Wasser

Nitrat: Novellierte Dünge-Verordnung lässt größere Düngung zu

Eine Studie der Universität Kiel stellt der Dünge-Verordnung ein verheerendes Zeugnis aus: Statt Lenkungswirkung zu geringeren Nitrateinträgen zu entfalten, geschieht partiell sogar das Gegenteil. Deutschland riskiert damit Milliarden-Strafzahlungen an die EU.
18.06.2018

Ein Landwirt bringt Gülle aufs Feld. Der Wirtschaftsdünger enthält Stickstoff in hoher Konzentration. Durch Umwandlungsprozesse im Boden entsteht Nitrat.

"Die im Frühjahr 2017 verabschiedete novellierte Dünge-Verordnung führt zu keiner nennenswerten Reduzierung der Stickstoff-Überdüngung. Sie verfehlt damit ihr Ziel, die Nitrat-Einträge ins Grundwasser maßgeblich zu vermindern." Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Universität Kiel, die im Auftrag des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) erstellt wurde.

Als Hauptgrund für die Unwirksamkeit des neuen Düngerechts wird die „weitgehende Missachtung aller agrar- und umweltwissenschaftlichen Fachempfehlungen“ angeführt: Laut Studie ermöglichen die neuen Regelungen, dass bei gleichen Ertragswerten mitunter mehr Dünger auf den Feldern ausgebracht wird als bisher. Auch lässt die neue Dünge-Verordnung weiterhin zu, dass die Obergrenze von 170 Kilogramm Stickstoff pro Hektar selbst in ohnehin „gefährdeten Gebieten“ weiterhin überschritten wird.

Viele Ausnahmen und Schlupflöcher

„Jetzt ist es wissenschaftlich dokumentiert: Auch die neue Dünge-Verordnung gewährt der Landwirtschaft derart viele Ausnahmen und Schlupflöcher, dass ein nachhaltiger Schutz der Böden und Gewässer auch weiterhin nicht möglich ist", kommentierte Martin Weyand, BDEW-Hauptgeschäftsführer Wasser/Abwasser, die Studie. Die Bundesregierung riskiere zudem Strafzahlungen in Milliardenhöhe. Denn es ist davon auszugehen, dass der EuGH Deutschland am 21. Juni wegen Nicht-Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie verurteilen werde.

„Wir erwarten daher von der neuen Bundesregierung und den Bundesländern, dass sie diese Baustelle zügig anpacken und eine Kehrtwende in der Landwirtschaftspolitik einleitet.“

Bilanzierung muss für alle Betriebe gelten

Im Einzelnen fordert der BDEW, dass die geplante Obergrenze von 170 Kilogramm Stickstoff pro Hektar Ackerfläche künftig ohne Ausnahmen gilt. Schlupflöcher, mit denen diese Grenze bisher umgangen wird, müssen geschlossen werden. Zudem müssen die Vorgaben zur Düngebilanzierung für alle landwirtschaftlichen Betriebe gelten. Damit Böden und Gewässer sich regenerieren können, müssen gefährdete Gebiete ausgewiesen und Aktionsprogramme eingeleitet werden. (al)