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Wärmepumpen-Milliarden für Stromsteuer: Neuer Vorstoß schafft neue Gräben

Der Druck, die Stromsteuer für alle zu senken, steigt weiter. Doch sollen dafür Wärmepumpen-Gelder zweckentfremdet werden? Ein Problem dabei: So viel Geld steht gar nicht für Wärmepumpen zur Verfügung.
30.06.2025

Müssen ihre Parteien bei der Stromsteuer noch nachjustieren? Der Druck auf Lars Klingbeil (SPD) und Friedrich Merz (CDU) steigt jedenfalls.

Von Andreas Baumer

Die Suche nach neuen Wegen, um die Stromsteuer doch noch für alle zu senken, ist im vollen Gang. Wobei auffällt, dass der Union eine pauschale Stromsteuersenkung etwas dringlicher erscheint als der SPD. Das rührt auch daher, dass CDU und CSU anders als die SPD im Wahlkampf für eine pauschale Stromsteuersenkung warben.

Die Sozialdemokraten hielten zielgerichtetere Entlastungsmaßnahmen für einkommensschwache Haushalte für sinnvoller. Wer zudem die Stromsteuer senken will, muss erklären, wie er dadurch entfallende Zuschüsse für die gesetzliche Rente ausgleichen würde.

In den Koalitionsverhandlungen hatte sich die Union bei der Stromsteuersenkung durchgesetzt. Jetzt drehte SPD-Vizekanzler Lars Klingbeil in seiner Funktion als Bundesfinanzminister dies wieder zurück. Zumindest vorerst.
 

Wärmepumpen-Milliarden im Visier

Über das Wochenende schaffte es der CDU-Wirtschaftspolitiker Tilman Kuban mit einem neuen Vorstoß in die Schlagzeilen. "Wenn wir den Strom für alle günstiger machen, brauchen wir weniger Wärmepumpenförderung", schrieb er auf Linkedin. "Hier kann man den Topf um die notwendigen 5 Milliarden absenken. Deutschland braucht Steuerentlastungen, damit unser Land wieder wächst." Zur Einordnung: Eine pauschale Stromsteuersenkung würde im kommenden Jahr 5,4 Milliarden Euro kosten.

Tatsächlich ist die Wärmepumpenförderung, die Teil der Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEG) ist, schon länger im Visier der Union. In dieser Dimension sei das Programm "nicht mehr haltbar", warnte Jens Spahn, als er noch Oppositionspolitiker war und nicht Chef der Unionsfraktion.

Umso bemerkenswerter, dass das SPD-geführte Finanzministerium doch wieder 15,3 Milliarden Euro für die BEG im laufenden Jahr vorschlug. Das ist eine Milliarde Euro mehr, als das damals FDP-geführte Finanzministerium bereitstellen wollte.

BEG umfasst deutlich mehr als Wärmepumpen

Aber: Die BEG umfasst weit mehr als die Förderung von Wärmepumpen. Laut Bundesverband Wärmepumpe (BWP) entfallen lediglich rund sieben Milliarden Euro auf Einzelmaßnahmen für effizientere Häuser. Nur etwa die Hälfte davon wird demzufolge für die Förderung von Heizungen bereitgestellt, also für Wärmepumpen, aber auch für Holzheizungen, Solarthermie und Nahwärmenetze.

Die andere Hälfte machen sonstige Effizienzmaßnahmen wie Fenstertausch, Lüftungsanlagen und Heizungsoptimierung aus. "Die Wärmepumpenförderung beträgt in diesem Jahr also nicht 16, sondern 3,5 Mrd. Euro", schreibt der Wärmepumpenverband. Und: "Eine Aufrechnung der diskutierten Stromsteuersenkung mit den BEG-Förderprogrammen halten wir für nicht sinnvoll."

Eine weitere Befürchtung: Wärmepumpenbetreiber wären auf jeden Fall Verlierer einer Ausspielung von Stromsteuersenkung und Kürzung der Wärmepumpenförderung. "Rein finanziell ist die Einsparung so gering, dass sich die Förderung der Investition allenfalls marginal kürzen ließe", schreibt der BWP. Die Stromsteuersenkung um zwei Cent pro Kilowattstunde (kWh) bedeute für einen typischen Wärmepumpenbetreiber mit einem Jahresverbrauch von 5000 kWh eine Ersparnis von 100 Euro im Jahr. Bei der Wärmepumpenförderung geht es in der Regel um mehrere tausend Euro.

SPD-Energiesprecherin lehnt Kuban-Vorschlag ab

Ein glattes Nein zum Kuban-Vorschlag kam von Nina Scheer, der energiepolitischen Sprecherin der SPD-Fraktion. Für sie komme eine Kürzung von Förderungen, auf deren Beibehaltung sich Union und SPD im Koalitionsvertrag verständigt hätten, "nicht in Betracht". "Es muss vielmehr darum gehen, die Finanzierung auch der Stromsteuerabsenkung auf das europäische Mindestmaß für alle, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, ebenfalls zu gewährleisten", schrieb sie auf ZfK-Anfrage. "Die Senkung von Energiepreisen und damit verbundene Anreize, etwa zum Umstieg auf Wärmepumpen, helfen uns, von Erdgasabhängigkeiten loszukommen und dienen damit der Energiesicherheit."

Auch Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU) verzichtete darauf, Kubans Vorschlag in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin" explizit zu unterstützen. Er sei bereit, über alles zu sprechen, sagte er. Wenn es geeignete Möglichkeiten gebe, die in der Koalition "konsensfähig" seien, dann sei das ein Weg, über den man sprechen könne.

Zu Wochenbeginn stieg noch einmal der Druck auf die Koalition, die Stromsteuer pauschal zu senken. "Die derzeit geplante Verstetigung der Stromsteuersenkung für das produzierende Gewerbe kann nur ein erster Schritt sein", forderten die Fraktionsvorsitzenden von CDU und CSU in einem gemeinsamen Papier.

Auch ein Bündnis aus mehreren großen Verbänden, darunter den Energieverbänden BDEW, VKU und ZVEI sowie dem Spitzenverband der Automobilindustire, VDA, warb für eine pauschale Stromsteuersenkung. Mit den jetzigen Plänen falle die Bundesregierung weit hinter die aus Sicht der deutschen Wirtschaft notwendigen Maßnahmen zurück, schrieben sie in einem Brief, der an Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU), Klingbeil, Spahn und SPD-Fraktionschef Matthias Miersch gesendet wurde.


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