Von Angebot bis Dokumentation: Zolar will das Solarhandwerk digitalisieren

Torben Schwellnus ist CEO von Zolar, zuvor baute er als CTO die Zolar-Plattform maßgeblich mit auf.
Bild: © Zolar
Auch wenn der PV-Ausbau weiter geht, der Hype ist vorbei. Das merken viele in der Solarbranche. So hat sich auch Zolar in Eigenverwaltung in die Insolvenz begeben, im Herbst 2024 gab es schon eine inhaltliche Neuaufstellung mit dem Ausstieg aus dem Privatkundengeschäft.
Herr Schwellnus, aus welchen Gründen hat Zolar Insolvenz angemeldet?
Unser Plan ist unverändert, uns nach dem Rückzug aus dem Privatkundengeschäft als Partner und SaaS-Dienstleister des Solar-Handwerks neu aufzustellen. Auf diesem Weg haben wir in den vergangenen Monaten deutlich bessere Fortschritte gemacht, als wir das ursprünglich geplant hatten. Wir mussten allerdings einsehen, dass die Verpflichtungen aus dem auslaufenden B2C-Geschäft zu groß sind, als dass wir in der Zeit, die wir dafür haben, ein konkurrenzfähiges B2B-Geschäft aufbauen und gleichzeitig diesen Verpflichtungen nachkommen können. Wir müssen beides voneinander trennen. Deshalb haben wir den Entschluss gefasst, die Sanierungschancen des Insolvenzrechts zu nutzen, um die laufende Neuausrichtung zu intensivieren und zu beschleunigen.
Ist der Solar-Hype vorbei?
Der Solar-Hype ist auf keinen Fall vorbei. Aber der Markt ändert sich gerade gewaltig. Noch vor wenigen Jahren war die Nachfrage relativ homogen: Eine PV-Anlage auf dem Dach, ein Netzanschluss, eventuell noch ein Heimspeicher – das reichte den meisten Haushalten. Inzwischen sind die Anforderungen aber sehr viel individueller. Sie reichen von Reparaturen an alten Anlagen über die Nachrüstung einer Wärmepumpe bis hin zum Upgrade von in die Jahre gekommener Technik und energetischer Dach- und Gebäudesanierung.
Das ist kein Markt für große Plattform-Anbieter wie auch wir es waren. Folgerichtig haben kleinere, lokale Installationsbetriebe nach wie vor einen Marktanteil von mehr als 80 Prozent auf dem PV-Markt. Diesen rund 14.000 Betrieben in Deutschland eine für die Branche maßgeschneiderte, volldigitale Softwarelösung anzubieten – das wiederum ist ein hervorragender Markt für einen großen Plattform-Anbieter. Und genau auf diesen Markt konzentrieren wir uns nun.
Zolar hat sich vom Geschäft als Installateur für Solaranlagen zurückgezogen. Worauf fokussieren Sie sich nun?
Zolar wird zur Plattform für Installateure, die Photovoltaikanlagen, Batteriespeicher, Ladesäulen oder Wärmepumpen anbieten. Wir stellen eine durchgängige Lösung bereit, die sämtliche Prozessschritte digital abbildet: von der Kundengewinnung über die Projektplanung und -durchführung bis hin zur Abrechnung und Inbetriebnahme.
Woher kommt diese Ausrichtung?
Wir haben diese Plattform ursprünglich für unsere eigenen Installationspartner entwickelt, als wir noch selber installiert haben. Damals war das Tool rein für unsere eigenen Projekte gedacht, aber die Partner haben immer wieder gefragt, ob sie es auch für ihre eigenen Projekte nutzen dürfen. Die Antwort lautete lange: "Nein, wir sind kein Softwareunternehmen." Heute lautet die Antwort: "Doch, sind wir." Das war die strategische Neuaufstellung – vom Solaranlagenanbieter zum Plattformanbieter für die Energiewende im Handwerk.
Warum gibt es so ein großes Digitalisierungspotenzial?
Wir haben uns intensiv mit der aktuellen Lage im Handwerksmarkt beschäftigt – dazu gab es zuletzt auch eine sehr aufschlussreiche Studie von Goldman Sachs. Diese wurde unter anderem von Expert:innen erstellt, die den Handwerkssektor im Kontext von Schuldenbremse und politischen Rahmenbedingungen analysiert haben. Der zentrale Befund: In Deutschland sind die Pläne für den Ausbau erneuerbarer Energien ambitioniert – aber es fehlt massiv an Personal, um sie umzusetzen. Die Handwerksbetriebe haben eigentlich genug Aufträge, es mangelt nicht an Arbeit – sondern an Kapazitäten.
Ein wesentlicher Engpass liegt dabei in der Effizienz. Viele Handwerksbetriebe verbringen einen erheblichen Teil ihrer Zeit mit administrativen Aufgaben, Dokumentation und Koordination – also mit Tätigkeiten, die nicht unmittelbar wertschöpfend sind. Aus unserer Sicht – und das bestätigt auch unsere eigene Untersuchung vom vergangenen Sommer – liegt hier ein enormes Potenzial.
In einer Befragung unter unseren Partnerbetrieben haben wir herausgefunden, dass allein durch die Reduktion von administrativen Reibungsverlusten ein Effizienzgewinn von bis zu 20 Prozent möglich wäre. Das heißt konkret: mehr abgeschlossene Projekte, höhere Margen, mehr grüne Energie, die tatsächlich verbaut und angeschlossen wird. Das zeigt: Es ist nicht in erster Linie ein Problem mangelnder Nachfrage, sondern fehlender Umsetzungskapazitäten. Und genau hier setzen wir mit unserer Plattform an – um Installateure zu entlasten, Prozesse zu verschlanken und damit den Gesamtausbau zu beschleunigen.
Wo stehen wir gerade bei der Digitalisierung im Handwerk?
Es bleibt viel zu tun. Zwar nutzen mittlerweile fast alle Installateure in irgendeiner Form digitale Tools, das Bild ist jedoch sehr heterogen. Besonders bei kleinen und mittelgroßen Betrieben. Wir richten uns mit unserer Plattform gezielt an Installationsunternehmen mit etwa 5 bis 100 Mitarbeitenden. Selbst in dieser Gruppe unterscheiden sich die Digitalisierungsgrade erheblich.
Wo genau liegen die Potenziale?
Gerade bei den kleineren Betrieben sehen wir häufig, dass zwar digitale Werkzeuge verwendet werden, diese aber nicht integriert sind. Ein typischer Ablauf sieht dann so aus: Angebote werden mit Word oder PowerPoint erstellt, in PDFs umgewandelt und per E-Mail verschickt. Für die Planung kommt ein anderes Tool zum Einsatz, dessen Ergebnisse wiederum händisch ins Angebot übertragen werden. Dieser Medienbruch zwischen den verschiedenen Prozessschritten ist nicht nur ineffizient, sondern auch fehleranfällig.
Etwas größere Betriebe arbeiten oft schon mit automatisierten Angebotstools oder haben andere Prozesse teilautomatisiert. Aber auch hier fehlt oft die durchgängige Integration aller Systeme. Genau hier setzen wir mit unserer Plattform an: Wir bündeln die relevanten Prozessschritte in einer Lösung, um Medienbrüche zu vermeiden und Abläufe effizienter zu gestalten. Dafür entwickeln wir eigene Tools innerhalb unserer Plattform, stellen aber auch gezielt Schnittstellen zu bestehenden, spezialisierten Softwarelösungen bereit – zum Beispiel für die Solardachplanung. Es gibt bereits gute Lösungen auf dem Markt, die viele Installateure kennen und nutzen – diese binden wir über Integrationen ein, um einen echten Mehrwert zu schaffen.
An welchem Projekt arbeiten Sie gerade?
Ein weiterer Schritt wird die Integrierung von einem Tool für die Netzanmeldung sein. Die 800 Netzbetreiber haben 800 unterschiedliche Formulare dafür. Mit unserer KI können wir das Ausfüllen der Anträge und Zusammenstellen der notwendigen Dokumentation schon heute weitestgehend automatisieren.
Der Solarmarkt schwächelt gerade, was die privaten Aufdachanlagen angeht. Das Wachstum war im vergangenen Quartal gut 20 Prozent schwächer als im Vorjahresquartal, wie Zahlen des Bundesverbandes der Solarwirtschaft zeigen. Braucht es mehr Förderung?
Der Markt ist erwachsen genug. Eine durchschnittliche private PV-Anlage in Deutschland rentiert sich auch ohne Förderung im Schnitt schon nach 7 bis 10 Jahren. In der Summe brauchen wir also keine finanzielle Förderung. Viel wichtiger für den Markt ist, dass Förderungen und Regulierung stabil sind und wir keine großen Überraschungen erleben.
Die Fragen stellte Pauline Faust