Gas

30 Prozent mehr in einem Monat: Warum die Gaspreise weiter steigen

Zum Wochenauftakt setzte sich der Aufwärtstrend fort. Mit Sorge blicken Gashändler auf die Speicherstände – und auf den kommenden Sommer. Auch Neukunden bekommen den Aufwärtstrend zu spüren.
10.02.2025

Die Gaspreise haben in den vergangenen Wochen deutlich zugelegt.

Von Andreas Baumer

Neue Woche, alter Trend. Die Gaspreise klettern weiter nach oben. Am Dienstagvormittag lagen die Gaspreise auf dem wichtigsten europäischen Handelsplatz, dem TTF, bei mehr als 57 Euro pro Megawattstunde (MWh).  Am Montagmorgen wurde die Megawattstunde sogar für satte 58,65 Euro gehandelt. Das war ein Plus von fast 30 Prozent gegenüber dem Vormonatszeitraum. Betrachtet wurde der Liefermonat März. Was treibt die Gashändler derzeit um? Ein Überblick ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Das kühle Wetter treibt die Preise

Die Temperaturen dürften in den kommenden Tagen in Nordwesteuropa sinken. Der Deutsche Wetterdienst etwa meldet bis zu fünf Grad Celsius minus in der Bundesrepublik. Das dürfte den Heizbedarf erhöhen. In der Folge dürfte die Gasnachfrage steigen. Das treibt die Preise.

Die Gasspeicher leeren sich

Sie sind die große Reserve des deutschen Gasmarkts und sie werden immer leerer – auch ohne ausgeprägte Kältewelle. Mittlerweile sind die deutschen Gasspeicher nur noch zu 49 Prozent gefüllt, wie der Branchendienst AGSI meldet. Das ist deutlich weniger als zu den Vergleichszeiträumen 2024 und 2023 – als der Winter allerdings milder war.

Seit 4. November wurde in Deutschland durchgehend mehr aus- als eingespeichert. Zeitweise ging der Füllstand täglich um mehr als einen Prozentpunkt zurück.

Viel zu niedrig sind die jetzigen Füllstände übrigens nicht. Am 10. Februar des Energiekrisenjahres 2022 waren die Speicher beispielsweise nur noch 34 Prozent voll. Im Winter 2018 gingen die Füllstände sogar bis 14 Prozent hinunter. Trotzdem bleibt festzuhalten: Je leerer die Speichervorräte mitten im Winter sind, desto stärker ist der Aufwärtsdruck bei Preisen.

Der Strommarkt braucht mehr Gas

Die Windstromerträge fielen in den vergangenen Tagen eher bescheiden aus. In der Folge kommen auf dem deutschen Strommarkt mehr Gaskraftwerke zum Einsatz, um die Lücke zwischen Stromangebot und -nachfrage zu schließen. Das trieb die Gaspreise zusätzlich.

Immerhin: Der Deutsche Wetterdienst meldet bis zum Mittwoch zumindest an den Küsten und dem angrenzenden Binnenland kräftigen Wind. Das dürfte vorübergehend den Druck aus der Gasnachfrage auf dem Strommarkt nehmen. Das spiegelt sich auch in der Day-Ahead-Auktion für diesen Dienstag wider. Auf den Tag gerechnet werden für die Grundlast 120 Euro pro Megawattstunde (MWh) fällig. Das ist nicht mehr so viel wie zu Dunkelflautenzeiten, aber noch immer vergleichsweise viel.

Hoher Wettbewerb um Flüssigerdgas

Seit dem Jahreswechsel fließt auch über die Ukraine-Transitroute kein russisches Erdgas mehr nach Zentraleuropa. Dadurch verstärkt sich die Abhängigkeit Europas von Flüssigerdgas oder LNG. Hier steht Europa vor allem mit Asien, insbesondere China, im Wettbewerb. Und hier gilt: Wer mehr Geld für Gas bietet, der bekommt auch LNG-Importe von Frachtern, die hochflexibel sind und ihre Ladung dorthin bringen, wo die höchsten Erträge zu erwarten sind.

Heißer Sommer am Gasmarkt voraus?

Das Gaspreishoch betrifft nicht nur den noch laufenden Winter. Auch für die Sommermonate ist Gas derzeit nur zu hohen Preisen zu bekommen. Am Montagvormittag lag der Gaspreis bis ins erste Quartal 2026 hinein bei mehr als 50 Euro pro MWh.

Gasexperte Greg Molnár erwartet deshalb einen "eher hitzigen Sommermarkt". Denn während europäische Gasspeicherkunden auch aufgrund gesetzlicher Vorgaben ihre zunehmend aufgezehrten Reserven wieder auffüllen müssen, könnten LNG-Importbedarfe etwa in Ägypten oder Indonesien sowie für die Jahreszeit nicht unübliche Hitzewellen in Asien die Gasnachfrage weiter in die Höhe treiben. "In diesem Zusammenhang wird der rechtzeitige Start neuer LNG-Projekte in den USA, Kanada und Afrika entscheidend sein", schreibt Molnár auf Linkedin.

Die hohen Gaspreise im Sommer werden übrigens für Gasspeicherkunden ein immer größeres Problem. Ihr Geschäft lohnt sich dann, wenn sie in den Sommermonaten günstig einspeichern und im Winter teuer ausspeichern. Zurzeit aber wäre Gas im kommenden Winter sogar deutlich günstiger als im Sommer. Sie würden also aktuell ein dickes Minus machen, wenn sie Gas im Sommer einspeichern, gleichzeitig werden sie gesetzlich dazu angehalten, genau das zu tun.

Was heißt das für Gasverbraucher?

Schon jetzt leiden gerade größere Kunden, die mehr oder weniger große Spotanteile im Gasportfolio haben, unter den steigenden Preisen. Private Gaskunden mit laufenden Festpreisverträgen müssen sich dagegen erst einmal keine Sorgen machen. Wer hingegen auf der Suche nach einem neuen Gasanbieter ist, der bekommt bereits die Folgen des Gaspreishochs zu spüren. Laut dem Vergleichsportal Verivox sind die Gaspreise für Neukunden in den vergangenen zwölf Monaten um 43 Prozent gestiegen.

Ein Berliner Haushalt (18.000 Kilowattstunden Jahresverbrauch) fand am Montagvormittag bei Verivox keine Angebote mehr unter zehn Cent pro Kilowattstunde (kWh). Das neue Normal bewegte sich eher zwischen elf und zwölf Cent pro kWh. Zur Erinnerung: Bei zwölf Cent pro kWh griff in der Energiekrise die Gaspreisbremse. Der Grundversorgungsvertrag in Berlin liegt derzeit bei elf Cent pro kWh.

Ist die deutsche Gasversorgung in Gefahr?

Von einer Situation wie im Sommer 2022 ist Deutschland weit entfernt. Damals leuchteten am TTF auch nicht 58 Euro pro MWh in der Spitze auf, sondern mehr als 200 Euro pro MWh. "Die Gasversorgung in Deutschland ist stabil", schreibt die Bundesnetzagentur. "Die Versorgungssicherheit ist gewährleistet. Die Bundesnetzagentur schätzt die Gefahr einer angespannten Gasversorgung im Augenblick als gering ein. Ein sparsamer Gasverbrauch bleibt dennoch wichtig." (mit dpa)

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