Energiepreis-Entlastung: Zwei schwarz-rote Aussagen, die in die Irre führen

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU)
Bild: © Kay Nietfeld/dpa
Von Andreas Baumer
Auch nach dem Koalitionsausschuss bleibt es dabei: Die Stromsteuer soll entgegen des Versprechens im Koalitionsvertrag nicht pauschal gesenkt werden. Kommunikativ hinterlässt die Koalition damit einen Scherbenhaufen.
Was für Energieversorger aber noch kritischer werden könnte, sind zwei andere Aussagen der Koalition zur Energiepreisentlastung. Versorger setzen in ihren Rechnungen im Endeffekt Regierungshandeln um. Wenn Regierungspolitiker allerdings Aussagen treffen, die in der Realität so nicht eintreten, ist das auch für Versorger ein Risiko. Sie sind oft die erste Adresse für frustrierte Kunden. Ein Überblick:
1. Die Übernahme der Gasspeicherumlage durch den Bund entlastet alle Verbraucher
Die Gasspeicherumlage werde durch alle Verbraucher gezahlt, sagte Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) bei einer Pressekonferenz am Dienstag. Das stimmt nur bedingt. Die Gasspeicherumlage wird nur von Gasverbrauchern gezahlt. 2024 wurden rund 56 Prozent des Wohnungsbestands mit Gas beheizt. 44 Prozent heizten mit anderen Wärmequellen.
Es stimmt, dass sich die Abschaffung der Gasspeicherumlage indirekt auch auf Fernwärmekunden auswirkt, wo Gas bei der Fernwärmeerzeugung eine Rolle spielt. Selbes gilt in noch abgeschwächterer Form für den Strommarkt, wo Gaskraftwerke günstigere Beschaffungskosten hätten. Die volle Entlastung bekommen aber nur Erdgaskunden.
2. Alle Stromverbraucher werden über die Netzentgelte spürbar entlastet
Auf die Netzentgeltsenkung verwies ebenfalls Reiche am Dienstag. Aber auch hier ist Vorsicht geboten. Denn wie stark die Netzentgelte dadurch für Stromverbraucher tatsächlich gesenkt werden, fällt je nach Netzgebiet und Kundengruppe sehr unterschiedlich aus. Das Beratungshaus Consentec hat für die Verbände VKU und ZVEI (Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e.V.) im Frühjahr analysiert, welchen Unterschied der eigentlich geplante und aus Budgetgründen schließlich fallengelassene Netzentgeltzuschuss für das Jahr 2024 gemacht hätte. 5,5 Milliarden Euro wollte der Bund zuschießen.
In manchen Netzgebieten wäre von dieser Entlastung fast gar nichts angekommen. In anderen Netzgebieten wären Verbraucher um bis zu zwei Cent pro Kilowattstunde (kWh) entlastet worden. Zum Verständnis: Nicht jedes Netzgebiet nimmt die Übertragungsnetze gleichermaßen in Anspruch. Wer im eigenen Netzgebiet viel Strom selbst erzeugt, ist weniger vom Übertragungsnetz abhängig und muss weniger Entgelte dorthin entrichten. Von einem Zuschuss der Übertragungsnetzentgelte profitieren Stromkunden in solchen Netzgebieten kaum.
Das ist auch der Grund, warum VKU und ZVEI zusätzlich eine Senkung sogenannter netzbezogener Umlagen ins Spiel brachten. Konkret kämen der Aufschlag für besondere Netznutzung und die Offshore-Netzumlage infrage. In diesem Jahr beträgt der Aufschlag für besondere Netznutzung rund 1,6 Cent pro kWh. Die Offshore-Umlage liegt bei 0,8 Cent pro kWh. Würde der Bund diese Umlagen senken, würden Haushalte einheitlich entlastet werden. Im Koalitionsvertrag werden Umlagen übrigens explizit als Mittel genannt, um die Strompreise zu senken. In der Einigung des Koalitionsausschusses wurden Umlagen nun wieder genannt.
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