Abwasser

Wie Klärwerke zum wichtigen Akteur im Energiemarkt werden können

In einem neuen Projekt will die Universität Erlangen-Nürnberg testen, welches zusätzliche Potenzial Klärwerke als flexibler Strom- und Gasanbieter haben. Dem Klärgas fällt dabei eine Schlüsselrolle zu.
03.12.2020

Blick vom Klärwerk 1 auf Nürnberg. Hier soll der Methanisierungsreaktor installiert werden.

Können Klärwerke schon bald zu einem deutlich wichtigeren Akteur im Energiemarkt werden als bisher? Mit dieser Frage beschäftigt sich der Lehrstuhl für Energieverfahrenstechnik der Universität Erlangen-Nürnberg in einem neuem Projekt namens "Kläffizient".

Zusammen mit der Stadtentwässerung und Umweltanalytik Nürnberg (SUN), einem Eigenbetrieb der Stadt, sowie dem Expertenteam Eta Energieberatung erforscht die Uni das Potenzial von Klärwerken als Strom- und Gasanbieter. Die Versuche begannen im Oktober 2020 und dauern drei Jahre. Sie werden vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie mit etwa 400.000 Euro gefördert.

Reaktor für Methanisierung

Ziel sei die Erprobung der flexiblen Methanisierung von Klärgas im Energiemarkt, gibt das Forschungsteam in einer Pressemitteilung bekannt. Dafür werde auf dem Gelände des Klärwerks Nürnberg ein Methanisierungsreaktor installiert.

Bei der Reinigung von Abwasser fällt Klärgas an, das zu zwei Dritteln aus Methan und zu einem Drittel aus Kohlenstoffdioxid besteht. Während der Methananteil des Klärgases in Blockheizkraftwerken zur Wärme- oder Stromerzeugung genutzt wird, entweicht das klimaschädliche Kohlenstoffdioxid in die Atmosphäre.

Interessante Technologie

Aus dieser Not ließe sich jedoch eine Tugend machen, ist das Forschungsteam überzeugt: Denn bei hohen Temperaturen reagiere Kohlenstoffdioxid unter Zugabe von Wasserstoff zu Methan und Wasser. Dieses Verfahren wird Methanisierung genannt.

Der benötigte Wasserstoff stamme idealerweise aus der Elektrolyse von Wasser, die mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben werde, erläutert das Forschungsteam. Bei der Elektrolyse entstehe Sauerstoff, den die Kläranlagen zur biologischen Reinigung des Schmutzwassers nutzen könnten.

Wasserstoff aus Flaschen

"Der Methanisierungs-Modellanlage im Klärwerk Nürnberg wird allerdings keine Elektrolyse vorgeschaltet, der Wasserstoff kommt für den Versuchsbetrieb noch aus Flaschen", erklärt Matthias Germeroth, Energiemanager bei SUN. Bei der Simulation des Energiesystems der Kläranlage im Modell werde die Elektrolyse jedoch berücksichtigt.

Das Forschungsteam will ebenso testen, wie sich eine Kläranlage flexibel auf wechselnde Strom- und Gaspreise einstellen kann. Wenn der Strompreis im Winter steigt, weil die Photovoltaikanlagen weniger liefern, könnte die Kläranlage ihre Stromproduktion erhöhen. Im Sommer biete sie dann Biomethan oder Bioerdgas an, das direkt zum Endverbraucher geleitet oder gespeichert werde.

Umweltfreundliche Klärwerke

"Unser Ziel ist eine wirtschaftliche Betriebsweise von Klärwerken, die die Umwelt nicht belastet, sondern entlastet und dabei noch ‚grünes Gas‘ für unsere Wärme- und Stromversorgung gewinnt", sagt Volkmar Schäfer von der Eta Energieberatung. (ab)