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Eon-Chef fordert radikalen Politikwechsel

Weniger Planwirtschaft und Bürokratie, mehr Vertrauen in die Kraft des Marktes und die Klugheit der Bürger: Leonhard Birnbaum will ein Umdenken bei der Energiewende.
29.01.2025

Leonhard Birnbaum wünscht sich mehr Markt (Archivbild).

Von Ariane Mohl

Leonhard Birnbaum sieht die Energiewende in Gefahr. Sie müsse auf eine neue Basis gestellt werden, um die Akzeptanz bei den Bürgern, aber auch die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie zu erhalten. Gelingen werde das nur durch einen Politikwechsel, sagte der Eon-Chef bei einem Treffen mit Journalisten in Berlin. Birnbaums Forderung: weniger überflüssige Regulatorik, weniger künstlich geschaffene Komplexität, einfachere Prozesse. Dann werde die Energiewende auch wieder attraktiv für Investoren, betonte Birnbaum.

Die Transformation lasse sich nicht planwirtschaftlich verordnen oder steuern, führte der Energiemanager aus. "Unsere Energiepolitik muss agiler, marktorientierter und pragmatischer werden. Weg vom planwirtschaftlichen Ansatz mit Detailzielen", ist der Eon-Chef überzeugt. Mit dem Emissionshandel existiere ein regulatorischer Rahmen, der vollkommen ausreichend wäre. Die Politik sollte dem Markt, aber auch der Klugheit der Bürger vertrauen, statt sich in eine Regelungswut hineinzusteigern.

Erneuerbare in den Markt entlassen

Es sei längst an der Zeit, die Erneuerbaren in den Markt zu "entlassen", sagte Birnbaum. Einspeiser, die sich netzdienlich verhalten, müssten belohnt werden, und die, die es nicht tun, müssten dies auch spüren. Eine weitere Forderung: Grünstrom, der abgeregelt werden muss, weil der Windpark dort steht, wo man seinen Strom nicht braucht oder keine ausreichende Netzkapazität vorhanden ist, sollte auch nicht mehr vergütet werden. Zudem sollte bei den Erneuerbaren nur da zugebaut werden, wo sie aus Netzsicht am wenigsten Ausbau- und am wenigsten Systemkosten verursachen.

Ein Themenfeld, das Birnbaum intensiv umtreibt, ist auch die Digitalisierung der Energieinfrastruktur. Deutschland sei beim Smart-Meter-Rollout Schlusslicht, "weil wir es perfektionistisch und umständlich machen".

Weniger Dirigismus

Birnbaums Fazit: Die Politik sollte einsehen, dass es insbesondere in der Energiepolitik weniger um Einzelmaßnahmen auf gesetzgeberischer Ebene gehe. "Was wir brauchen, ist eine allgemeine Kurskorrektur in Richtung weniger Bürokratie, weniger Dirigismus". Dann könnte die Energiewende in Deutschland doch noch zu einer Erfolgsgeschichte werden.

Die wirtschaftliche Gesamtentwicklung in Deutschland ist laut Birnbaum besorgniserregend. Für viele traditionelle Industrien gehe es mehr und mehr ums Überleben. Bei Zukunftsfeldern wie Künstlicher Intelligenz sei man hierzulande zu langsam, auf das Risiko fokussiert und ängstlich. Ein weiterer Kritikpunkt: Das Zinsumfeld und Finanzierungen seien schwierig. Es gebe derzeit relativ wenige Gründe, in Europa zu investieren.

Wachstum stärken, Transformation ermöglichen

Birnbaums Credo: Bürokratie hemme Wachstum und Innovationen. Generell sei Wachstum Voraussetzung für die Finanzierbarkeit der Energiewende. "Die Transformation kann überhaupt erst in einer wachsenden, starken Volkswirtschaft gelingen. Folglich müssen wir zunächst einmal das Wirtschaftswachstum stärken, um auf dieser Grundlage eine Transformation zu ermöglichen", machte Birnbaum unmissverständlich klar.

Den Eon-Konzern sieht Birnbaum trotz widriger Rahmenbedingungen gut aufgestellt. Das Geschäftsmodell stehe "fester und klarer denn je".