Wackelt die Herstellerverantwortung?

Große Herausforderung für die EU: Nur 29 Prozent der europäischen Oberflächengewässer befinden sich in einem chemisch guten Zustand.
Von Elwine Happ-Frank
Am kommenden Mittwoch, den 7. Mai, stimmt das Europaparlament über seine Position zur geplanten Wasser-Resilienzstrategie der EU-Kommission ab. Dabei steht nun auch ein Änderungsantrag mehrerer EU-Abgeordneter zur Abstimmung, der die EU-Kommission zu einer neuen Folgenabschätzung der Herstellerverantwortung auffordert.
Seit Anfang des Jahres ist die EU-Kommunalabwasserrichtlinie nun in Kraft und befindet sich derzeit in der Umsetzung in nationales Recht. Seither läuft vor allem die deutsche Pharmaindustrie dagegen Sturm. Denn die Richtlinie verpflichtet Arzneimittel- und Kosmetikhersteller, mindestens 80 Prozent der Kosten für die Entfernung von Mikroverunreinigungen aus dem Abwasser zu tragen.
In dem Änderungsantrag wird nun darauf hingewiesen, dass "es unterschiedliche Zahlen und Einschätzungen hinsichtlich der Auswirkungen auf den Pharmasektor und damit auf die Verfügbarkeit und Bezahlbarkeit von Arzneimitteln gibt". Deshalb fordern die Antragsteller die Kommission auf, eine neue und umfassende Bewertung der Auswirkungen auf diesen Sektor durchzuführen.
Geplant ist ein "Europäischer Blauer Deal"
Die geplante Wasserresilienzstrategie ist eines der Never-Ending-Projekte der EU. Schon 2023 kündigte EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen eine entsprechende Initiative an. Diese wurde aber immer wieder von der Agenda genommen.
Doch die Herausforderungen sind groß. In einem Bericht vom Oktober 2024 schildert die EU-Umweltagentur den aktuellen Zustand des Wassers in Europa. Danach steht die Wasserversorgung in Europa unter erheblichem Druck und die Wassersicherheit heute und in Zukunft vor großen Herausforderungen.
Nur 29 Prozent der Oberflächengewässer befinden sich in einem chemisch guten Zustand, das heißt, dass die festgelegten Grenzwerte bestimmter Schadstoffe nicht überschritten werden. Beim Grundwasser befinden sich 71 Prozent in einem chemisch guten Zustand.
Seit Jahren wird nun ein "Europäischer Blauer Deal" von einer parteiübergreifenden Wassergruppe im EU-Parlament gefordert. Die Abgeordneten warnen, dass insbesondere Europas grüner und digitaler Wandel die Wasserressourcen zusätzlich belastet, so zum Beispiel wasserintensive Sektoren wie die Halbleiter- und Wasserstoffproduktion.
Sorgen beim VKU
Im zweiten Quartal 2025 will die EU-Kommission nun ihre Wasser-Resilienzstrategie veröffentlichen. In einer Stellungnahme dazu begrüßt der BUND die Initiative und damit verbunden das Ziel der EU, das Wasser- und Gewässermanagement strategisch anzugehen.
Ein Kernproblem in der EU seien aber nicht fehlende Gesetzgebungen. Vielmehr bestehe ein massives Umsetzungdefizit, stellt die Organisation in einer Stellungnahme fest. Beispielsweise erscheine die fristgerechte Umsetzung der Ziele der EU-Wasserrahmenrichtlinie mit einer Verbesserung der Qualität der Gewässer mittlerweile utopisch. Allerdings dürfte die geplante europäische Wasser-Resilienzstrategie nicht dazu dienen, die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie zu verschleppen oder gar auszuheben.
Auch der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) zeigt sich angesichts des Änderungsantrags der EU-Abgeordneten besorgt: "Der von Brüssel geforderte Ausbau der Kläranlagen ist finanziell nur darstellbar, wenn sich die Hersteller – wie jetzt geregelt – mindestens zu 80 Prozent an den Kosten beteiligen", mahnt der Verband.
Wer jetzt eine neue Folgenabschätzung fordere und daraufhin die Kostenbeteiligung kürzen oder streichen wolle, müsse dann auch die Verpflichtung zum Ausbau der Kläranlagen streichen. Beides gehöre zusammen. "Deshalb appellieren wir an die EU-Parlamentarier, nicht einzuknicken, sondern Kurs zu halten", so der VKU.