Strom

"Schwankungen im Milli-Sekundenbereich nehmen zu"

Droht durch die massive Abschaltung konventioneller Kraftwerke Gefahr für die Stromversorgung in Deutschland? Diese Sorge hat die Industrieallianz für regionale Energiesicherheit (IARES).
22.05.2021

Alte Kraftwerke mit hoher CO2-Bepreisung laufen als Reserve erst mal weiter, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, befürchtet Wirtschaftsredakteur Daniel Wetzel. Für die Kunden könnte das teuer werdenn.

Werde die Versorgungssicherheit gefährdet, könnte die Zustimmung zum Klimaschutz kippen, so der Tenor eines digitalen Info-Talk  zur Versorgungssicherheit in Deutschland. „Jederzeit gesicherte elektrische Leistung – auch in einem Energieversorgungssystem mit 100 Prozent regenerativen Energieträgern“, so die Forderung der Industrieallianz, die in der „Heppendorfer Erklärung“ festgeschrieben ist. Was die Versorgungssicherheit für Unternehmen bedeutet, erklärte Volker Krug.

Der Leiter Technische Betriebe der Kanzan Spezialpapiere GmbH in Düren beobachtet, dass Versorgungsstörungen durch Spannungs- und Frequenzschwankungen im Milli-Sekunden-Bereich zugenommen hätten . Das führe zu hohen Kosten. Als Beispiel nannte er einen durch Sturm verursachten Stromausfall von 30 Milli-Sekunden im Jahr 2019. Walzenschäden, Produktionsausfall, Lohnkosten hätten zu einem Gesamtschaden von 330.000 Euro geführt.

Kurzausfälle werden nicht registriert

Daniel Wetzel, Wirtschaftsredakteur bei der Welt, ordnete das Thema Versorgungssicherheit politisch ein. Das Kohlevertromungsbeendigungsgesetz sehe vor, dass schon 2022 insgesamt 30 Gigawatt Kraftwerksleistung abgeschaltet werden. Dies solle durch erneuerbare Energien aufgefangen werden. Doch die sind noch nicht da, sagte Wetzel. Unklar sei auch, ob in großem Umfang Stromreserven aus dem Ausland zugekauft werden könnten. Seine Befürchtung: Alte Kraftwerke mit hoher CO2-Bepreisung laufen als Reserve erst mal weiter, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Doch das müssen dann die Verbraucher teuer bezahlen.

Bislang ist die Versorgungssicherheit in Deutschland gesichert, sagte Fred Arnulf Busen von der Polytron GmbH deutlich, der durch die Diskussion führte. Im Schnitt gebe es nur zwölf Minuten Stromausfall im Jahr. Doch die Aufzeichnungen registrierten nur Stromausfälle ab drei Minuten Länge. „Die kleinen Stromunterbrechungen werden nicht aufgelistet, doch darauf reagiert die hochmoderne Technik viel schneller und sensibler“, so Busen. Sein Vorwurf: „Die Politik sieht dieses Problem nicht.“

Deshalb müsse das Thema hochgehalten werden, fordert Kurt Vetten, stellvertretender Vorsitzender des Bundesverbands zum Schutz kritischer Infrastruktur (BSKI) und Geschäftsführender Gesellschafter der SME Management GmbH. Klimaschutz und Versorgungssicherheit müssten in der Balance gehalten werden. Dass derzeit zwei Systeme mit alten und neuen Energien parallel laufen, sei einfach sehr teuer. Dass die Energiewende gelinge, davon sei er aber überzeugt: „Ich glaube an die deutsche Ingenieurskunst, wir kriegen das hin“, sagte Vetten. (sg)