Nachrichten

"Du sparst – wir spenden": Energiepakt-Kampagne wird fortgesetzt

Die Stadtwerke Karlsruhe bauen auf ihrer viralen Energiesparkampagne auf. Iman El Sonbaty erklärt der ZfK die Gedanken hinter dem Marketing.
17.11.2023

El Sonbaty ist Prokuristin sowie Leitung von Vertrieb, Marketing und Operations bei den Stadtwerken Karlsruhe.

Mit dem #EnergiePakt ist in Karlsruhe eine der spannendsten Kampagnen der vergangenen Monate im Energiebereich gelungen.

Im Interview mit der ZfK gibt die Geschäftsfeldleiterin Marketing bei den Stadtwerken Karlsruhe, Iman El Sonbaty eine Retrospektive und erklärt wie die Stadtwerke Karlsruhe nun auf der Kampagne aufbauen.

Frau El Sonbaty, schauen wir zurück nach 2022 zurück. Wie kam die Kampagne zustande?

Es war dritte Krisenjahr in Folge. Direkt zu Beginn der Krise haben wir als der "Energie- und Lebenspartner" überlegt, wie wir einerseits unseren Kund*innen helfen können und andererseits notwendige Einsparungen anreizen.

Getreu dem Motto "Zusammen sind wir stark" sind wir, die Stadtwerke Karlsruhe, mit acht weiteren regionalen Kommunen und deren Energieversorgern sowie weiteren Partnern aus Karlsruhe eine strategische Allianz eingegangen,– der #EnergiePaktKA, eine langlaufende Kampagne mit vielen Aktionen.

Im Rahmen dieser Offensive haben wir uns gemeinsam zum Ziel gesetzt während der Heizperiode mindestens 20 Prozent Strom- und/ oder Erdgas einzusparen.

Haben Sie die Kampagne im eigenen Haus entwickelt?

Ja, wir haben unsere Kampagne vollständig inhouse entwickelt und umgesetzt. Das war eine starke Teamleistung, auf die ich und das Management sehr stolz sind.

Eine transparente Kommunikation mit unseren Kunden*innen stand dabei an oberster Stelle. Im gesamten Karlsruher Stadtgebiet haben wir die Bürger*innen auf vielen Kanälen erreicht – durch digitale Kommunikation, klassische Presse- und Medienarbeit und out-of-home.

Die Summe der vielen kleinen Verhaltensänderungen in der breiten Bevölkerung und bei kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) führte zu einem großen Energieeinspareffekt. Wie in vielen anderen Kommunen sind auch in Karlsruhe die privaten Haushalte und die KMU für rund 80 Prozent des Verbrauchs verantwortlich.

Wie viele verschiedene Motive hatten Sie?

Die Kampagne #EnergiepaktKA hatte drei Phasen: Der Aufruf und Aufklärung im ersten Schritt. Wir haben das gemeinsame Einspar-Ziel, das waren 20 Prozent, kommuniziert und alle zur Teilnahme aufgerufen. Dafür entwickelten wir ein zentrales Key Visual als Leitmotiv, das auf allen on- und offline Kanälen genutzt wurde.

In der zweiten, sogenannten Bekenner-Phase haben wir haben führende Persönlichkeiten aus Karlsruhe, allen voran unser Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup und unser Stadtwerke Karlsruhe CEO Michael Homann, zu Wort kommen lassen. Sie haben sich öffentlich als konsequente Energiesparer*innen dargestellt und mit Plakaten wie "Ich bin Stoßlüfter!",, "Ich koche nur mit Deckel!", "Ich wasche nur bei 30 Grad!" gezeigt. Das hatte eine große Strahlwirkung in der Stadtgesellschaft.

In der abschließenden dritten Phase haben wir uns für die schnelle Zielübererfüllung von 27 Prozent bei unseren Kund*innen,  öffentlich bedankt. Dazu erschien ein "Danke"-Motiv im Rahmen einer 360-Grad-Kampagne auf allen Plattformen.

Lief die Kampagne ausschließlich in den sozialen Netzwerken?

Nein, wenn wir breite Bevölkerungsschichten erreichen wollen, geht das nur mit einem breiten Channel-Ansatz. Daher haben wir alle denkbaren Kanäle und Kontaktpunkte genutzt, inklusive out-of-home Plakate und Radiospots im Stadtsender.

Daneben wollten wir persönlich ansprechbar sein und niedrigschwellige Beratungsangebote anbieten. Wir haben mehr als 3.500 Energieberatungen durchgeführt, waren bei über 40 Präsenztagen auf Veranstaltungen in Karlsruhe und haben mit unserem Energiemobil eine Roadshow bei den Menschen vor Ort durchgeführt.

Ganz besonders habe ich mich über die Stadtwerke Karlsruhe Kolleg*innen gefreut, die sich freiwillig bereit erklärt haben, in Schulklassen und Schulhöfen in Karlsruhe, mit den Schülern über das Thema Energieeffizienz, Klimaschutz und zu den Hintergründen der Energiekrise zu diskutieren. Davon haben wir mehr als 200 Termine absolviert.

Sie haben unter anderem den Bürgermeister zum Mitmachen motiviert, daraus entstand dann ein kleiner viraler Moment: Wie reagiere ich als Unternehmen auf sowas? Sollten Stadtwerke mit ihrer Werbung versuchen, virale Momente zu erzeugen?

"Die Energiekrise hat uns dazu gebracht, deutlicher zu kommunizieren."

Wir sind fester Teil der Stadtgesellschaft, sind nah am Stadtgeschehen und freuen uns natürlich, wenn wir einen viralen Moment schaffen, der zum Stadtgespräch wird.

Unsere städtische Präsenz ist seit jeher hoch, früher war es vor allem in Form von reinem Sponsoring. Unser Stadtwerke Logo war in der Stadt sichtbar. Wir waren stark physisch präsent und im ständigen Dialog mit Kunden und Nicht-Kunden vor Ort. Heute wollen wir das Stadtleben viel aktiver mitgestalten.

Es war bisher kein Ziel von uns, zu polarisieren. Aber die Situation durch die Energiekrise und die Zielsetzung der Defossilisierung hat uns dazu gebracht, umzudenken und auch mal lauter, deutlicher und intensiver zu kommunizieren.

Das haben wir im Zuge unsere Kampagne versucht und einen viralen Moment geschaffen. Da war das meisten Feedback zum Glück positiv, aber natürlich nicht ausschließlich. Wir haben lernen müssen, wie es sich anfühlt, plötzlich Gesprächsthema zu sein, auch mal Gegenwind auszuhalten und damit intern souverän umzugehen.

Wie kann man für Energiesparen werben, ohne belehrend oder übergriffig zu wirken?

Wir sehen hier drei Ansatzpunkte: Der erste Punkt ist es, den Menschen klar zu machen, dass wir mit unserer Energieeinspar-Offensive gegen unser finanzielles Interesse agieren. Das hat die Glaubwürdigkeit der Kampagne ab Tag eins erhöht.

Zweitens: Bei sich selbst anfangen und als Vorbild vorweg gehen. Wir haben in der Kampagne gezeigt, wie wir als Stadtwerke Karlsruhe und wie die Mitarbeiter*innen sparen. Für diese Aktion konnten wir auch den Karlsruher Oberbürgermeister persönlich gewinnen, der seine Spartipps gezeigt und sich verpflichtet hat.

Drittens: Wir haben alle für ein gemeinsames Einsparziel begeistert – bei uns waren das 20 Prozent. Darauf aufbauend haben wir dann konkrete Tipps, individuelle Energieberatung und echte Hilfestellung und Unterstützung sowie Inspiration gegeben. Unser Handlungsmotiv dabei: "Sparen, wo es nicht wehtut". Das ist bei vielen auf offene Ohren gestoßen.

Konnten Sie Einsparungen messen, auf die Kampagne zurückzuführen sind?

Ja, das konnten wir. Damit wir die Einsparungen verfolgen konnten, mussten sich unsere Kund*innen aktiv für die Kampagne auf unserer Webseite anmelden. Wir hatten also für jeden Energievertrag und jeden teilnehmenden Haushalt einen Vorher-Nachher-Vergleich. Natürlich war es wichtig, auch eine temperaturbereinigte Betrachtung vorzunehmen. Im letzten Winter hatten wir Glück – mal sehen, wie kalt es dieses Jahr wird.

Ganz besonders freue ich mich, dass wir unseren EnergiePakt fortsetzen werden. Denn auch wenn die Energiekrise langsam abebbt, bleibt das Energiesparen und die Erhöhung der Energieeffizienz ein wichtiges Thema, um unsere Klimaziele zu erreichen.

Was macht eine gute Kampagne für Sie aus?

Zuallererst eine saubere Konzeption mit klarer Zieldefinition. Darauf baut alles andere auf.
Denn eine Kampagne kann informieren, emotionalisieren, Wissen vermitteln, Vertrauen stärken, Kunden aktivieren oder sogar mobilisieren, wie es uns mit unserem #EnergiePakt gelungen ist.

"Die Kinder und Jugendlichen in Karlsruhe spielen beim Thema Energieeffizienz die Schlüsselrolle."

Apelle, Nudges, oder Verbote: Was ist der beste Weg um Verbraucher zum Energiesparen, zu animieren?

Ich denke, dass aktives "Bewusstsein schaffen" wirklich Berge versetzen kann. Aus diesem Grund spielen die Kinder und Jugendlichen in Karlsruhe beim Thema Energieeffizienz die Schlüsselrolle.

Wenn sie die Chancen des Energiesparens verstanden haben und die Nachteile, die unnötiger Verbrauch mit sich bringt, werden sie zu echten Botschafter*innen und Multiplikator*innen innerhalb ihrer Familien-, Freundes- und Bekanntenkreise.

Kinder und Jugendliche werden oft unterschätzt. Wir tun das nicht, sondern arbeiten insbesondere für unsere nächste Generation. Nun schließt sich der Kreis mit unserer Folge-Kampagne und einem konkreten finanziellen Beitrag gegen Kinderarmut in Karlsruhe und einem hoffentlich monatlich höherem verfügbaren Einkommen für jeden Haushalt in Karlsruhe dank der Energieeinsparungen.

Es geht immer um eine kluge Kombination an Maßnahmen, die erst zusammen richtig wirken. Ich persönlich glaube zudem an die Kraft des Marktes und bin ein großer Freund der CO2-Steuer, weil sie der Bevölkerung persönliche Vor- und Nachteile spürbar macht. Das Alles muss natürlich von einer handwerklich wirksamen Kampagne begleitet werden. 

Wie geht es weiter? Ist eine Fortsetzung geplant?

Ja, denn das Thema Energiesparen ist und bleibt eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Der kommende Winter ist der erste ohne russisches Erdgas. Die Fortsetzung unseres Kampagnenkonzepts läuft unter dem Motto "Du sparst, wir spenden". 

Aktuell sind knapp 5.000 Kinder und Jugendliche in Karlsruhe von Armut betroffen. Die Energiekrise traf sie überproportional stark. Ihnen wollen wir helfen. Wir spenden in großem Umfang an soziale Einrichtungen in Karlsruhe und unterstützen von Armut betroffene Kinder bei der gleichberechtigen Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben.

Die Spendenlogik ist transparent und einfach nachvollziehbar. Ein fester Betrag in Höhe von 25.000 Euro wird für die Hanne Landgraf Stiftung, unter der Schirmherrschaft des Oberbürgermeisters der Stadt Karlsruhe und dem Sportkreis Karlsruhe e.V., unter der Schirmherrschaft unseres Geschäftsführers Michael Homann, bereitgestellt. Durch sparsamen Energieverbrauch erhöht sich die Spendensumme. Jedes Prozent an Einsparung bedeutet zusätzliche 1.000 Euro für die Spenden.

(Die Fragen stellte Pauline Faust)