Gas

Überraschende Zahlen: Experten sehen großes Marktpotenzial für Wasserstoff

Viele Wasserstoffprojekte kommen nicht voran, doch eine Umfrage zeichnet nun ein optimistisches Bild der Lage. Aber die Befragten sehen auch großen Handlungsbedarf.
11.03.2025

Unter anderem die Stahlindustrie setzt stark auf grünen Wasserstoff.

Von Ariane Mohl

Eine deutliche Mehrheit von 70 Prozent von Experten schätzt das Marktpotenzial für Wasserstofftechnologien in Deutschland hoch oder sogar sehr hoch ein. Das geht aus dem Wasserstoff-Sentiment-Index 2025 hervor. 25 Prozent gehen immerhin noch von einem mittleren Potenzial aus. Ein besonders großes Marktpotenzial sehen die befragten Experten demnach für den Wasserstoffeinsatz in industriellen Prozessen und im verarbeitenden Gewerbe: Hier sehen rund neun von zehn Befragten (88 Prozent) ein hohes oder sogar sehr hohes Marktpotenzial. Lediglich 10 Prozent der Befragten sehen ein mittleres Potenzial. Dem Einsatz von Wasserstofftechnologien in den Bereichen "Verkehr und Logistik" sowie "Wärme- und Energieversorgung" attestieren die Befragten lediglich ein mittleres bis leicht positives Marktpotenzial.

"Der Sentiment-Index bestätigt unsere Annahme, dass ein flächendeckender Markthochlauf von Wasserstoff aus dem industriellen Bereich kommen wird. In diesem Bereich wird Wasserstoff sowohl thermisch als auch stofflich genutzt", lässt sich Agon Kamberi, Leiter der "Arbeitsgruppe Wasserstoffwirtschaft" am Institut für Innovation und Technik, in einer Mitteilung zitieren.

Bessere Rahmenbedingungen

Während die Experten das Marktpotenzial von Wasserstofftechnologien besonders positiv einschätzen, fällt die Bewertung der Rahmenbedingungen für einen raschen Wasserstoffhochlauf in Deutschland deutlich verhaltener aus: So liegt der Gesamtwert des Sentiment-Index auf einer Skala von 0 (negativ) bis 100 (positiv) bei derzeit 46,2 Punkten – und damit im neutralen Bereich der Skala, mit einer leicht negativen Tendenz. Vor allem die Einschätzung der Befragten zu den institutionellen Rahmenbedingungen trüben hier das grundsätzlich neutrale Gesamtergebnis ein: So liegt der Wert für den Teilindex "Politischer und regulatorischer Rahmen" lediglich bei 42,1 Punkten.

"Nur, wenn die institutionellen Rahmenbedingungen passen, kommen wir beim Wasserstoffhochlauf in Deutschland endlich voran", sagt Lorenz Hornbostel, Seniorberater für Strategische Datenprojekte am Institut für Innovation und Technik.

Finanzierung als Schlüssel

Zu den schwächsten Einzelwerten zählen die Items "Investitionsbedingungen" (35,4 Punkte) und "Finanzierung" (37,3 Punkte), die für den Teilindex "Wirtschaftliche Rahmenbedingungen" erhoben wurden. "Ein günstiger Finanzierungsrahmen könnte hier als erster 'Dominostein' sowohl den genehmigten Infrastrukturumbau und -ausbau als auch die Erzeugungs- und Importkapazitäten beschleunigen", betont Agon Kamberi.

An der Umfrage haben insgesamt 533 Stakeholder teilgenommen, in der Auswertung konnten 531 vollständig ausgefüllte Fragebögen berücksichtigt werden. Zur Teilnahme aufgerufen waren Akteure aus der Energieversorgung und dem verarbeitenden Gewerbe, Netz- und Speicherbetreiber, Technologieanbieter, Wärmeversorgungs- und Dienstleistungsunternehmen sowie Verkehrs- und Logistikunternehmen. Ebenso aufgerufen waren Mitarbeiter aus Kommunalverwaltungen, Forschungs- und Wissenschaftseinrichtungen, aus der Wirtschaftsförderung und politischen Administration – sowie Akteure aus Verbänden und Vereinen.

Der Wasserstoff-Sentiment-Index basiert auf einer Befragung, die zwischen dem 18. Dezember 2024 und dem 17. Februar 2025 in der DACH-Region durchgeführt wurde. Als Erhebungsmethode diente ein Online-Fragebogen.

Eon ist skeptisch

Einer neuen Studie des Energiekonzerns Eon zufolge verläuft der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft hingegen langsamer als ursprünglich geplant. Viele Projekte haben demnach Schwierigkeiten, die Produktionskosten mit der Zahlungsbereitschaft potenzieller Kunden in Einklang zu bringen.

Im Energy-Playbook-Szenario liegt die Wasserstoffnachfrage 2030 bei weniger als 10 Prozent der 20 Millionen Tonnen, die im Repower-EU-Plan vorgesehen waren. Ein signifikantes Wachstum der Wasserstoffnachfrage wird erst ab den 2030er-Jahren erwartet.

Eon selbst hat bereits seine Konsequenzen gezogen. Das Essener Unternehmen hatte Ende vergangenen Jahres bestätigt, bei seinen Wasserstoffaktivitäten auf die Bremse zu gehen.