Deutschland

Spekulation um Ministerposten: Linnemann Favorit für Habeck-Nachfolge

Die große Frage wäre dann, ob das Energieressort im Wirtschaftsministerium bleibt. Auch für andere Ministerien mit Energiebezug werden schon mögliche Kandidaten gehandelt.
01.04.2025

Carsten Linnemann gilt als einer der engsten Berater von Friedrich Merz.

Von Andreas Baumer

Wer wird was? Offiziell möchte sich dazu bei Union und SPD niemand äußern. Immerhin laufen die Koalitionsverhandlungen noch. Die entscheidende Phase beginnt sogar erst diesen Freitag, wenn die Spitzen die strittigen Punkte aus den Arbeitsgruppen einen müssen. Und ohnehin gilt: Wer früh gehandelt wird, ist auch früh verbrannt.

Und doch wird hinter den Kulissen schon ausgiebig diskutiert, wer in einem Bundeskabinett unter dem voraussichtlichen Kanzler Friedrich Merz (CDU) welchen Ministerposten bekommen könnte.

Linnemann werden keine großen Energieambitionen nachgesagt

Aufhorchen ließ am Donnerstag ein Bericht der wohlinformierten Deutschen Presse-Agentur. "Als so gut wie gesetzt gilt Generalsekretär Carsten Linnemann für das Wirtschaftsministerium", hieß es da. Würde heißen: Linnemann würde Robert Habeck beerben. Die große Frage in Energiekreisen folgt gleich danach: Würde er dann auch das Energieressort miterben?

Große Energieambitionen werden dem einflussreichen CDU-Generalsekretär vom wirtschaftsliberalen Flügel eher nicht nachgesagt. Als plausibler gilt, dass er sich ein Superministerium aus Wirtschaft und Arbeit bastelt, wenn ihm die traditionelle Arbeiterpartei SPD denn das Arbeitsministerium überlässt. Sollten die Sozialdemokraten allerdings auf dem Arbeitsministerium beharren, könnte das Energieressort weiter im Wirtschaftsministerium bleiben.

Wenn nicht, würde das Energieressort in ein anderes Ministerium wandern. Als Kandidat würde das Umweltministerium gelten, das bis 2021 auch das Klimaportfolio innehatte, ehe dieses ins frisch geschmiedete Superministerium von Habeck wechselte.

Sollte die Union das Umweltministerium bekommen, wäre Klima- und Energieexperte Andreas Jung von der CDU ein heißer Kandidat. Bei der SPD kämen beispielsweise Svenja Schulze, die das Haus bereits von 2018 bis 2021 leitete, sowie Nina Scheer, stellvertretende Leiterin des SPD-Teams in der Arbeitsgruppe Klima und Energie, infrage.

Gegen Schulze spricht, dass sie nicht für einen Neuaufbruch steht und auch die frühere Bundestagspräsidentin Bärbel Bas Ministerambitionen hegt. Beide kommen aus dem Landesverband Nordrhein-Westfalen. Gegen Scheer spricht, dass ihre vergleichsweise grünen Ansichten innerparteilich nicht unumstritten sind.

Immer wieder wird auch der SPD-Generalsekretär Matthias Miersch genannt, der zuvor jahrelang Energiepolitiker war. Sein Nachteil: Er kommt aus Niedersachsen, also aus dem Landesverband, dem auch die SPD-Schwergewichte und möglichen Ministeranwärter Boris Pistorius und Lars Klingbeil angehören. Nicht ganz ausgeschlossen ist, dass die Sozialdemokraten mit einem ganz frischen Gesicht aufwarten.

Geywitz könnte wichtigere Rolle einnehmen

Weiterhin wabert durch das politische Berlin, dass ein gesondertes Infrastrukturministerium geschaffen werden könnte. Unklar ist, ob dann auch Energienetze dazugehören würden. Als mögliche Kandidatinnen für ein etwaiges Infrastrukturministerium werden beispielsweise die CSU-Spitzenpolitikerin und -Digitalexpertin Dorothee Bär und die SPD-Bauministerin Klara Geywitz gehandelt.

Dass Geywitz einen Ministerposten erhält, ist in mehrfacher Hinsicht plausibel. Sie ist SPD-Parteivize und die wohl profilierteste Sozialdemokratin aus Ostdeutschland. Sie leitete zudem für ihre Partei die Arbeitsgruppe Verkehr und Infrastruktur, Wohnen und Bauen. Bär gilt als eine der bekanntesten CSU-Bundespolitikerinnen, ausgestattet mit dem besten Erststimmenergebnis der vergangenen Bundestagswahl, im kommenden Kabinett als gesetzt.

In der Vergangenheit machte Geywitz als Bauministerin keinen Hehl daraus, dass sie gern mehr Energiekompetenzen, konkret mehr Gebäudeenergiekompetenzen, in ihr Haus holen würde. Bemerkenswerterweise kam es in der Arbeitsgruppenphase auch zu größeren Spannungen mit der eigentlich federführenden Arbeitsgruppe Klima und Energie, als es um die Zukunft des Gebäudeenergiegesetzes, besser bekannt als Heizungsgesetz, ging. Während die Wohnen- und Baupolitiker zu einer Einigung fanden, blieb selbe bei den Klima- und Energieverhandlern aus.

BDEW und VKU gegen Aufsplittung

Und was denkt die Energiebranche zu möglichen neuen Ressortzuschnitten? Der Bundesverband der deutschen Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) bezog früh und klar Stellung. Das "Allerwichtigste" sei, in der Energiepolitik weiterhin einen systemischen Ansatz zu verfolgen, sagte BDEW-Chefin Kerstin Andreae in einem ZfK-Interview. "Egal ob Erzeugung oder Infrastruktur, Speicher und Handel: Es hängt alles miteinander zusammen. Reißt man das auseinander, kommt es zu Verzerrungen, Verzögerungen und Kostensteigerungen."

Sollte der Energiebereich doch herausgelöst werden, sollte er in einem Ministerium gebündelt werden. "Am schönsten wäre es aber, das zu verhindern. Denn der Aufbau eines neuen Ministeriums kostet Zeit. Diese Zeit sollten wir sinnvoller nutzen."

Auch VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing warnte. "Die inhaltliche Gestaltung der Energiewende und die Regulierung der Netzinfrastruktur gehören zusammen, damit die Dinge konsistent ineinandergreifen", schrieb er. "Energiepolitik und Netzinfrastruktur auf zwei Ministerien aufzusplitten, wäre kontraproduktiv."

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