, sondern Energy Hubs, die nach dem Ende der Erdgasnutzung für den Import dekarbonisierter und erneuerbarer Gase genutzt werden können“, so Kehler weiter. 

Kritik an staatlicher Netzgesellschaft

Kritisch sehen beide Verbände dagegen die Idee, eine neue staatliche Wasserstoff-Netzgesellschaft aufzubauen. Hierfür seien die etablierten privatwirtschaftlichen Akteure deutlich effizienter und schlagkräftiger aufgestellt und könnten schneller agieren. „Das Verteilnetz, das heute 20 Millionen Haushalte, aber eben auch 1,8 Millionen Gewerbe- und Industriekunden versorgt, muss in ein künftiges System eingebunden werden und dieses System sollte mit den Stromnetzen zu einem integrierten Energiesystem zusammenwachsen. Hierfür sind viel Engagement, Pioniergeist und Mut nötig. Eigenschaften, welche, die Gaswirtschaft mitbringt. Sie ist bereit, Gase neu zu denken. Was wir nun brauchen, ist, so viel Geschwindigkeit und Pragmatismus wie möglich, und so wenig Verwaltungsstruktur wie nötig“, betonten beide Vorsitzende. (amo)