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Lechwerke starten Solar-Cloud

Strom, der im Sommer gespeichert und erst im Winter genutzt wird: Die LEW AG stellt auf der Bilanzpressekonferenz ihr neues Produkt vor. Und es gibt weitere Neuigkeiten. Zudem erhöht sich die Dividende der Innogy-Tochter um 20 Cent.
20.03.2018

Markus Litpher (rechts) und Norbert Schürmann (links), Vorstände der LEW-Gruppe, haben heute in Augsburg die Bilanz des Geschäftsjahres 2017 der LEW-Gruppe vorgestellt.

Inzwischen setze jeder Zweite, der bei den LEW eine Photovoltaikanlage neu ans Netz angeschlossen habe, einen Batteriespeicher ein, sagte Norbert Schürmann, Vorstandsmitglied bei den Lechwerken auf der Bilanzpressekonferenz. Zum Ende des vergangenen Jahres wurden bereits über 2600 Batteriespeicher mit einer durchschnittlichen Nennkapazität von 6,9 Kilowattstunden angeschlossen. Mit Batteriespezialisten Varta schloss das Unternehmen im vergangenen Sommer eine Kooperation: Varta übernimmt die Lieferung der Hardware, LEW die Rolle des Systemdienstleisters.

Ein "Problem" bleibe aber bestehen, so Schürmann: Jeder Batteriespeicher habe eine begrenzte Kapazität. Selbst erzeugten Strom für die Nacht speichern funktioniert, jedoch den Strom vom Sommer in den Winter zu speichern bislang nicht. Das Produkt Solar-Cloud könne man sich wie eine Art Stromkonto vorstellen. Selbst erzeugte Kilowattstunden, die nicht sofort verbraucht werden, fließen virtuell in einen Speicher. Kunden können die Strommengen nun bei Bedarf "abbuchen", wenn die aktuelle Erzeugung nicht ausreicht. Mit dem virtuellen Speicher lasse sich der von PV-Anlagen erzeugte Strom saisonal verschieben und das ganze Jahr nutzen. Das Produkt soll in zwei Wochen starten.

Zukunftsträchtiges Geschäftsfeld PV

Der Anteil der erneuerbaren Energien am Stromverbrauch liegt bei den Lechwerken mittlerweile bei über 75 Prozent. Aufgrund der vielen Sonnenstunden summiert sich die Einspeisung aller an das LEW-Stromnetz angeschlossenen dezentralen Anlagen auf 5,7 Mrd. kWh. Auf Photovoltaik-Anlagen entfallen dabei 1,6 Mrd. kWh. Insgesamt liefern dort fast 73 000 EEG-Anlagen Strom – allein vergangenes Jahr kamen 2000 neue dazu.

Der Trend gehe dabei klar in Richtung Eigenverbrauch: Fast 90 Prozent der PV-Anlagen, die 2017 neu ans Netz angeschlossen wurden, hatten eine Leistung von weniger als zehn Kilowatt. In der PV sieht man ein zukunftsträchtiges Geschäftsfeld, weswegen die LEW eigene PV-Erzeugungskapazitäten aufbauen. Zum Teil handle es sich um größere Freiflächenanlagen, die auf eigenen Grundstücken errichtet werden. Hinzu kommen aber auch an knapp einem Dutzend Standorten PV-Anlagen auf Dächern. Insgesamt sei  2018 der Aufbau eigener PV-Erzeugung mit einer Gesamtleistung von rund drei Megawatt geplant.

Solarfolie im Praxistest

Neu erprobt wird bei den Augsburgern auch eine völlig neue Technologie: die Solarfolie. Sie klebt seit sechs Monaten am LEW-Standort in Augsburg Oberhausen an der Fassade und erzeugt Strom. Getestet wird mit der Mutter Innogy und dem Hersteller Heliathek. Das Gewicht der Folie ist mit einem Kilogramm pro Quadratmeter äußerst gering und bietet laut den Lechwerken interessante Optionen sowohl für neue als auch bei bestehenden Gebäuden. Nachdem die erste Bilanz des Praxistest positiv ausfiel, werde man zwei weitere Pilotanlagen mit deutlich größerer Fläche und Leistung installieren. Wo die Folie dann kleben wird, wollte die Innogy-Tochter nicht verraten.

Schweigsam blieb der Regionalversorger auch zu Fragen zum Eon-RWE-Deal um Innogy. Man bat gleich zum Anfang der Bilanzpressekonferenz um Verständnis, sich dazu nicht äußern zu wollen. Man werde die erfolgreiche Arbeit weiter fortsetzen. Für Kunden, Partner und das Geschäft werde es durch die Ankündigung keine Änderungen geben, man bleibe weiter der zuverlässige Partner und Treiber der Energiewende in der Region, unterstrich Vorstandsmitglied Markus Litpher.

E-Mobilität geht voran

Stolz ist man bei den Lechwerken auch auf den Ausbau der Ladeinfrastruktur. Laut Litpher umfasst sie bereits 150 Ladepunkte für E-Autos und 40 Ladestationen für E-Bikes. Ihr Ausbau wird dieses Jahr nochmals ordentlich Fahrt aufnehmen: Im Sommer haben die Lechwerke eine Förderzusage aus dem Bundesprogramm Ladeinfrastruktur bekommen. Das Ladenetz werde bis zum Sommer daher deutlich erweitert. Die LEW setzen dabei vor allem auf Gleichstrom-Schnellladetechnik. Das Angebot wird demnach angenommen: Die Zahl der Ladevorgänge nehmen kontinuierlich zu. "Insgesamt haben wir 2017 an den LEW-Ladestationen rund 18 800 Ladevorgänge gezählt", so Litpher. 2015 waren es noch 11 000. Der Versorger hat auch Ladezellen für ihre Kunden zu Hause im Angebot.

Digitale Lösungen im Kundenkontakt seien zudem unverzichtbar, kommt Schürmann zu einem weiteren Punkt: "Bei unseren Großkunden gehen wir einen ganz neuen und so bislang einmaligen Weg der Kundenbetreuung: Wir haben eine Plattform entwickelt, über die wir Kundengespräche nun digital führen können." Der sogenannte Live Contract mache Online-Beratungsgespräche und hier sogar Vertragsabschlüsse möglich. Berater und Kunden treffen sich in einem virtuellen Besprechungsraum, sehen den gleichen Bildschirm und tauschen sich dazu direkt aus. Das neue Angebot werde sehr geschätzt und gut angenommen, so Schürmann. Man setze aber auch weiter auf analoge Beratung vor Ort bei den Kunden.

Die Zahlen

Das vergangene Geschäftsjahr 2017 bewerteten die beiden Vorstände Schürmann und Lipther als erfolgreich. Zwar sank der Gesamtumsatz im Vergleich zum Vorjahr leicht mit 2,3 Mrd. Euro. Darin enthalten sind auch die Einspeisevergütung und Marktprämien für EEG-Anlagen, die bei 760 Mio. Euro lagen.

Der Stromabsatz ging mit 17,5 Mrd. kWh ebenfalls leicht zurück: Vor allem im volumenstarken Segment Energieversorgungsunternehmen/Vertriebshandel habe man einen rückläufigen Absatz verzeichnet. Bei den Privatkunden hätten sich die kontinuierlichen Maßnahmen zur verbesserten Energieeffizienz und der weiter gestiegene Eigenverbrauch bemerkbar gemacht. Zudem reduzierten die Lechwerke die vertrieblichen Aktivitäten bei der Akquise von Neukunden – dementsprechend ging der Absatz leicht zurück. Bei den Geschäftskunden konnte man den Absatz um knapp sieben Prozent erhöhen, vor allem durch Absatzsteigerungen bei großen Bestandskunden und der Akquise von Neukunden. Sehr erfreulich habe sich der Gasabsatz entwickelt – in allen Kundensegmenten. Dieser wuchs In Summe auf rund zwei Mrd. kWh. Vor allem bei Privatkunden, aber auch im Segment Energieversorgungsunternehmen/Vertriebshandel machten sich die Steigerungen bemerkbar.

Steigende Dividende

Zwar liegen die Investitionen der Lechwerke seit Jahren auf Rekordniveau, 2017 erreichten sie jedoch einen erneuten Höchststand mit 107 Mio. Euro. Der Großteil davon fließt ins Netz. Das betriebliche Ergebnis, also das bereinigte Ebit, der LEW-Gruppe lag bei 191 Mio. Euro. Es war durch einen Einmalertrag geprägt, nämlich die Bewertungsumstellung der bestehenden Pensionsrückstellungen für die Mitarbeiter. Diese wurden in die Gewinnrücklagen eingestellt und fließen in den kommenden Jahren wieder zurück in die Pensionsrückstellungen.  Der Jahresüberschuss abzüglich der Einstellung in die Gewinnrücklagen lag bei 99,3 Mio. Euro – also rund sieben Millionen über dem Vorjahreswert.

Man plane vor diesem Hintergrund der Hauptversammlung eine um 20 Cent höhere Dividendenausschüttung von 2,80 Euro je Stückaktie vorzuschlagen, sagte Litpher. Das Handelsvolumen der Aktien der Lechwerke habe 2017 ein Zehnjahreshoch erreicht. Im vergangenen Jahr stieg der Aktienkurs weiter und setzte damit den positiven langjährigen Trend fort. Für 2018 strebe man an die Dividende auf den Vorjahresniveau zu halten.

Am Mittwoch startet der abschließende Feldversuch des Forschungsprojekts "LINDA". Bei einem großflächigen Stromausfall werden Erzeugungsanlagen vor Ort, im Besonderen die Wasserkraft, beim Aufbau eines lokalen Inselnetzes genutzt. Die ZfK wird berichten, wie der Test verlief. (sg)

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