Wasser

„Wir planen die Einführung eines Smart Watertank“

In einer Interviewreihe zum Weltwassertag am 22. März haben wir mit OOWV-Chef und VKU-Vize Karsten Specht gesprochen. Wie der OOWV unter Einsatz regionaler Niederschlagsprognosen öffentliche und private Vorratsbehälter zentral steuern will
15.03.2022

Karsten Specht, Geschäftsführer des Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserverbandes (OOWV), und Vizepräsident des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) sowie Vorsitzender des VKU-Leitausschusses Wasser/Abwasser

 

Motto des Weltwassertages ist in diesem Jahr „Groundwater: Making the Invisible Visible“. Was verbinden Sie damit?
Die Grundwasserressourcen sind essentiell für unsere Wasserversorgung. Wir sehen und spüren diesen Schatz jeden Tag, wenn wir den Hahn aufdrehen, auch wenn wir uns dessen oftmals nicht bewusst sind. Von daher lenkt der Tag des Wassers die Aufmerksamkeit zu Recht auf eine für uns grundlegende Ressource: Grundwassers ist kostbar. Und unverzichtbar. Und leider zunehmend(en) Belastungen ausgesetzt. Sei es durch Klimawandel, menschliche Tätigkeiten oder industrielle und landwirtschaftliche Prozesse und Nutzungen.
Für die kommunale Wasserwirtschaft ist es deshalb enorm wichtig, auf welches Modell die Politik künftig beim Schutz der Ressourcen für die Trinkwasserversorgung setzt. Sind das mehr und mehr technische Lösungen, was die Wasserwirtschaft strukturell verändern und die Bürger:innen finanziell belasten würde? Oder stärken wir das Vorsorge- und Verursacherprinzip, sodass wir Anreize und Regelungen für einen besseren Schutz unserer Wasserressourcen setzen?
Das wäre aus unserer Sicht der richtige Weg. Dafür brauchen wir eine erweiterte Herstellerverantwortung und eine konsequente Einbeziehung des Gewässerschutzes bei der Stoffzulassung und -anwendung. Heißt: Neben einer verursachergerechten Kostenbeteiligung beispielsweise der Pflanzenschutzmittel-Hersteller bei notwendigen zusätzlichen Reinigungsleistungen der Kläranlagen geht es zuerst darum, dass Stoffe gar nicht erst in Verkehr oder eben deutlich weniger in Verkehr gebracht werden.

Sie haben eine Digitalisierungs-Roadmap für den OOWV erstellt. Was steht in diesem Jahr auf der Agenda?
Beim OOVW arbeitet seit 2018 ein Team von erfahrenen Kollegen an der Entwicklung und Umsetzung des Digitalisierungskonzepts. Auch bei uns hat die Pandemie etliche Prozesse beschleunigt, insbesondere im Hinblick auf die Möglichkeiten des mobilen Arbeitens. Wir haben geeignete Strukturen geschaffen, um auch in dieser krisenhaften Zeit eine stabile Stütze der Daseinsvorsorge zu sein.
Neben weiteren Maßnahmen, um interne Prozesse zu beschleunigen, planen wir dieses Jahr die Einführung von „Smart Watertank“, einem Tool zur regionalen Vorhersage von Niederschlägen. Die maßgebliche Neuerung besteht darin, auf Basis dieser Vorhersagen öffentliche und private Vorratsbehälter zentral steuern zu können und bei Bedarf gezielt zu entleeren, damit sie Regen aufnehmen und so helfen, Überschwemmungen zu verhindern. Dazu passt auch die Einführung von Starkregen-Gefahrenkarten für unser Verbandsgebiet. Innovativ daran ist die grafische 3D-Darstellung von Starkregen in Verbindung mit Modellen zur Simulation des Wasserabflusses. Damit werden Vorhersagen zu den Starkregen-Ereignissen möglich, aus denen vorsorgliche Maßnahmen abgeleitet werden können, um Überschwemmungen bestmöglich zu verhindern.

Anlässlich der erneuten Verhandlungen zwischen der Bundesregierung und der EU wegen der Nitratbelastung des Grundwassers in Deutschland haben Sie angemahnt, das Nitratabbauvermögen der Böden endlich zu berücksichtigen. Warum ist das so wichtig?
Böden haben die Fähigkeit, Nitrat abzubauen. Allerdings hängt diese Fähigkeit vom jeweiligen Boden ab. Neben der Erfassung aller Messstellen sollten man deshalb entsprechend das Nitratabbauvermögen der Böden berücksichtigen. Das entspricht übrigens auch den Vorgaben der EU-Nitratrichtlinien, die wir nach über 20 Jahren endlich mal umsetzen sollten.
Die diesbezüglichen methodischen Schwächen in den Regelungen müssen Bund und Länder dringend nachbessern. Um unsere Wasserressourcen effektiv zu schützen, brauchen wir rasch bessere und zielgerichtete Maßnahmen in den nitratbelasteten Gebieten: je weniger Nitrat, desto besser die Qualität unserer Gewässer und kosteneffizienter unsere Trinkwasserversorgung.

Die Fragen stellte Elwine Happ-Frank

Weitere Gesprächspartner in der Interviewreihe zum Weltwassertag sind die Hessenwasser-Chefin Elisabeth Jreisath, stellv. Vorsitzende des VKU-Leitausschusses Wasser/Abwasser, sowie EGLV-Chef Uli Paetzel, VKU-Präsidiums- und Vorstandsmitglied sowie stellv. Vorsitzender des VKU-Leitausschusses Wasser/Abwasser.